Zuvor war die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines rechtssicheren B2B-Onlineshops sehr unterschiedlich, so dass die meisten Onlineshop-Betreiber ein mehr oder weniger großes rechtliches (Abmahn-) Risiko in Kauf nehmen mussten: einige Instanzgerichte erachteten es bereits als ausreichend, dass jeweils auf der Startseite und im Zusammenhang mit dem Kaufen-Button ein Hinweis aufgeführt wurde, der deutlich machte, dass sich der Onlineshop ausschließlich an Unternehmer und nicht an Verbraucher richte. Andere Gerichte verlangten hingegen, dass noch vor dem Zutritt zum Onlineshop eine Registrierung mit Einzelfallprüfung der Unternehmereigenschaft und Freischaltung stattfinden solle und ließen hierfür Selbstangaben wie ein Pflichtfeld „Firma“ bei der Registrierung nicht ausreichen. Für die Onlineshop-Betreiber war dies deshalb rechtlich so gefährlich, weil sich der Abmahnende aufgrund des sogenannten fliegenden Gerichtsstands das Gericht mehr oder weniger frei auswählen konnte. Damit hatte es bislang ein abmahnender Mitbewerber in der Hand, sich das Gericht mit der in der Vergangenheit strengsten Rechtsprechung und den höchsten Hürden auszusuchen und den Onlineshop hieran zu messen.
Dem schob der BGH nun erfreulicherweise einen Riegel vor.
Im entschiedenen Fall hatte der Betreiber eines B2B-Onlineshops auf jeder Seite des B2B-Onlineshops den gängigen Hinweis
„Verkauf nur an Unternehmer, Gewerbetreibende, Freiberufler und öffentliche Institutionen. Kein Verkauf an Verbraucher i.S.d. § 13 BGB.“
aufgenommen. Zudem befand sich oberhalb des „Kaufen“-Buttons der folgende Text:
„Hiermit bestätige ich, dass ich die Bestellung als Unternehmer und nicht als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB tätige und die allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis genommen habe.“
Im Ergebnis bewertete der BGH bereits diese Hinweise als ausreichend – und dies sogar, obwohl der Testkäufer bei der Angabe der Käuferdaten das Feld „Firma“ sogar mit „privat“ ausfüllte. Zur Begründung führte der BGH an, dass man sich nicht auf den Schutz von verbraucherbegünstigenden Vorschriften (wie z.B. das Widerrufsrecht) berufen könne, wenn man sich zuvor wahrheitswidrig als Unternehmer ausgegeben habe. Indem sich aber der Testkäufer über den auf jeder Seite enthaltenen deutlichen Hinweis hinweggesetzt und darüber hinaus mit dem Kauf auch die Erklärung bestätigt habe, er tätige die Bestellung als Unternehmer, habe er einen Anschein des gewerblichen Erwerbszwecks erzeugt, den er gegen sich gelten lassen müsse.
Nach der Entscheidung dürfte es im Allgemeinen ausreichend sein, den o.g. Hinweis deutlich auf jeder (!) Seite des B2B-Onlineshops aufzuführen und oberhalb des „Kaufen“-Buttons zusätzlich den Bestätigungstext aufzunehmen, idealerweise mit aktiv anzuklickender Checkbox. Zudem sollte bei den Käuferangaben das Feld „Firma“ als Pflichtfeld ausgestaltet sein.
Dennoch ist nicht auszuschließen, dass abhängig von den angebotenen Waren und Dienstleistungen auch weiterhin unterschiedlich strenge Maßstäbe an die zu erfüllenden Vorgaben von reinen B2B-Onlineshops gestellt werden. Mit anderen Worten: je eher die Produkte im Onlineshop auch privat von Verbrauchern nachgefragt werden (könnten), desto strengere Kriterien sind zu erfüllen, wenn man als Onlineshop-Betreiber auf alle verbraucherschützenden Regelungen verzichten und nur an Gewerbetreibende verkaufen möchte. Hier werden im Einzelnen die zukünftigen Instanzurteile für weitere Klarheit und Rechtssicherheit sorgen müssen.
Die Entscheidung des BGH setzt sich zudem ausführlich mit der Frage auseinander, inwieweit ein Rechtsanwalt als Testkäufer geeignet sei, wenn die Frage des Verkaufs an Verbraucher überprüft werden soll – und findet sehr klare Worte: ein Testkauf eines Rechtsanwalts ist dessen beruflicher Sphäre zuzuordnen und damit per se ungeeignet nachzuweisen, dass der Mitbewerber (auch) an Verbraucher verkaufe. Derartige Testkäufe müssen daher zwangsläufig von tatsächlichen Verbrauchern durchgeführt werden.
Für diejenigen Onlineshop-Betreiber, die in der Vergangenheit in Folge einer Abmahnung bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben, enthält das Urteil eine sehr erfreuliche Klarstellung: setzt sich ein Testkäufer über die oben genannten, vom BGH als ausreichend erachteten Texthinweise hinweg und bestellt in dem B2B-Onlineshop als Verbraucher, löst das keine Vertragsstrafe aus. Vielmehr sei es rechtsmissbräuchlich, die Vorsorgemaßnahmen des Onlineshop-Betreibers zu umgehen und dadurch einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung zu provozieren.
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