Gestern brach eine Refererspam-Welle (Anm: man schreibt das tatsächlich Referer, nicht Referrer, ich habe mich informiert) für dubiose Medikamente, gesteuert von indonesischen und mexikanischen Zombie-Rechnern über das Law-Blog herein. Natürlich haben wir uns gewehrt — mit technischen Mitteln. Die Auswahl, Installation, Konfiguration und das Herstellen der Interoperabilität und Testen der notwendigen Plugins — es sind hiesig vier Stück — hat mich immerhin eine halbe Nacht, Augenringe und eine Beinahe-Herzattacke wegen der zwischenzeitlich nicht erreichbaren WordPress-Installation gekostet. Ich finde das ist ein stolzer Preis.
Der Kampf gegen Kommentar‑, Trackback- und nun eben auch Referer-Spam gleicht inzwischen also einem Wettrüsten bis an die Zähne. Da stellt sich für den Juristen natürlich die Frage: kann man den Kampf nur mir technischen Mitteln führen oder gibt es da auch rechtliche Möglichkeiten (wenn auch nur theoretische, ich gebe mich keinen Illusionen über die Ermittelbarkeit der Täter hin)? Wie kann man dem beikommen?
M.E. ist es nicht einfach, am Referer-Spamming „als solchem“ ansetzen. Es ist zunächst nicht verboten, eine fremde Webseite anzusurfen und dort einen Referrer zu hinterlassen. Man kann das auch durch eine Maschine erledigen lassen, nichts anderes machen Feedreader.
Anders mag das aussehen, wenn das Spamming massenhaft geschieht und dabei ernsthaft die Erreichbarkeit einer Seite bzw. das Bandbreitenlimit gefährdet. Zumindest bei einer kommerziellen Seite kommt hier wohl ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht; die Seite ist schließlich Produktions- und Werbemittel. Bei privaten Seiten muss man erfinderisch sein, aber vielleicht kann man die Selbstdarstellung auf einer Webseite als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begreifen. Ich halte das für möglich.
Leider sind das zivilrechtliche Ansprüche und es wird schwer, die gegen irgendwelche Leute durchzusetzen, die von Gottweißwo Zombi-Rechner in Mexiko fernsteuern. Hier wären strafrechtliche Ermittlungen angebracht. Strafrechtlich relevante Sachverhalte liegen sicherlich beim Fernsteuern der Zombie-Rechner vor. Nach deutschem Recht kommt hier die §§ 202a, 303a, 303b StGB u.a. in Betracht; wenn man länger sucht wird man noch mehr Ansatzpunkte finden.
Natürlich kann man bei Spam weiterhin am Inhalt ansetzten, der Spam hat ja im Allgemeinen werblichen Hintergrund. Hier kommen im Fall von Medikamenten natürlich die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes in Betracht; gern genommen sind auch die Vorschriften über unerlaubte Werbung für Glücksspiele, Werbung für Pornographie etc.
Gerade bei Referrer-Spam stellt sich natürlich die Frage, ob er überhaupt „Werbung“ ist, er wird ja nicht veröffentlicht, findet sich i.A. bloß in Logfiles und Statistiken. Allerdings – und ich meine das reicht – werden die zumindest vom Webmaster gelesen. Es ist dann eben eine Werbung mit sehr kleinem Zielpublikum, sozusagen Direct Marketing. Außerdem gibt es ja aber auch ganz Verrückte, die ihre Backlinks aus den Logstatistiken klauben und in einem Linkdump oder gar auf der Hauptseite veröffentlichen. Wozu das gut sein soll ist mir zwar unklar, aber jedenfalls würde es Referrer-Spam eine Plattform bieten, der ihn einer Öffentlichkeit zuführt.
Wenn dem so ist, dann wären natürlich – und das soll das Ende meiner launigen Betrachtungen sein – auch die Vorschriften des Wettbewerbsrechts anwendbar. Konkurrenten der Spam-Versender – und das wäre im Fall von Arzneimittelwerbung im Zweifel jede Apotheke – könnten also Unterlassungsansprüche geltend machen. Und das unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung sogar gegen die Betreiber der Rechner, von denen die Angriffe stammen.
Und die lassen sich ermitteln.
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