Rechtsdienstleistungsgesetz — juristische Beratung durch Nichtjuristen?

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Die Bun­des­re­gie­rung hat heu­te den Ent­wurf eines Geset­zes zur Neu­re­ge­lung des Rechts­be­ra­tungs­rechts beschlos­sen. Mit die­ser grund­le­gen­den Reform soll das gel­ten­de Rechts­be­ra­tungs­ge­setz voll­stän­dig auf­ge­ho­ben und durch das neue Rechts­dienst­leis­tungs­ge­setz (RDG) abge­löst wer­den. Das Gesetz soll Mit­te 2007 in Kraft tre­ten, es bedarf nicht der Zustim­mung durch den Bun­des­rat. Das bis heu­te gel­ten­de Rechts­be­ra­tungs­ge­setz hat­te schon des­halb einen schlech­ten Ruf, weil es aus dem Jahr 1935 stammt.

Was bleibt

Wer umfas­send recht­lich bera­ten will, muss Voll­ju­rist sein, d. h. zwei juris­ti­sche Staat­ex­ami­na bestan­den haben.

Was sich ändert

Rechts­dienst­leis­tun­gen dür­fen künf­tig auch von Nicht­ju­ris­ten erbracht wer­den, wenn sie als Neben­leis­tung zum Berufs- oder Tätig­keits­bild oder zur voll­stän­di­gen Erfül­lung der mit der Haupt­tä­tig­keit ver­bun­de­nen Pflich­ten gehö­ren.

Mit dem zukünf­ti­gen Rechts­dienst­leis­tungs­ge­setz will die Bun­des­re­gie­rung eine „zeit­ge­mä­ße, euro­pa­fes­te Rege­lung“ für nicht­an­walt­li­che Rechts­dienst­leis­tun­gen schaf­fen. Dabei soll der „Kern­be­reich der recht­li­chen Bera­tung und Ver­tre­tung“ wei­ter­hin den allein Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­ten vor­be­hal­ten blei­ben. Ande­rer­seits sol­len aber Tätig­kei­ten, bei denen Rechts­dienst­leis­tun­gen nur eine „unter­ge­ord­ne­te Rol­le spie­len“, nicht zuguns­ten der Anwalt­schaft mono­po­li­siert blei­ben, so heißt es im jüngs­ten News­let­ter des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz BMJ.

Zur Begrün­dung führt Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Bri­git­te Zypries an:

Im heu­ti­gen Wirt­schafts­le­ben bleibt kaum eine geschäft­li­che Tätig­keit ohne recht­li­che Aus­wir­kun­gen. Des­halb sol­len Rechts­dienst­leis­tun­gen, die ledig­lich Neben­leis­tun­gen dar­stel­len, für alle unter­neh­me­risch täti­gen Per­so­nen zuläs­sig sein

Hierzu einige Überlegungen

  1. Nur der Anwalt ist gesetz­lich dazu ver­pflich­tet, die Inter­es­sen sei­nes Man­dan­ten — und nur die­se — unab­hän­gig wahr­zu­neh­men. Sei­ne Ver­schwie­gen­heits­pflicht ist umfas­send und gesetz­lich gere­gelt. Er hat ein Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht.
  2. Da auch Anwäl­te nicht frei von Feh­lern sind, wer­den sie nur gegen Nach­weis einer bestehen­den Haft­pflicht­ver­si­che­rung zuge­las­sen. Auch das unter­schei­det Anwäl­te von sons­ti­gen Bera­tern.
  3. Man darf sich fra­gen, ob die recht­li­chen Aus­wir­kun­gen einer geschäft­li­chen Tätig­keit nur des­halb weni­ger gra­vie­rend sein sol­len, weil sie „ledig­lich eine Neben­leis­tung“ ist.

Bei­spiel: Die Mit­wir­kung bei einer Kün­di­gung eines Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges durch einen Finanz­dienst­leis­tungs­be­ra­ter wird als „Neben­leis­tung“ behan­delt. Auf den ers­ten Blick ist dar­an wenig aus­zu­set­zen, war­um soll­te man dafür einen Anwalt beauf­tra­gen. Auf den zwei­ten Blick beginnt man zu über­le­gen, ob neben der rei­nen Ver­trags­be­en­di­gung auch alle sekun­dä­ren Fol­gen die­ser Neben­tä­tig­keit für jeder­mann erkenn­bar sind. Es kön­nen Aus­schluss­fris­ten für die Gel­tend­ma­chung von Ansprü­chen zu lau­fen begin­nen. Han­delt es sich bei dem Ver­trag z. B. um eine pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung, kann die Kün­di­gung den Ver­lust sog. Alters­rück­stel­lun­gen bewir­ken, etc.

Aber auch Anwäl­te kön­nen posi­tiv den­ken: da ist viel Streit­po­ten­ti­al zu sehen und das bringt den Anwäl­ten einen Teil der Arbeit zurück, die ihnen künf­tig genom­men wer­den kann.

Dar­über hin­aus soll künf­tig die unent­gelt­li­che Rechts­be­ra­tung mög­lich sein, was nach der hier ver­tre­te­nen Auf­fas­sung ohne Ein­schrän­kung zu begrü­ßen ist.

Dass unent­gelt­li­che Rechts­be­ra­tung im Fami­li­en- und Freun­des­kreis bis zum Inkraft­tre­ten der Neu­re­ge­lung nicht zuläs­sig ist, wird — man darf des­sen sicher sein — den Fami­li­en- und Freun­des­krei­sen der aller­meis­ten Anwäl­te erst durch die Auf­he­bung des Ver­bots bewusst. Womög­lich auch den Anwäl­ten.

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