Vaterschafts-Tests-Test unzulässig

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Ganz pas­send zu den Aus­füh­run­gen zu Anfor­de­run­gen an Inhalt und Aus­ge­wo­gen­heit von Test­be­rich­ten im Fall der Haut­creme Uschi Glas’ passt die­se – nicht ganz neue – Mel­dung über einen Test­be­richt von „Öko-Test“. Die­ses Maga­zin beschäf­tig­te sich mit den Leis­tun­gen von Labo­ren, die Vater­schafts­tests anbie­ten.

Dazu ent­wi­ckelt es eine Test­stel­lung, in der ver­schie­de­ne Pro­ben mit absicht­lich ver­kehrt ange­ge­be­nen Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis­sen an die Labors mit der Bit­te um Abga­be eines Abstam­mungs­gut­ach­tens gesandt wur­den. Mit der Durch­füh­rung des Tests beauf­trag­te das Maga­zin fata­ler­wei­se aber einen Kon­kur­ren­ten der getes­te­ten Labo­re. Auf die­sen Umstand wur­de auch im Arti­kel nicht hin­ge­wie­sen, was letzt­lich auch die Miss­bil­li­gung des Deut­schen Pres­se­ra­tes fand.

Öko-Test kam zu dem Ergeb­nis, die getes­te­ten Labors sei­en teil­wei­se “unsi­cher, teu­er und unse­ri­ös“; der Arti­kel fand ein umfas­sen­des Pres­se­echo und wur­de zu einer der in der Dis­kus­si­on um die Zuläs­sig­keit von pri­va­ten Vater­schafts­tests gern zitier­ten Quel­le.

Eine Rei­he von Labors wehr­ten sich gegen den Test. Mit Erfolg. Das Land­ge­richt Frank­furt am Main unter­sag­te mit Urteil Az 2/03 O 84/04 die wei­te­re Ver­brei­tung des Bei­trags.

Dabei stell­te das Gericht aber kei­nes­wegs dar­auf ab, dass der Test als sol­cher womög­lich „falsch“ oder „rich­tig“ sei. Das konn­te es dahin­ste­hen las­sen, ja jeden­falls schon die Durch­füh­rung der Unter­su­chung nicht den Anfor­de­run­gen an Neu­tra­li­tät und Objek­ti­vi­tät sol­cher Tests genüg­te.

Zu den Anfor­de­run­gen an Text­be­rich­te sie­he auch die­sen Bericht des Law-Blogs.

Update 19.6.2006: In beson­ders char­man­tem Plau­der­ton sind wir — in der Sache durch­aus zu Recht — von Öko­test dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass das OLG Frank­furt, sonst ja durch­aus für umsich­ti­ge Ent­schei­dun­gen bekannt, die oben dar­ge­stell­te Ent­schei­dung bereits vor eini­ger Zeit mit Urteil vom 1.8.2005 kas­siert hat. An der zen­tra­len Stel­le der Urteils­be­grün­dung führt das Gericht aus:

“Kon­kre­te Anhalts­punk­te für feh­len­de Objek­ti­vi­tät des Gut­ach­ters in der Bewer­tung der durch die Test­teil­neh­mer erbrach­ten Leis­tun­gen sind nicht ersicht­lich: Vater­schafts­tests des Insti­tuts, für das der Gut­ach­ter selbst tätig ist, waren nicht Gegen­stand der Beur­tei­lung und Test­be­richt­erstat­tung. Auch nen­nens­wer­te Beur­tei­lungs­spiel­räu­me, die Raum für eine “par­tei­li­che” Wer­tung belas­sen könn­ten, bestan­den nicht; Gegen­stand der Bewer­tung des Gut­ach­ters waren das von den Test­in­sti­tu­ten beob­ach­te­te Bestim­mungs­ver­fah­ren und das Ver­fah­ren der mathe­ma­ti­schen Wahr­schein­lich­keits­be­rech­nung anhand wis­sen­schaft­li­cher Kri­te­ri­en. Es ist weder erkenn­bar noch dar­ge­legt, dass die ethisch ableh­nen­de Ein­stel­lung des Sach­ver­stän­di­gen zur Statt­haf­tig­keit heim­li­cher Vater­schafts­tests irgend­ei­nen rele­van­ten Ein­fluss auf die Bewer­tung der Test­ergeb­nis­se haben konn­te. Eine nur theo­re­ti­sche Mög­lich­keit reicht ent­ge­gen der Ansicht des Klä­gers nicht aus.”

Das kann man so sehen. Muss man aber nicht. Das Urteil kann im Voll­text nach­ge­le­sen wer­den auf der Web­sei­te von Prof. Schweit­zer.

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