Wikipedia.de putzmunter — aber selbst zweifelhaft

Übergreifendes | 21. Januar 2006
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Manch­mal ist die Welt nicht ganz so schlecht, wie man das aus Medi­en­be­rich­ten erse­hen möch­te. Die­se Fäl­le sind aber sel­ten. Sehr viel häu­fi­ger ist sie nur anders schlecht.

So auch im Fall der einst­wei­li­gen Ver­fü­gung gegen die Wei­ter­lei­tung der Domain wikipedia.de auf die deutsch­spra­chi­gen Inhal­te auf de.wikipedia.org. Hier wur­de ja berich­tet, dass die­se Wei­ter­lei­tung gene­rell unter­sagt wor­den sei, unter die­sem Blick­punkt haben auch wir den Vor­fall bespro­chen. Die Berich­te waren aber nicht ganz voll­stän­dig. Den Text der Ver­fü­gung kann man inzwi­schen auf der Wiki­pe­dia-Sei­te selbst nach­le­sen.

Dem Antrags­geg­ner wird es […] unter­sagt, die Inter­net­adres­se wikipedia.de auf die Inter­net­adres­se de.wikipedia.org wei­ter­zu­lei­ten, solan­ge unter der Inter­net­adres­se de.wikipedia.org ein Bei­trag vor­ge­hal­ten wird, der den bür­ger­li­chen Nach­na­men des Soh­nes der Antrag­stel­ler nennt.

Wiki­pe­dia selbst kom­men­tiert dies so:

Ver­ein­zelt wur­de dar­über spe­ku­liert, Wiki­me­dia Deutsch­land e.V. hät­te mit der voll­stän­di­gen Abschal­tung der Wei­ter­lei­tung unter Umstän­den über­re­agiert. Dies war nicht der Fall, wir haben uns damit ledig­lich an den Wort­laut der Ver­fü­gung gehal­ten.

Das ist natür­lich eine frag­wür­di­ge Sicht­wei­se. Der nahe lie­gen­de­re Gedan­ke wäre es gewe­sen, schlicht den bean­stan­de­ten Nach­na­men zu strei­chen (respek­ti­ve strei­chen zu las­sen), sich dar­über zu ärgern, die Sache daher im Nach­gang auf dem übli­chen Gerichts­weg aus­zu­fech­ten. Statt­des­sen hat man ein Staats­dra­ma insze­niert. Mir scheint inzwi­schen fast, als hät­te man bei Wiki­pe­dia den Anlass genutzt, um mal „so rich­tig vom Leder zu zie­hen“. Gut und Böse lie­ßen sich so schön zuord­nen; nun haben wir statt Schwarz und Weiß durch­gän­gig Ein­heits­grau.

Wer meint, dass so ein Vor­fall der Glaub­wür­dig­keit der Unter­neh­mung einer frei­en Enzy­klo­pä­die nutzt, der irrt.

Die Voll­stre­ckung der Ver­fü­gung ist übri­gens, was wohl nur noch als Rand­no­tiz taugt, inzwi­schen auf­ge­ho­ben. In der Tat auf­grund von Beden­ken an der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit.

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