Widerrufsbelehrung und Anbieterkennzeichnung durch einen Link? Ja!

Onlinerecht | 10. Juni 2005
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Ein inter­es­santes und erstaunlich “lib­erales” Urteil (Voll­text) zur Frage, wie im Einzel­nen die Pflich­tangaben – hier: Anbi­eterkennze­ich­nung und Wider­rufs­belehrung – auf Web­seit­en aus­gestal­tet wer­den müssen, hat das LG Traun­stein am 18.5.2005 unter dem AZ 1HK O 5016/04 gefällt.

Kläger und Beklagter sind Wet­tbe­wer­ber, die bei­de Waren über Ebay-Shops gewerblich anbi­eten. Damit beste­ht nach §§ 312c BGB i.V.m. 2 1 BGB-Info-VO natür­lich sowohl eine Pflicht zur Anbi­eterkennze­ich­nung als auch zum Hin­weis auf das beim Fern­ab­satz von Waren beste­hende Wider­ruf­s­recht. Die Klägerin war der Ansicht, diesen Pflicht­en käme der Beklagte nicht oder jeden­falls nur in unzure­ichen­dem Maße nach.

Die Beklagte vertei­digte sich, ihre Ebay-Seite ver­füge sowohl über eine Anbi­eterkennze­ich­nung, als auch über eine Wider­rufs­belehrung. Die Anbi­eterkennze­ich­nung sei dabei auf der Ebay-typ­is­chen so genan­nten (und auch mit dieser Beze­ich­nung ver­link­ten) „Mich-Seite“ einzuse­hen, die Wider­rufs­belehrung in der eben­so typ­is­chen Seite „Shop-Bedin­gun­gen“. Auf diese bei­den Seit­en werde von ihrer Ange­bots­seite (auf der die ange­bote­nen Waren direkt gekauft wer­den kön­nen) ver­linkt; es sei nur ein Mausklick zum Erre­ichen der bei­den Pflich­tangaben erforder­lich.

Die Klägerin war der Ansicht, dass dies jeden­falls nicht aus­re­ichend sei; ger­ade hin­sichtlich des Wider­ruf­s­rechts genüge es nicht, wenn auf die Belehrung nur ver­linkt wer­den; der Nutzer der Seite müsse gle­ich­sam „mit der Nase“ auf die Belehrung gestoßen wer­den. Ein ein­fach­er Link genüge hier nicht, jeden­falls dann nicht, wenn nicht schon aus dem Link­text selb­st klar ersichtlich sei, dass er zur Belehrung führe.

Tat­säch­lich beste­hen in der Frage, wie im Einzel­nen die Anbi­eterkennze­ich­nung und die Wider­rufs­belehrung zu gestal­ten sind, erhe­bliche Unsicher­heit­en in der Prax­is und unter­schiedliche Ansicht­en in der Recht­sprechung. Während einige Gerichte, vor allem das OLG Frank­furt, sehr „enge“ Ansicht­en vertreten, ins­beson­dere tat­säch­lich meinen, dass ein Link zum Wider­ruf­s­recht nicht aus­re­iche, son­dern sich dies auf der Ange­bots­seite selb­st befind­en müsse, sind andere Gerichte weniger streng. Etwa das OLG München nimmt hin­sichtlich der Anbi­eterkennze­ich­nung an, das selb­st ein dop­pel­ter Link – der Nutzer der Seite muss also zweimal klick­en – noch aus­re­icht, wenn die Beze­ich­nung der Links nur klar und ein­deutig ist.

Das LG Traun­stein führt zu dieser Frage aus, dass die Verteilung der Pflich­tangaben auf unter­schiedliche, durch Links erre­ich­bare Seit­en der Über­sichtlichkeit dieser Angaben sog­ar förder­lich sei. Würde dies nicht so gehand­habt, bestünde sog­ar die Gefahr, dass die Ange­bots­seite kom­plett über­frachtet werde.

Natür­lich muss es dem Ver­brauch­er auch im Fall der Ver­linkung möglich sein, die Angaben leicht zur Ken­nt­nis zu nehmen, diese dür­fen also nicht ver­steckt oder mit nicht nachvol­lziehbaren oder irreführen­den Link­tex­ten verse­hen wer­den. Im konkreten Fall waren diese Anforderun­gen nach Ansicht des Gerichts aber gewahrt.

Wir hal­ten die Ansicht des LG Traun­stein für richtig. Allein nach § 1 BGB-Info-VO sind ggf. zwölf (12!) Pflich­tangaben erforder­lich. Weit­ere Pflicht­en kön­nen sich nach der Preisangaben­VO, den Daten­schutzge­set­zen, dem UWG und weit­eren Spezialvorschriften ergeben. Der Schutzz­weck der einzel­nen Geset­ze: dem Ver­brauch­er die Bedin­gun­gen des Ver­trages, auf den er sich ger­ade ein­lässt, klar und deut­lich vor Augen zu führen, wird dabei ad absur­dum geführt. Es sind so viele Angaben, dass kein durch­schnit­tlich­er Ver­brauch­er diese alle zur Ken­nt­nis nehmen kann. Das gilt dann um so mehr, wenn man mit der „stren­gen“ Recht­sprechung annimmt, dass jede einzelne Angabe auf der Ange­bots­seite selb­st ver­füg­bar sein muss. Das Ergeb­nis wäre eine völ­lig undurch­sichtige, mit juris­tis­chen Tex­ten und Hin­weisen ger­adezu ver­stopfte Seite.

Das Prob­lem lässt sich eigentlich nur durch Ver­linkun­gen lösen. So wird der Ver­brauch­er in die Lage ver­set­zt, sich ger­ade die Angabe, die er haben möchte, durch einen ein­fachen Mausklick – den jed­er Inter­net­nutzer angesichts der Struk­tur des Medi­ums ja beherrschen dürfte – „auf den Schirm zu holen.“

Teil­weise wird in der juris­tis­chen Lit­er­atur die Ansicht vertreten, bes­timmte Pflich­tangaben dürften ver­linkt wer­den, andere müssten direkt auf der Ange­bots­seite ver­füg­bar sein. Dieser Unter­schei­dung kann nicht gefol­gt wer­den. Die Pflich­tangaben ste­hen in kein­er beson­deren Rei­hen­folge, es gibt keine beson­ders wichti­gen und weniger wichti­gen Angaben; sie sind gle­ichrangig. Wollte man eine „kün­stliche“ Unter­schei­dung ein­führen, wäre es wieder dem Geschmack des einzel­nen Gerichts (oder des Abmah­nen­den) über­lassen, welche Angabe er bevorzu­gen würde. Das aber führte zu ein­er kaum akzept­ablen Recht­sun­sicher­heit.

Natür­lich sind solche Urteile, in denen es im Wesentlichen um Fra­gen der konkreten Gestal­tung ein­er konkreten Inter­net­seite geht, nur schw­er zu ver­all­ge­mein­ern. Sel­ten sind zwei Fälle hier kom­plett ver­gle­ich­bar. Den­noch ist es erfreulich, dass das LG Traun­stein ein­er eher lib­eralen und – unseres Eracht­ens – prax­is­gerecht­en Ansicht stattgegeben hat. Links entsprechen der Natur des Inter­nets. Die Nutzer wis­sen damit umzuge­hen und nur durch Links lassen sich die vie­len erforder­lichen Pflich­tangaben sin­nvoll struk­turi­eren.

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