Rechtsdienstleistungsgesetz — juristische Beratung durch Nichtjuristen?

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Die Bun­desregierung hat heute den Entwurf eines Geset­zes zur Neuregelung des Rechts­ber­atungsrechts beschlossen. Mit dieser grundle­gen­den Reform soll das gel­tende Rechts­ber­atungs­ge­setz voll­ständig aufge­hoben und durch das neue Rechts­di­en­stleis­tungs­ge­setz (RDG) abgelöst wer­den. Das Gesetz soll Mitte 2007 in Kraft treten, es bedarf nicht der Zus­tim­mung durch den Bun­desrat. Das bis heute gel­tende Rechts­ber­atungs­ge­setz hat­te schon deshalb einen schlecht­en Ruf, weil es aus dem Jahr 1935 stammt.

Was bleibt

Wer umfassend rechtlich berat­en will, muss Volljurist sein, d. h. zwei juris­tis­che Staa­tex­am­i­na bestanden haben.

Was sich ändert

Rechts­di­en­stleis­tun­gen dür­fen kün­ftig auch von Nichtjuris­ten erbracht wer­den, wenn sie als Neben­leis­tung zum Berufs- oder Tätigkeits­bild oder zur voll­ständi­gen Erfül­lung der mit der Haupt­tätigkeit ver­bun­de­nen Pflicht­en gehören.

Mit dem zukün­fti­gen Rechts­di­en­stleis­tungs­ge­setz will die Bun­desregierung eine „zeit­gemäße, europafeste Regelung“ für nich­tan­waltliche Rechts­di­en­stleis­tun­gen schaf­fen. Dabei soll der „Kern­bere­ich der rechtlichen Beratung und Vertre­tung“ weit­er­hin den allein Recht­san­wältin­nen und Recht­san­wäl­ten vor­be­hal­ten bleiben. Ander­er­seits sollen aber Tätigkeit­en, bei denen Rechts­di­en­stleis­tun­gen nur eine „unter­ge­ord­nete Rolle spie­len“, nicht zugun­sten der Anwaltschaft monop­o­lisiert bleiben, so heißt es im jüng­sten Newslet­ter des Bun­desmin­is­teri­ums der Jus­tiz BMJ.

Zur Begrün­dung führt Bun­desjus­tizmin­is­terin Brigitte Zypries an:

Im heuti­gen Wirtschaft­sleben bleibt kaum eine geschäftliche Tätigkeit ohne rechtliche Auswirkun­gen. Deshalb sollen Rechts­di­en­stleis­tun­gen, die lediglich Neben­leis­tun­gen darstellen, für alle unternehmerisch täti­gen Per­so­n­en zuläs­sig sein

Hierzu einige Überlegungen

  1. Nur der Anwalt ist geset­zlich dazu verpflichtet, die Inter­essen seines Man­dan­ten — und nur diese — unab­hängig wahrzunehmen. Seine Ver­schwiegen­heit­spflicht ist umfassend und geset­zlich geregelt. Er hat ein Zeug­nisver­weigerungsrecht.
  2. Da auch Anwälte nicht frei von Fehlern sind, wer­den sie nur gegen Nach­weis ein­er beste­hen­den Haftpflichtver­sicherung zuge­lassen. Auch das unter­schei­det Anwälte von son­sti­gen Beratern.
  3. Man darf sich fra­gen, ob die rechtlichen Auswirkun­gen ein­er geschäftlichen Tätigkeit nur deshalb weniger gravierend sein sollen, weil sie „lediglich eine Neben­leis­tung“ ist.

Beispiel: Die Mitwirkung bei ein­er Kündi­gung eines Ver­sicherungsver­trages durch einen Finanz­di­en­stleis­tungs­ber­ater wird als „Neben­leis­tung“ behan­delt. Auf den ersten Blick ist daran wenig auszuset­zen, warum sollte man dafür einen Anwalt beauf­tra­gen. Auf den zweit­en Blick begin­nt man zu über­legen, ob neben der reinen Ver­trags­beendi­gung auch alle sekundären Fol­gen dieser Neben­tätigkeit für jed­er­mann erkennbar sind. Es kön­nen Auss­chlussfris­ten für die Gel­tend­machung von Ansprüchen zu laufen begin­nen. Han­delt es sich bei dem Ver­trag z. B. um eine pri­vate Kranken­ver­sicherung, kann die Kündi­gung den Ver­lust sog. Alter­srück­stel­lun­gen bewirken, etc.

Aber auch Anwälte kön­nen pos­i­tiv denken: da ist viel Stre­it­po­ten­tial zu sehen und das bringt den Anwäl­ten einen Teil der Arbeit zurück, die ihnen kün­ftig genom­men wer­den kann.

Darüber hin­aus soll kün­ftig die unent­geltliche Rechts­ber­atung möglich sein, was nach der hier vertrete­nen Auf­fas­sung ohne Ein­schränkung zu begrüßen ist.

Dass unent­geltliche Rechts­ber­atung im Fam­i­lien- und Fre­un­deskreis bis zum Inkraft­treten der Neuregelung nicht zuläs­sig ist, wird — man darf dessen sich­er sein — den Fam­i­lien- und Fre­un­deskreisen der aller­meis­ten Anwälte erst durch die Aufhe­bung des Ver­bots bewusst. Wom­öglich auch den Anwäl­ten.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Selbstanzeige und Nachversteuerung

Dieses Thema hat mit den sonst hier oft behandelten Themen des Geistigen Eigentums und des Datenschutzes nur insoweit zu tun, als es sich in die Öffentlichkeit drängte, als ein Mitarbeiter einer Liechtensteiner Bank eine CD mit Kundendaten an den deutschen Fiskus verkaufte. Wie man heute weiß, war zumindest der Ankauf der Daten und die Verwendung in Steuerstrafverfahren rechtlich zulässig –...

BGH zu Offenbarungspflichten von Anwälten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zur Frage der Verpflichtung des Rechtsanwalts, auf Mandatsbeziehungen zum Gegner der von ihm vertretenen Partei hinzuweisen, ein Grundsatzurteil erlassen (Urteil v. 08.11.2007 - Az. IX ZR 5/06). Danach gilt (wie bisher), dass die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechtsanwalt voraussetzt. Der BGH hat entschieden, dass Umstände, die...