Entsperrung von Handys und Erschöpfungsgrundsatz

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Die Recht­spre­chung zum The­ma Ent­fer­nung von SIM-Locks ist um ein Urteil des BGH berei­chert wor­den.

Zum Hin­ter­grund: jedes sog. Pre­paid-Han­dy, also ein ver­güns­tig­tes Mobil­te­le­fon mit auf­lad­ba­rer SIM-Kar­te, ist durch das SIM-Lock auf die Nut­zung in einem bestimm­ten Netz beschränkt. Es gibt Anbie­ter, die die­se Sper­re auf­he­ben und es gibt Han­dy­ver­käu­fer, sie vor Ablauf der Sperr­frist ent­sperr­te Gerä­te frei ver­kau­fen. Dage­gen weh­ren sich die Han­dy­her­stel­ler und die Netz­be­trei­ber mit allen recht­li­chen Mit­teln, so auch unter Beru­fung auf das Mar­ken­recht.

Nach § 24 Mar­kenG hat der Inha­ber einer Mar­ke zwar nicht das Recht, einem Drit­ten zu unter­sa­gen, die Mar­ke für Waren zu benut­zen, die unter die­ser Mar­ke von ihm oder mit sei­ner Zustim­mung im Inland oder der Euro­päi­schen Uni­on oder dem EWR in den Ver­kehr gebracht wor­den sind. Soll hei­ßen: wenn Sie­mens ein han­dy unter der Mar­ke “Sie­mens SL55” auf den Markt bringt, kann Sie­mens Drit­ten nicht ver­bie­ten, die­ses Han­dy unter der­sel­ben Mar­ke “Sie­mens SL55” wei­ter zu ver­kau­fen, auch dann nicht, wenn es sich z. B. um einen gewerb­li­chen Reimport han­delt. Eine Aus­nah­me gilt aber nach § 24 Abs. 2 Mar­kenG, wenn sich der Mar­ken­in­ha­ber der Benut­zung der Mar­ke für den Wei­ter­ver­trieb der Waren aus berech­tig­ten Grün­den wider­setzt, ins­be­son­de­re wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inver­kehr­brin­gen ver­än­dert oder ver­schlech­tert ist.

Eine sol­che Pro­dukt­ver­än­de­rung liegt auch in der Ent­fer­nung des SIM-Locks, so der BGH in sei­nem Urteil vom 09.06.04. Danach gilt: wer­den Mobil­te­le­fo­ne, mit denen auf Grund einer Sper­re (SIM-Lock) nur in einem bestimm­ten Mobil­funk­netz tele­fo­niert wer­den kann, nach dem Inver­kehr­brin­gen durch den Mar­ken­in­ha­ber ohne des­sen Zustim­mung von Drit­ten ent­sperrt, so liegt eine die Erschöp­fung nach § 24 Abs. 1 Mar­kenG aus­schlie­ßen­de Pro­dukt­ver­än­de­rung im Sin­ne von § 24 Abs. 2 Mar­kenG vor (BGH Urteil vom 09.06.2004 — I ZR 13/02).

Mit ande­ren Wor­ten: Unter Beru­fung auf das Mar­ken­recht kann der Han­dy­her­stel­ler den wei­te­ren Ver­trieb sei­ner Ware unter­sa­gen, wenn die Ware nicht genau die ist, die er erst­mals unter der Mar­ke in den Ver­kehr gebracht hat. Eine sol­che wesent­li­che Ver­än­de­rung ist es auch, wenn das SIM-Lock auf­ge­ho­ben wur­de. Jeden­falls unter der Mar­ke darf das ent­sperr­te Han­dy dann nicht ver­kauft wer­den. Pri­vat­ver­käu­fe dürf­ten aller­dings von die­sem Urteil nicht betrof­fen sein, weil es dabei an einer Nut­zung der Mar­ke “im geschäft­li­chen Ver­kehr” fehlt, wie es § 14 Mar­kenG für den Unter­las­sungs­an­spruch vor­aus­setzt.

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