Online Erpressung und Google-Geiselnahme

Onlinerecht | 3. Mai 2006
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Das Inter­net ist eine tolle Sache. Wer eine Infor­ma­tion sucht, mit seinem Blog eine Öffentlichkeit oder am Son­ntag ein Buch, der wird dies – neben vie­len anderen Din­gen – hier find­en. Aber das Netz ist ein Born der Freude, ein Hort der Lebenslust auch für Men­schen und Unternehmen, die eher weniger willkomme­nen Aktiv­itäten nachge­hen. Das begin­nt bei unser­iösen Ver­tragsange­boten und hört bei weit ern­steren Delik­ten noch lange nicht auf.

Eine inter­es­sante Masche ist die Geisel­nahme von Google zur Erpres­sung von um ihren guten Ruf besorgten Men­schen und Unternehmen. Denn sehr häu­fig ist es heute doch so, dass man den Namen ein­er neuen Bekan­ntschaft, eines möglichen Arbeit­nehmers oder auch des Chefs schnell mal googled. Da ist es dann doch ver­drießlich, wenn eine solche Recherche Ergeb­nisse bringt, die ein schlecht­es Licht auf die betr­e­f­fende Per­son oder das betr­e­f­fende Unternehmen wer­fen.

Aus diesem Umstand lässt sich Geld machen. Das kann etwa so ausse­hen wie in der Email, die dem Law-Blog heute ins Haus flat­terte:

Sehr geehrter Herr Recht­san­walt!

In unserem Forum wird angezeigt, dass Sie einen unser­er User hin­ter­gan­gen haben sollen. Bitte nutzen Sie die Such­funk­tion in unserem Forum (Webadresse) und nehmen Sie Stel­lung. Anson­sten rech­nen Sie damit, dass man Sie in Zukun­ft bei Google unter Ihrer Fir­mierung law-blog.de ganz oben find­et, wenn man nach Gang­ster, Anwalt und law-blog.de sucht.

Bitte nehmen Sie dies als ern­ste War­nung. Bei (Name) herrscht Recht und Ord­nung. Helfen Sie mit! Das gilt auch als Anwalt!

Auf dem Fuße fol­gt natür­lich der eigentliche Grund der Mail:

Stre­ichung des Foren­beitrages zu law-blog.de gegen Ein­malzahlung: Soll­ten Sie Inter­esse haben, dass wir den User-Kom­men­tar stre­ichen ist dies nur durch die Zahlung eines Unkosten­beitrages real­isier­bar. Anfra­gen mit Gebot in Euro bitte an (Emailadresse). Wir wer­den nach Geldein­gang den Artikel zu law-blog.de sper­ren lassen.

Das ist natür­lich nichts weit­er als eine Erpres­sung:

§ 253 — Erpres­sung

(1) Wer einen Men­schen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Dro­hung mit einem empfind­lichen Übel zu ein­er Hand­lung, Dul­dung oder Unter­las­sung nötigt und dadurch dem Ver­mö­gen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Drit­ten zu Unrecht zu bere­ich­ern, wird mit Frei­heitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geld­strafe bestraft. (…)

Die Dro­hung mit einem „empfind­lichen Übel“ kann auch in einem Unter­lassen beste­hen, wenn der Täter – aus der Sicht des Opfers – insoweit Herr des Geschehens zu sein scheint, dass Her­beiführung oder Ver­hin­derung des ange­dro­ht­en Nachteils in sein­er Macht ste­ht. Hier also: wenn der Täter es in der Hand hat, einen tat­säch­lich oder ver­meintlich neg­a­tiv­en Beitrag zu löschen.

Das ganz beson­ders Span­nende am vor­liegen­den Fall: das Forum, auf das die Mail ver­weist, weist eine Beteili­gung an diesen Emails von sich:

Vor­sicht Spam­mails im Namen von (Name). Auf­grund der aktuellen Sit­u­a­tion möcht­en wir uns für Spam­mails die durch Unbekan­nte in unserem Namen versendet wer­den entschuldigen. Soll­ten Sie auch eine Mail mit fol­gen­dem, oder ähn­lichem Inhalt bekom­men haben eracht­en Sie sie bitte als gegen­stand­s­los. Diese Mails wer­den ein­deutig durch Fir­men ver­schickt die sich bei uns im Forum wiederfind­en. (…)

Das Ganze scheint mir jeden­falls ein Fall für die Staat­san­waltschaft zu sein.

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