Die Abmahnung – reloaded

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Abmah­nun­gen sind ein Dau­er­the­ma. Nicht nur Unter­neh­mer aller Bran­chen haben damit zu tun, auch Ver­brau­cher wer­den zuneh­mend damit kon­fron­tiert. Was eine Abmah­nung ist, haben wir schon ein­mal dar­ge­stellt. Im Kern stimmt das noch heu­te, wenn­gleich ins­be­son­de­re im Wett­be­werbs­recht (UWG) durch eine umfas­sen­de Geset­zes­re­form vie­les zu geschrie­be­nem Recht wur­de, was zuvor im Wege der rich­ter­li­chen Rechts­fort­bil­dung jedoch auch schon herr­schen­de Rechts­la­ge war.

In der Pra­xis strei­tet man sich heu­te zuneh­mend über die Fra­ge, ob eine anwalt­lich Abmah­nung nach § 174 BGB zurück­ge­wie­sen wer­den kann, wenn ihr kei­ne Ori­gi­nal­voll­macht bei­lag. Inter­es­sant ist die­se Mög­lich­keit nur für den, der sich gegen die Abmah­nung in der Sache selbst nicht weh­ren möch­te oder kann. Bejaht man die Anwend­bar­keit von § 174 BGB, kann der Abge­mahn­te die Abmah­nung (unver­züg­lich) zurück­wei­sen und gleich­zei­tig frei­wil­lig eine Unter­las­sungs­er­klä­rung abge­ben. Weil die Abmah­nung durch die Zurück­wei­sung ihre Wir­kung ver­lo­ren hat, kann der Abmah­nen­de kei­nen Ersatz von Anwalts­kos­ten mehr for­dern. Er kann auch nicht erneut abmah­nen, wenn ihm bereits eine wirk­sa­me Unter­las­sungs­er­klä­rung vor­liegt.

§ 174 BGB setzt aber ein ein­sei­ti­ges Rechts­ge­schäft vor­aus, also eine emp­fangs­be­dürf­ti­ge Wil­lens­er­klä­rung, die unmit­tel­bar rechts­ge­stal­tend wirkt (Bei­spiel: Kün­di­gung). Nach frü­he­rer Auf­fas­sung fiel die Abmah­nung nicht dar­un­ter, so dass die Vor­la­ge einer Voll­macht nicht gebo­ten erschien. Nach heu­te herr­schen­der Mei­nung (vgl. Baum­bach / Hef­er­mehl, Wett­be­werbs­recht 23. Aufl., § 12 Rdnr. 1.25, 1.27; Köhler/Piper Vor § 13, Rdnr. 178) ist die Abmah­nung aber eine geschäfts­ähn­li­che Hand­lung, auf die § 174 BGB ent­spre­chend anzu­wen­den ist. Dem haben sich auch zahl­rei­che Ober­lan­des­ge­rich­te ange­schlos­sen (vgl. OLG Düs­sel­dorf WRP 2001, 52; NJWE-WettbR 1999, 263; OLG Dres­den, NJWE-WettbR 1999, 140; OLG Nürn­berg, GRUR 1991, 387). Man könn­te also mei­nen, eine ohne Ori­gi­nal­voll­macht zuge­gan­ge­ne Abmah­nung kön­ne durch unver­züg­li­che Zurück­wei­sung ein­fach für gegen­stands­los erklärt wer­den.

Das ist jedoch wie so häu­fig nur die hal­be Wahr­heit. Denn nach zutref­fen­der Ansicht des OLG Karls­ru­he (NJW-RR 1990, 1332), die im Ergeb­nis auch von Teplizt­ky (WRP 2005, 654) und Born­kamm (Baumbach/Hefermehl, Wett­be­werbs­recht 23. Aufl., § 12 Rdnr. 1.25) geteilt wird, ist der Nach­weis der Voll­macht bei einer Abmah­nung jeden­falls dann ent­behr­lich, wenn die Abmah­nung das Ange­bot zum Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­tra­ges ent­hält. Dies ist fast immer der Fall. Eine Abmah­nung beschränkt sich sel­tenst dar­auf, nur den Rechts­ver­stoß anzu­zei­gen. Viel­mehr wird regel­mä­ßig die Abga­be einer vor­be­rei­te­ten Unter­las­sungs­er­klä­rung ver­langt, in der häu­fig auch eine Pflicht zur Aus­kunfts­er­tei­lung und das Aner­kennt­nis der Scha­den­er­satz­pflicht ent­hal­ten sind. Dies stellt nichts ande­res dar, als das Ange­bot zum Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­tra­ges, also eines zwei­sei­ti­gen Rechts­ge­schäfts. Hier­auf wie­der­um ist § 174 BGB nicht anwend­bar, da dort von ein­sei­ti­gen Rechts­ge­schäf­ten die Rede ist.

Still con­fu­sed but on an hig­her level?

Wei­ter gilt: im Umgang mit Abmah­nun­gen sind Vor­sicht, Auf­merk­sam­keit und oft Kampf­geist gefragt.

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