Sinn und Unsinn von Disclaimern auf Webseiten

Onlinerecht | 23. August 2004
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Viele Web­seit­en enthal­ten einen Dis­claimer, oft – unter Ver­weis auf ein missver­standenes Urteil des LG Ham­burg – als „Dis­tanzierung“ bezüglich ver­link­ter Inhalte aus­gestal­tet. Nicht recht klar ist vie­len Seit­en­be­treibern aber die genaue Funk­tion des Dis­claimers. Ein­er­seits sehen viele Betreiber eines Webpro­jek­ts hierin eine Art Wun­der­waffe, ander­er­seits hört man ab und an auch, ein solch­er Dis­claimer nutze über­haupt nichts; oft vertreten wird sog­ar die Ansicht, man „müsse das irgend­wie“ haben. Wie so häu­fig liegt die Wahrheit in der Mitte.

Das Set­zen eines Links auf eine bes­timmte (fremde) Inter­net­seite, die vielle­icht prob­lema­tis­che oder gar straf­bare Inhalte enthält, kann ja vielfälti­gen Erk­lärungswert haben. Der Linkset­zer kann ein­fach „nur“ auf die fremde Seite ver­weisen, er kann darauf linken, um sich ger­ade kri­tisch mit der Seite auseinan­derzuset­zen, er kann aber mit dem Link auch zum Aus­druck brin­gen, die frem­den Inhalte „gut“ zu find­en. Im let­zteren Fall spricht man unter rechtlichen Gesicht­spunk­ten davon, dass sich der Ver­link­ende den Inhalt der frem­den Seite „zu eigen“ macht. Dann ist er in vie­len Fällen für den Link wie für eigene Inhalte haft­bar; ger­ade so, als hätte er die fremde Seite selb­st erstellt. Misslich, wenn es dann um Straftat­en, etwa Belei­di­gung, Üble Nachrede, Auf­forderung zu Straftat­en oder gar Volksver­het­zung geht.

Prob­lema­tisch an solchen Links ist also nicht die Tat­sache des Links als solch­er, son­dern der sub­jek­tive Hin­ter­grund des Ver­weis­es. Solche sub­jek­tiv­en Ele­mente, die Beweg­gründe eines bes­timmten Han­delns, müssen aber selb­st wieder anhand objek­tiv­er Kri­te­rien ermit­telt wer­den. Hier­für kann ein Dis­claimer natür­lich ein Indiz sein, denn ger­ade das ist seine eigentliche Auf­gabe: zu erk­lären, wie Links gemeint sind, wie sie inter­pretiert wer­den müssen: näm­lich nicht als „zu eigen“ machen, son­dern eben als (rein­er) Ver­weis auf fremde Texte, Inhalte, Aus­sagen und Ansicht­en.

Hier wird aber auch deut­lich, warum ein Dis­claimer allein wenig bringt. Wenn jemand expliz­it oder impliz­it klar macht, dass er sich sehr wohl mit den ver­link­ten Inhal­ten klar iden­ti­fiziert, diese als eigene gel­ten lassen möchte, dann verkommt der Dis­claimer zum Feigen­blatt. Wer also klar schreibt oder durch eine beson­ders auf­fäl­lige Gestal­tung eines Links zum Aus­druck bringt, dass er sich Inhalte „zu eigen macht“, dem nutzt ein Dis­claimer gar nichts. Umgekehrt braucht jemand, der einen Link klar kom­men­tiert und deut­lich macht, dass er z.B. ver­linkt, um sich mit ein­er frem­den Mei­n­ung kri­tisch auseinan­derzuset­zen, keinen Dis­claimer.

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