Kultur-Flatrate?

Urheberrecht | 11. Januar 2005
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In der Diskus­sion um ein neues Urhe­ber­recht wer­den immer wieder teils weg­weisende, teils inter­es­sante, teils abstruse Vorschläge unter­bre­it­et. Ein­er der let­zteren ist die so genan­nte Kul­tur-Fla­trate . Das meint, dass gegen einen monatlichen pauschalen Beitrag der Down­load von urhe­ber­rechtlich geschützten Audio- und Video­dat­en in unbe­gren­zter Menge ges­tat­tet sein soll. Eine Art GEZ-Gebühr mit anschließen­der Selb­st­be­di­enung.

Diese Vorschläge sind tat­säch­lich ernst gemeint, sie wer­den von anerkan­nten, bekan­nten und ein­flussre­ichen Inter­es­sen­grup­pen vertreten. Und den­noch kom­men sie offen­bar aus ein­er völ­lig frem­den und offen­bar recht bizarren geisti­gen Welt. Erstaunlich ist, dass diese Ideen wirk­lich disku­tiert wer­den.

Es sei dahingestellt, dass es sich hier offen­sichtlich um utopisch-kom­mu­nis­tis­che Vorstel­lun­gen han­delt und dass Voraus­set­zung ein­er solchen Fla­trate eine (ver­fas­sungswidrige) Enteig­nung der Rechtein­hab­er wäre. Jeden­falls würde mit Umset­zung dieser Idee prak­tisch über Nacht ein Still­stand jeglichen nen­nenswerten kul­turellen und kul­turindus­triellen Schaf­fens ein­treten. Denn die Alter­na­tive zur Enteig­nung wäre für die Werkschaf­fend­en, ihre Werke für sich zu behal­ten, sie gar nicht mehr zu veröf­fentlichen. Gle­ichzeit­ig wür­den Urhe­ber, deren Werke am freien Markt keine Chance hät­ten, ver­suchen, Teil­habe an den Fla­trate-Einkün­ften zu erhal­ten.

Ger­adezu lächer­lich muten dabei die „Argu­mente“ der Fla­trate-Befür­worter an, die eine „gerechte“ (ein inter­es­santes Wort im Zusam­men­hang mit der Kollek­tivierung von geistigem Eigen­tum) Vergü­tung der Werkschaf­fend­en als Folge ein­er Fla­trate erwarten und Kul­turschaf­fende, etwa „kleine Band“ aus dem „Würge­griff“ der Indus­trie befreien wollen. Wer will fes­tle­gen, wer aus den Erträ­gen zwangs­beglückt wer­den soll? Und da es ja ein Fla­trate sein soll, ist dann jedes Werk, das herun­terge­laden wird, gle­ich viel oder wenig wert? Oder wird da mit einem Verteilungss­chlüs­sel noch ein­mal dif­feren­ziert, und welche Super­be­hörde soll das ggf. leis­ten?

Noch bess­er wird es, wenn als Begrün­dung für solche Vorschläge her­hal­ten soll, dass der „Tausch“ von Kul­turgütern in P2P-Börsen ja ohne­hin nicht zu ver­hin­dern sei, die Fla­trate dann die beste Lösung sei, damit über­haupt noch jemand etwas zahle (bzw. um „die Krim­i­nal­isierung von Taschbörsen­be­nutzern zu ver­hin­dern“). Es ist toll­dreist, als Abhil­fe für von Pri­vat­per­so­n­en began­ge­nes Unrecht zu fordern, staatlich verord­netes Unrecht in ungle­ich größerem Maße zu bege­hen. Da wird der Teufel nicht mit dem Belze­bub, son­dern mit ein­er ganzen Besatzung von Höl­len­be­wohn­ern aus­getrieben.

Ins­ge­samt möchte man das The­ma gern als dun­klen Alp­traum abtun. Lei­der fällt das schw­er, denn das The­ma liegt offen­bar auf dem Tisch. Zum Abschluss noch ein Zitat aus der Web­seite des Bun­desver­ban­des Grüne Jugend, die sog­ar einen Logowet­tbe­werb für die Kul­tur-Fla­trate ent­wor­fen haben:

„Nicht assozi­iert wer­den wollen wir mit Pirat­en, Raubkopi­en, Enteig­nung oder einem linksradikalen Stil.“

Gut zu wis­sen.

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