Zum Ostersonntag: postmortale (?) Persönlichkeitsrechte Jesu Christi

Fotorecht | 23. März 2008
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Ab und an fre­quen­tie­re ich an Sonn- und Fei­er­ta­gen zum Zwe­cke der Ein­ver­nah­me eines herz­haf­ten Früh­stücks das unweit mei­ner Woh­nung gele­ge­ne Café “Schmock”. Das ist ein israe­li­sches Restau­rant, das in Mün­chen vor allem durch sei­ne Wer­bung bekannt, wenn auch nicht ganz unum­strit­ten ist: gro­ße Pla­ka­te, auf denen rot auf schwarz und in Frak­tur­schrift die Auf­for­de­rung steht: “Deut­sche, esst beim Juden!” Das Ome­lette ist jeden­falls her­vor­ra­gend und ab und an gibt es unglaub­li­che Him­beer-Crois­sants.

Seit einer Umge­stal­tung ist der Innen­raum mit “Jewish Super­stars” auf­ge­macht, auf Metall­plat­ten abge­zo­ge­ne Foto­gra­fien von Albert Ein­ste­lin, Liz Tay­lor und Jesus. Da fragt sich der Jurist — beim Joghurt — natür­lich unwill­kür­lich: Jesus? Dür­fen die denn das?

Wie jeder weiß dür­fen Bild­nis­se nur mit Ein­wil­li­gung des Abge­bil­de­ten zur Schau gestellt wer­den, § 22 Satz 1 KUG. Ich gehe davon aus, dass Jesus nicht gefragt wur­de.

Jetzt möge bit­te kei­ner ein­wen­den, der Abge­bil­de­te sei gar nicht Jesus, son­dern mit Sicher­heit ein Modell. Das mag zwar sein, ist für den Fall aber irrele­vant. Wie der BGH in sei­ner Ent­schei­dung vom 1. Dezem­ber 1999, AZ I ZR 226/97 “Blau­er Engel” aus­ge­führt hat, liegt auch in der Abbil­dung eines Dop­pel­gän­gers ein Bild­nis der Per­son, der da dop­pelt gegan­gen wird. Im Fall war das Mar­le­ne Diet­rich, deren Sze­ne aus dem Film “Der Blaue Engel” nach­ge­stellt wur­de. Das Modell im Fall war (trotz des irre­füh­ren­den Leit­sat­zes der Ent­schei­dung) der Frau Diet­rich nicht beson­ders ähn­lich, aber anhand der abso­lut berühm­ten Pose wuss­te jeder, wer da “gemeint sein soll­te”. Ein Bild­nis lag also vor, es hät­te einer Ein­wil­li­gung bedurft.

Die Grund­sät­ze las­sen sich offen­sicht­lich auf eine Figur mit Dor­nen­kro­ne und lan­gem Bart über­tra­gen: die Pose ist typisch.

Nun ist Jesus bekann­ter­ma­ßen am Kreuz gestor­ben. An sich soll­ten damit die Grund­sät­ze des post­mor­ta­len Per­sön­lich­keits­rechts ein­schlä­gig sein. Im Fall von Bild­nis­sen regelt den Fall § 22 Satz 3 KUG: bis zu zahn Jah­re nach dem Tod des Abge­bil­de­ten bedarf es der Ein­wil­li­gung der Ange­hö­ri­gen des Abge­bil­de­ten zur Ver­brei­tung und Zur­schau­stel­lung.

Nun ist der Tod Jesu schon eini­ge Zeit her, daher nur theo­re­tisch die Fra­ge: wer wären hier die “Ange­hö­ri­gen” gewe­sen? Maria und Josef? Für letz­te­ren war Jesus ja eigent­lich kein leib­li­ches Kind, von einer for­ma­len Adop­ti­on ist aber nichts bekannt. Ande­rer­seits war Josef wohl mit Maria ver­hei­ra­tet, so dass er nach § 1592 Nr. 1 BGB als Vater Jesu gilt. Das ist auch gut so, denn sonst hät­te man für die Ein­wil­li­gung Gott fra­gen müs­sen, was schon damals nicht ganz ein­fach war, jeden­falls wenn man die Ein­wil­li­gung zur Sicher­heit lie­ber schrift­lich haben woll­te.

Ande­rer­seits — und jetzt wird der Fall kom­plex — ist Jesus bekann­ter­ma­ßen am drit­ten Tag (der eigent­lich nach juris­ti­scher Frist­be­rech­nung der zwei­te ist, § 187 I BGB, aber zur Sicher­heit haben wir ja Oster­mon­tag) von den Toten auf­er­stan­den, was er spä­ter durch­aus mit Kör­per­ein­satz selbst dem ungläu­bi­gen Tho­mas nach­wies. Zumin­dest in den 40 auf die Auf­er­ste­hung fol­gen­den Tagen wäre er also für Anfra­gen nach Ein­wil­li­gun­gen greif­bar gewe­sen. Dann ist er auf­ge­fah­ren, was wir heu­te noch — dan­kens­wer­ter­wei­se immer brü­cken­tags­fä­hig — fei­ern. Das Auf­fah­ren ist — rich­tig inter­pre­tiert — wohl ganz das Gegen­teil von Ster­ben: der Beginn ewi­gen Lebens, wenn auch irgend­wo ganz anders und für Rück­fra­gen nur mit­tel­bar greif­bar.

Die Situa­ti­on, dass ein Rech­te­inha­ber nicht auf­find­bar ist, hat man aber häu­fig. Auch hier im Blog wur­de bereits dar­auf hin­ge­wie­sen, dass, wenn man Rech­te nicht ein­ho­len kann, man auf ihre Nut­zung ver­zich­ten muss. Das soll­te nach § 22 Satz 1 KUG auch für das Bild­nis Jesu gel­ten: das ist nicht frei.

Wie die Ver­wen­dung sei­nes Bild­nis­ses in den letz­ten 2000 Jah­ren beweist scheint sich im End­ef­fekt aller­dings kei­ner drum zu sche­ren. Vie­le Ver­wen­dun­gen gera­de in der Kunst mögen ja noch unter die Aus­nah­me des § 23 I Nr. 4 KUG fal­len, etwa “Crea­zio­ne di Ada­mo” von Michel­an­ge­lo — wobei man dort wie­der an der Vor­aus­set­zung “nicht auf Bestel­lung ange­fer­tigt” zwei­feln kann — immer­hin wur­de das Werk von Papst Juli­us II in Auf­trag gege­ben.

Alle ande­ren Ver­wen­dun­gen des Bild­nis Jesu, die nicht unter eine der Aus­nah­men des KUG fal­len, ver­trau­en wohl auf den Grund­satz: wo kein Klä­ger, da kein Rich­ter. Jeden­falls bis zum Jüngs­ten Gericht.

Fro­he Ostern.

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