Versandunternehmer dürfen Kunden “rauswerfen”

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Mit einem span­nen­den Fall hat­te sich das OLG Ham­burg in seinem ger­ade nicht ganz neuen, ger­ade aber recht umfänglich disku­tierten Urteil vom 25.11.2004, AZ 5 U 22/04 zu beschäfti­gen.

Bekan­nter­maßen haben Kun­den beim Kauf von Waren im Wege des Fern­ab­satzes (Tele­fon, Inter­net, Fax etc.) ein Wider­rufs- bzw. Rück­gaberecht. Diese an sich im Sinne des Ver­brauch­er­schutzes begrüßenswerte Möglichkeit führt aber in Extrem­fällen dazu, dass sich Kun­den erst ein­mal eine ganze Palette von Waren ins Haus schick­en lassen, um immer wieder zurück­zusenden und nur sel­ten ein­mal Waren zu behal­ten. Der Ver­sand­händler sieht hierin ver­ständlicher­weise einen Miss­brauch. Im vom Gericht entsch­iede­nen Fall brachte der Ver­sand­händler Otto vor, einzelne Kun­den hät­ten regel­rechte “Mod­en­schauen” ver­anstal­tet.

Daraufhin wurde eini­gen Kun­den schriftlich angekündigt, die Geschäfts­beziehung zu been­den, falls keine Änderung im Bestel­lver­hal­ten ein­tritt. Die Ver­braucherzen­trale Sach­sen klage gegen dieses Vorge­hen. Darf der Händler nun die Geschäfts­beziehung zu einem Hochre­tournier­er been­den oder ihm diese Beendi­gung ankündi­gen?

Das OLG Ham­burg meint, dass dies zuläs­sig sei. Es läge hier ins­beson­dere kein wet­tbe­werb­swidriges Ver­hal­ten vor. Natür­lich sieht sich der Kunde einem Druck aus­ge­set­zt, sein geset­zlich ver­brieftes Recht auf Rück­gabe nicht auszuüben. Ander­er­seits sei es aber dem Ver­sand­händler auch kaum zuzu­muten, eine unrentable Geschäfts­beziehung weit­er fortzuset­zen. Die Ankündi­gung sei im Fall das mildeste Mit­tel, dem Kun­den dies mitzuteilen.

Ins­beson­dere – und das ist ein inter­es­san­ter Aspekt – hat das Gericht auch unter daten­schutzrechtlichen Aspek­ten keine Bedenken gegen das Vorge­hen Ottos: immer­hin müssen die Dat­en über den Ver­lauf der zurück­liegen­den Geschäfts­beziehung ja gespe­ichert und ver­glichen wer­den, damit der Ver­sand­händler seine Schlüsse ziehen kann.

Ich bin davon überzeugt, dass das OLG völ­lig richtig entsch­ieden hat. Natür­lich ist der Ver­brauch­er­schutz ein hohes Gut. Ein weit­eres ger­adezu kon­sti­tu­tives Prinzip unser­er Recht­sor­d­nung ist aber die Ver­trags­frei­heit. Und das bet­rifft auch die neg­a­tive Frei­heit, einen Ver­trag eben nicht abzuschließen. Die Verknüp­fung der Entschei­dung über den Abschluss an weit­ere Über­legun­gen, eben auch die ver­gan­genen Erfahrun­gen, muss hier eben­so zuläs­sig sein.

Kon­se­quenter­weise kri­tisiert die Ver­braucherzen­trale Sach­sen in ein­er Pressemit­teilung das Urteil. Zu Unrecht. Ins­beson­dere die dort gegebe­nen Argu­mente, Otto sollte doch um jeden Kun­den froh sein, der trotz Krise des Ver­sand­han­dels dort noch bestelle, sind zwar richtig, für die juris­tis­che Betra­ch­tung aber irrel­e­vant.

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