CBD-Händler: Immer mit einem Bein im Gefängnis? — BGH bestätigt hohe Haftstrafen für Handel mit Cannabidiol

© cendeced/stock.adobe.com
Betäubungsmittelrecht | 27. Oktober 2022
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

CBD-Pro­duk­te boomen in Deutsch­land, die Lib­er­al­isierungspläne der Bun­desregierung befeuern diese Entwick­lung zusät­zlich. Allerd­ings ist es ein weit ver­bre­it­eter Irrglaube, dass sich CBD-Händler aktuell in ein­er rechtlichen Grau­zone bewegten. Ein aktuelles Urteil des BGH zeigt: Naiv­ität und Nach­läs­sigkeit kön­nen direkt ins Gefäng­nis führen.

Der Bun­des­gericht­shof (BGH) hat­te in Ver­fahren gegen zwei Angeklagte zu entschei­den, die wegen Han­dels mit Cannabid­i­ol vom Landgericht Berlin zu hohen Frei­heitsstrafen verurteilt wor­den waren. Als auch Deutsch­lands ober­ste Strafrichter in Karl­sruhe die harten Strafen wegen des Verkaufs von CBD-Blüten bestätigten (BGH, Beschl. v. 23.06.2022, Az. 5 StR 490/21) wurde das in den Medi­en über­rascht, zum Teil auch empört aufgenom­men.

Doch das Urteil des 5. Straf­se­n­ats des Bun­des­gericht­shofs kam nicht wirk­lich über­raschend. CBD-Blüten wer­den nach aktueller Geset­zes­lage als Betäubungsmit­tel im Sinne des Betäubungsmit­telge­set­zes (BtMG) ein­ge­ord­net. Wenn ihr Wirk­stof­fge­halt unter­halb von 0,2 % THC liegt, kön­nen sie unter eine Aus­nah­mevorschrift fall­en, so dass der Han­del erlaubt sein kann.

Um aber  tat­säch­lich damit straf­los Han­del treiben zu dür­fen, muss außer­dem nach gel­ten­dem Recht „jeglich­er Miss­brauch zu Rauschzweck­en sich­er aus­geschlossen“ sein. Wie bere­its 2021 bei einem Han­f­tee-Pro­dukt (BGH, Urt. v. 24. 03.2021, Az. 6 StR 240/20) sah der BGH diese Voraus­set­zung auch in der jet­zt entsch­iede­nen Kon­stel­la­tion nicht als gegeben an: Denn wenn man die CBD-Blüten erhitzen würde, kön­nte weit­eres THC freige­set­zt wer­den und bei Kon­sumenten einen Cannabis­rausch erzeu­gen.

Die Gerichte setzen nur geltendes Recht um

Auch das Argu­ment, die Verurteilung wegen des Han­dels mit CBD-Blüten stelle einen Ver­stoß gegen die euro­parechtliche Waren­verkehrs­frei­heit (Art. 34 AEUV) dar, weil die Blüten in Spanien legal pro­duziert wur­den, wies der BGH zurück. CBD-Blüten seien Sucht­stoffe, deren Han­del per se ver­boten sei. Die Waren­verkehrs­frei­heit sei deshalb gar nicht ein­schlägig, die Recht­slage so klar, dass die Richter auch keinen Anlass sahen, den Europäis­chen Gericht­shof anzu­rufen.

Der BGH bleibt damit bei sein­er Lin­ie, die sowohl inner­halb der Branche als auch in den Medi­en von vie­len als sehr streng emp­fun­den wird. Der hohen Frei­heitsstrafe von drei Jahren und neun Monat­en, zu der der Haup­tangeklagte verurteilt wurde, lag allerd­ings neben dem Vor­wurf des ban­den­mäßi­gen Han­del­treibens mit Betäubungsmit­teln in nicht geringer Menge auch der verse­hentliche (!) Besitz von ins­ge­samt knapp 20kg klas­sis­chen Cannabis‘ zugrunde.

Zudem ist es wed­er dem BGH noch den Gericht­en der unteren Instanzen anzu­las­ten, dass sie beste­hende Geset­ze anwen­den. Der Ball liegt vielmehr beim Geset­zge­ber: Es braucht einen prak­tik­ablen Recht­srah­men für den Han­del mit CBD-Pro­duk­ten.

CBD-Händler: Die Rechtsprechung in der Vertriebsstrategie umsetzen

Solange dieser nicht kommt, müssen CBD-Händler weit­er­hin damit rech­nen, dass das Urteil des BGH zu ver­stärk­ten Kon­trollen seit­ens der zuständi­gen Strafver­fol­gungs­be­hör­den führt. In den ver­gan­genen Wochen wur­den bun­desweit Betriebe und Geschäfte von CBD-Händlern kon­trol­liert – keineswegs nur ein­schlägige Head­shops, son­dern auch etablierte Han­del­sun­ternehmen. Ermit­tlungsver­fahren wur­den ein­geleit­et, es kam es auch zu umfassenden Beschlagnah­men.

Unternehmen, die Han­del mit CBD-Pro­duk­ten betreiben oder den Ein­tritt in diesen wirtschaftlich lukra­tiv­en Markt pla­nen, soll­ten der aktuellen Entschei­dung aus Karl­sruhe daher zweier­lei ent­nehmen: Nach­läs­sigkeit oder Naiv­ität kön­nen im Bere­ich CBD unverän­dert zu mas­siv­en strafrechtlichen Kon­se­quen­zen führen. Sorgsam pla­nen­den Unternehmen hinge­gen bietet jedes weit­ere BGH-Urteil die Möglichkeit, die immer klar­er kon­turi­erten höch­strichter­lichen Vor­gaben in ihrer Ver­trieb­sstrate­gie umzuset­zen.

Der Autor Gero Wilke ist Fachan­walt für gewerblichen Rechtss­chutz und berät Groß- und Einzel­han­del­sun­ternehmen hin­sichtlich der einzuhal­tenden wet­tbe­werb­srechtlichen und spezialge­set­zlichen Vor­gaben ins­beson­dere im Tabak‑, Lebens­mit­tel- und Kos­metikrecht. https://www.linkedin.com/in/gerowilke/

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

IT-Recht 26. September 2024

Die NIS2-Richtlinie und der Mittelstand: Ein Sturm im Wasserglas oder das nächste große Ding?

Cyber-Bedrohungen bergen längst auch für mittelständische Unternehmen erhebliche, ganz reale und sehr teure Risiken. Die NIS2-Richtlinie soll Unternehmen und öffentliche Einrichtungen widerstandsfähiger gegen Cyberangriffe machen. Viele mittelständische Unternehmen sind von der Richtlinie betroffen – oder sollten sich ihre Ziele freiwillig zu eigen machen.   Die NIS2-Richtlinie (Richtlinie über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in...

Datenschutz 27. Juni 2024

Handelsregister: Kein Datenschutz für Gesellschafter, Geschäftsführer und Kommanditisten?

Spätestens seit das Handelsregister für alle einsehbar ist, würden viele Personen die dort über sie genannten Informationen gern einschränken. Doch nachdem der BGH entschied, dass kein Anspruch auf Löschung persönlicher Daten wie Geburtsdatum und Wohnort besteht, lehnte das OLG München nun sogar Korrekturen solcher Infos ab, die das Gesetz gar nicht vorschreibt.   Seit das Handelsregister kostenlos und ohne Registrierung...