Rechtliche Ansprüche nach Referer-Spam?

IT-Recht | 12. Oktober 2005
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Ges­tern brach eine Refer­er­spam-Wel­le (Anm: man schreibt das tat­säch­lich Refe­rer, nicht Refer­rer, ich habe mich infor­miert) für dubio­se Medi­ka­men­te, gesteu­ert von indo­ne­si­schen und mexi­ka­ni­schen Zom­bie-Rech­nern über das Law-Blog her­ein. Natür­lich haben wir uns gewehrt — mit tech­ni­schen Mit­teln. Die Aus­wahl, Instal­la­ti­on, Kon­fi­gu­ra­ti­on und das Her­stel­len der Inter­ope­ra­bi­li­tät und Tes­ten der not­wen­di­gen Plug­ins — es sind hie­sig vier Stück — hat mich immer­hin eine hal­be Nacht, Augen­rin­ge und eine Bei­na­he-Herz­at­ta­cke wegen der zwi­schen­zeit­lich nicht erreich­ba­ren Word­Press-Instal­la­ti­on gekos­tet. Ich fin­de das ist ein stol­zer Preis.

Der Kampf gegen Kommentar‑, Track­back- und nun eben auch Refe­rer-Spam gleicht inzwi­schen also einem Wett­rüs­ten bis an die Zäh­ne. Da stellt sich für den Juris­ten natür­lich die Fra­ge: kann man den Kampf nur mir tech­ni­schen Mit­teln füh­ren oder gibt es da auch recht­li­che Mög­lich­kei­ten (wenn auch nur theo­re­ti­sche, ich gebe mich kei­nen Illu­sio­nen über die Ermit­tel­bar­keit der Täter hin)? Wie kann man dem bei­kom­men?

M.E. ist es nicht ein­fach, am Refe­rer-Spamming „als sol­chem“ anset­zen. Es ist zunächst nicht ver­bo­ten, eine frem­de Web­sei­te anzu­sur­fen und dort einen Refer­rer zu hin­ter­las­sen. Man kann das auch durch eine Maschi­ne erle­di­gen las­sen, nichts ande­res machen Feed­rea­der.

Anders mag das aus­se­hen, wenn das Spamming mas­sen­haft geschieht und dabei ernst­haft die Erreich­bar­keit einer Sei­te bzw. das Band­brei­ten­li­mit gefähr­det. Zumin­dest bei einer kom­mer­zi­el­len Sei­te kommt hier wohl ein Ein­griff in das Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­ge­üb­ten Gewer­be­be­trieb in Betracht; die Sei­te ist schließ­lich Pro­duk­ti­ons- und Wer­be­mit­tel. Bei pri­va­ten Sei­ten muss man erfin­de­risch sein, aber viel­leicht kann man die Selbst­dar­stel­lung auf einer Web­sei­te als Aus­prä­gung des all­ge­mei­nen Per­sön­lich­keits­rechts begrei­fen. Ich hal­te das für mög­lich.

Lei­der sind das zivil­recht­li­che Ansprü­che und es wird schwer, die gegen irgend­wel­che Leu­te durch­zu­set­zen, die von Gott­weiß­wo Zom­bi-Rech­ner in Mexi­ko fern­steu­ern. Hier wären straf­recht­li­che Ermitt­lun­gen ange­bracht. Straf­recht­lich rele­van­te Sach­ver­hal­te lie­gen sicher­lich beim Fern­steu­ern der Zom­bie-Rech­ner vor. Nach deut­schem Recht kommt hier die §§ 202a, 303a, 303b StGB u.a. in Betracht; wenn man län­ger sucht wird man noch mehr Ansatz­punk­te fin­den.

Natür­lich kann man bei Spam wei­ter­hin am Inhalt ansetz­ten, der Spam hat ja im All­ge­mei­nen werb­li­chen Hin­ter­grund. Hier kom­men im Fall von Medi­ka­men­ten natür­lich die Vor­schrif­ten des Heil­mit­tel­wer­be­ge­set­zes in Betracht; gern genom­men sind auch die Vor­schrif­ten über uner­laub­te Wer­bung für Glücks­spie­le, Wer­bung für Por­no­gra­phie etc.

Gera­de bei Refer­rer-Spam stellt sich natür­lich die Fra­ge, ob er über­haupt „Wer­bung“ ist, er wird ja nicht ver­öf­fent­licht, fin­det sich i.A. bloß in Log­files und Sta­tis­ti­ken. Aller­dings – und ich mei­ne das reicht – wer­den die zumin­dest vom Web­mas­ter gele­sen. Es ist dann eben eine Wer­bung mit sehr klei­nem Ziel­pu­bli­kum, sozu­sa­gen Direct Mar­ke­ting. Außer­dem gibt es ja aber auch ganz Ver­rück­te, die ihre Back­links aus den Log­sta­tis­ti­ken klau­ben und in einem Link­dump oder gar auf der Haupt­sei­te ver­öf­fent­li­chen. Wozu das gut sein soll ist mir zwar unklar, aber jeden­falls wür­de es Refer­rer-Spam eine Platt­form bie­ten, der ihn einer Öffent­lich­keit zuführt.

Wenn dem so ist, dann wären natür­lich – und das soll das Ende mei­ner lau­ni­gen Betrach­tun­gen sein – auch die Vor­schrif­ten des Wett­be­werbs­rechts anwend­bar. Kon­kur­ren­ten der Spam-Ver­sen­der – und das wäre im Fall von Arz­nei­mit­tel­wer­bung im Zwei­fel jede Apo­the­ke – könn­ten also Unter­las­sungs­an­sprü­che gel­tend machen. Und das unter dem Gesichts­punkt der Stö­rer­haf­tung sogar gegen die Betrei­ber der Rech­ner, von denen die Angrif­fe stam­men.

Und die las­sen sich ermit­teln.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Wettbewerbsrecht 16. Februar 2023

BGH zu Affiliate-Marketing: Alles ist schrecklich, aber Amazon haftet trotzdem nicht für seine Partner

Amazon muss nicht für seine Affiliate-Partner haften, entschied der Bundesgerichtshof. Rechtlich ist das Urteil kaum zu beanstanden, aber trotzdem hinterlässt es einen bitteren Nachgeschmack. Eine Einschätzung von Arne Trautmann.  (mehr …)

Crypto 20. Januar 2023

DAO: Die codierte Organisation

Haben Sie schon jemals darüber nachgedacht, was sich hinter dem Begriff „dezentralisierte autonome Organisation“ (DAO) verbirgt und welchen Einfluss die DAO im Alltag hat? Arne Trautmann berichtet aus der Fachwelt.  (mehr …)