Fotorecht Spezial Teil 8: Wann ein Bildnis vorliegt

Fotorecht | 2. November 2005
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Im letz­ten Teil waren wir beim Kunst­UrhG ste­hen geblie­ben, des­sen Text sich recht ein­fach liest, im Detail aber doch hier und da Fra­gen auf­wirft. Was genau also gestat­tet oder ver­bie­tet das Gesetz?

Um das zu ver­ste­hen macht es Sinn, sich zunächst zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, wie das Kunst­UrhG funk­tio­niert. Hier­zu macht des­sen Lek­tü­re Sinn, die „Archi­tek­tur“ des Geset­zes, das Prüf­sche­ma, wird dann näm­lich recht schnell deut­lich:

  1. Ist das Gesetz über­haupt anwend­bar, liegt ein „Bild­nis“ eines „Abge­bil­de­ten“ i.S. des § 22 Kunst­UrhG vor?
  2. Wenn ja: hat der Abge­bil­de­te nach § 22 Kunst­UrhG in sei­ne Abbil­dung ein­ge­wil­ligt?
  3. Fall nein: Ist die Ein­wil­li­gung nach den Aus­nah­me­re­geln des § 23 Abs. 1 Kunst­UrhG ent­behr­lich?
  4. Selbst wenn „an sich“ eine sol­che Aus­nah­me ein­schlä­gig ist, wer­den den­noch beson­de­re Inter­es­sen des Abge­bil­de­ten ver­letzt, auf die nach § 23 Abs. 2 Kunst­UrhG Rück­sicht zu neh­men wäre?

Schwer pro­gnos­ti­zier­bar und zudem gera­de der­zeit im Umbruch begrif­fen ist dabei vor allem der letz­te Punkt. Dan­kens­wer­ter­wei­se inter­es­siert das vor allem sol­che Foto­gra­fen, denen immer­zu Pro­mi­nen­te und Stars samt Fami­lie vor die Lin­se lau­fen. Nor­mal­sterb­li­che kön­nen auf rela­tiv kla­re und gefes­tig­te Regeln bau­en. Im Ein­zel­nen:

3.1.1. Bildnis eines Abgebildeten, § 22 KunstUrhG

Die­ses Kri­te­ri­um kann man rela­tiv platt mit „Erkenn­bar­keit“ über­set­zen. Dabei darf dies nicht mit „das Gesicht ist abge­bil­det“ ver­wech­selt wer­den. Erkenn­bar­keit ist auch dann gege­ben, wenn sons­ti­ge Merk­ma­le, etwa die Kör­per­hal­tung; bestimm­te, gera­de auf den Abge­bil­de­ten hin­deu­ten­de Klei­dungs­stü­cke oder Acces­soires (etwa der Fächer bei älte­ren Bil­dern von Karl Lager­feld) oder auch die Umge­bung auf eine bestimm­te Per­son schlie­ßen las­sen. Es ist an die­ser Stel­le auch nicht erheb­lich, ob die Per­son all­ge­mein bekannt ist oder nur von einem begrenz­ten Per­so­nen­kreis iden­ti­fi­ziert wer­den könn­te.

Dar­aus folgt recht zwang­los, dass es zur Ver­mei­dung von Erkenn­bar­keit in aller Regel nicht aus­reicht, Abge­bil­de­te auf Fotos mit dem noto­ri­schen „schwar­zen Bal­ken“ zu ver­se­hen. In Situa­tio­nen, in denen man meint, mit einem sol­chen Bal­ken oder ähn­li­chen Retu­schen ein Bild „ret­ten“ zu kön­nen soll­te man sich im Übri­gen kurz die Fra­ge stel­len, ob man ein sol­ches Bild über­haupt haben darf:

Einer der Punk­te die auf­fal­len, wenn man den Text des Kunst­UrhG liest ist, dass dort immer nur die Rede von „Ver­brei­tung und Zur­schau­stel­lung“ von Bild­nis­sen ist. Man könn­te also durch­aus auf den Gedan­ken ver­fal­len, dass das Her­stel­len der Bil­der als sol­ches, das Foto­gra­fie­ren, frei ist, nur eben die Nut­zung der ange­fer­tig­ten Bild­nis­se beschränkt wird. Genau dies ist aber einer der Punk­te, in der die Recht­spre­chung den Geset­zes­text inzwi­schen ergänzt. Es darf näm­lich nicht sein, dass ein „Foto­gra­fen­op­fer“ sich stän­dig dar­über den Kopf zer­bre­chen muss, ob ein bestimm­tes Bild nicht viel­leicht doch noch ver­öf­fent­lich wird; die­ses Damo­kles­schwert möch­te man nie­man­dem zumu­ten. Daher gilt: wenn die Ver­brei­tung und Zur­schau­stel­lung ver­bo­ten wäre, dann ist es (in aller Regel, gera­de bei jour­na­lis­ti­scher Arbeit bestehen Aus­nah­men) auch das Anfer­ti­gen der Bil­der als sol­ches.

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