CBD-Händler: Immer mit einem Bein im Gefängnis? — BGH bestätigt hohe Haftstrafen für Handel mit Cannabidiol

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Betäubungsmittelrecht | 27. Oktober 2022
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CBD-Pro­duk­te boo­men in Deutsch­land, die Libe­ra­li­sie­rungs­plä­ne der Bun­des­re­gie­rung befeu­ern die­se Ent­wick­lung zusätz­lich. Aller­dings ist es ein weit ver­brei­te­ter Irr­glau­be, dass sich CBD-Händ­ler aktu­ell in einer recht­li­chen Grau­zo­ne beweg­ten. Ein aktu­el­les Urteil des BGH zeigt: Nai­vi­tät und Nach­läs­sig­keit kön­nen direkt ins Gefäng­nis füh­ren.

Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat­te in Ver­fah­ren gegen zwei Ange­klag­te zu ent­schei­den, die wegen Han­dels mit Can­na­bi­di­ol vom Land­ge­richt Ber­lin zu hohen Frei­heits­stra­fen ver­ur­teilt wor­den waren. Als auch Deutsch­lands obers­te Straf­rich­ter in Karls­ru­he die har­ten Stra­fen wegen des Ver­kaufs von CBD-Blü­ten bestä­tig­ten (BGH, Beschl. v. 23.06.2022, Az. 5 StR 490/21) wur­de das in den Medi­en über­rascht, zum Teil auch empört auf­ge­nom­men.

Doch das Urteil des 5. Straf­se­nats des Bun­des­ge­richts­hofs kam nicht wirk­lich über­ra­schend. CBD-Blü­ten wer­den nach aktu­el­ler Geset­zes­la­ge als Betäu­bungs­mit­tel im Sin­ne des Betäu­bungs­mit­tel­ge­set­zes (BtMG) ein­ge­ord­net. Wenn ihr Wirk­stoff­ge­halt unter­halb von 0,2 % THC liegt, kön­nen sie unter eine Aus­nah­me­vor­schrift fal­len, so dass der Han­del erlaubt sein kann.

Um aber  tat­säch­lich damit straf­los Han­del trei­ben zu dür­fen, muss außer­dem nach gel­ten­dem Recht „jeg­li­cher Miss­brauch zu Rausch­zwe­cken sicher aus­ge­schlos­sen“ sein. Wie bereits 2021 bei einem Hanf­tee-Pro­dukt (BGH, Urt. v. 24. 03.2021, Az. 6 StR 240/20) sah der BGH die­se Vor­aus­set­zung auch in der jetzt ent­schie­de­nen Kon­stel­la­ti­on nicht als gege­ben an: Denn wenn man die CBD-Blü­ten erhit­zen wür­de, könn­te wei­te­res THC frei­ge­setzt wer­den und bei Kon­su­men­ten einen Can­na­bis­rausch erzeu­gen.

Die Gerichte setzen nur geltendes Recht um

Auch das Argu­ment, die Ver­ur­tei­lung wegen des Han­dels mit CBD-Blü­ten stel­le einen Ver­stoß gegen die euro­pa­recht­li­che Waren­ver­kehrs­frei­heit (Art. 34 AEUV) dar, weil die Blü­ten in Spa­ni­en legal pro­du­ziert wur­den, wies der BGH zurück. CBD-Blü­ten sei­en Suchtstof­fe, deren Han­del per se ver­bo­ten sei. Die Waren­ver­kehrs­frei­heit sei des­halb gar nicht ein­schlä­gig, die Rechts­la­ge so klar, dass die Rich­ter auch kei­nen Anlass sahen, den Euro­päi­schen Gerichts­hof anzu­ru­fen.

Der BGH bleibt damit bei sei­ner Linie, die sowohl inner­halb der Bran­che als auch in den Medi­en von vie­len als sehr streng emp­fun­den wird. Der hohen Frei­heits­stra­fe von drei Jah­ren und neun Mona­ten, zu der der Haupt­an­ge­klag­te ver­ur­teilt wur­de, lag aller­dings neben dem Vor­wurf des ban­den­mä­ßi­gen Han­del­trei­bens mit Betäu­bungs­mit­teln in nicht gerin­ger Men­ge auch der ver­se­hent­li­che (!) Besitz von ins­ge­samt knapp 20kg klas­si­schen Can­na­bis‘ zugrun­de.

Zudem ist es weder dem BGH noch den Gerich­ten der unte­ren Instan­zen anzu­las­ten, dass sie bestehen­de Geset­ze anwen­den. Der Ball liegt viel­mehr beim Gesetz­ge­ber: Es braucht einen prak­ti­ka­blen Rechts­rah­men für den Han­del mit CBD-Pro­duk­ten.

CBD-Händler: Die Rechtsprechung in der Vertriebsstrategie umsetzen

Solan­ge die­ser nicht kommt, müs­sen CBD-Händ­ler wei­ter­hin damit rech­nen, dass das Urteil des BGH zu ver­stärk­ten Kon­trol­len sei­tens der zustän­di­gen Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den führt. In den ver­gan­ge­nen Wochen wur­den bun­des­weit Betrie­be und Geschäf­te von CBD-Händ­lern kon­trol­liert – kei­nes­wegs nur ein­schlä­gi­ge Head­shops, son­dern auch eta­blier­te Han­dels­un­ter­neh­men. Ermitt­lungs­ver­fah­ren wur­den ein­ge­lei­tet, es kam es auch zu umfas­sen­den Beschlag­nah­men.

Unter­neh­men, die Han­del mit CBD-Pro­duk­ten betrei­ben oder den Ein­tritt in die­sen wirt­schaft­lich lukra­ti­ven Markt pla­nen, soll­ten der aktu­el­len Ent­schei­dung aus Karls­ru­he daher zwei­er­lei ent­neh­men: Nach­läs­sig­keit oder Nai­vi­tät kön­nen im Bereich CBD unver­än­dert zu mas­si­ven straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen füh­ren. Sorg­sam pla­nen­den Unter­neh­men hin­ge­gen bie­tet jedes wei­te­re BGH-Urteil die Mög­lich­keit, die immer kla­rer kon­tu­rier­ten höchst­rich­ter­li­chen Vor­ga­ben in ihrer Ver­triebs­stra­te­gie umzu­set­zen.

Der Autor Gero Wil­ke ist Fach­an­walt für gewerb­li­chen Rechts­schutz und berät Groß- und Ein­zel­han­dels­un­ter­neh­men hin­sicht­lich der ein­zu­hal­ten­den wett­be­werbs­recht­li­chen und spe­zi­al­ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ins­be­son­de­re im Tabak‑, Lebens­mit­tel- und Kos­me­tik­recht. https://www.linkedin.com/in/gerowilke/

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