Eltern haften für ihre Kinder — Störerhaftung reloaded

Onlinerecht | 10. Oktober 2006
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In der ZUM 2006, 661–662 wird eine inter­es­san­ter Beschluss des Landgerichts Ham­burg (vom 21.04.2006, AZ 308 O 139/06) veröf­fentlicht. Die Entschei­dung zeigt, dass die Befürch­tung, die Rechts­fig­ur der Stör­erhaf­tung werde in zunehmend ausufer­n­der Weise ange­wandt, wohl berechtigt ist. Anlässlich der (später ergan­genen) WLAN-Entschei­dung des Landgerichts Ham­burg hat­te das Law-Blog ja ähn­lich­es schon ver­mutet: wenn die Büchse der Pan­do­ra erst ein­mal geöffnet ist, lässt sie sich kaum wieder schließen.

Zum konkreten Fall: Eine Fün­fzehn­jährige hat­te in File­shar­ing-Sys­te­men in Inter­net rechtswidrig Musikauf­nah­men bere­it­gestellt. Der Vater der Min­der­jähri­gen wurde zur Unter­las­sung aufge­fordert, eine entsprechende Erk­lärung auch abgegeben. Im Nach­gang stritt man sich um die Kosten. Zu deren Tra­gung wurde der Vater verurteilt, denn der ursprünglich gel­tend gemachte Unter­las­sungsanspruch habe (wohlge­merkt: ihm gegenüber) bestanden. Begrün­det wird das über die Stör­erhaf­tung.

Nun gibt es keine Stör­erhaf­tung ohne die Ver­let­zung von Prüf­pflicht­en. Die sah das Gericht aber schon in der Über­las­sung des ver­wen­de­ten Com­put­ers und Interzu­gangs begrün­det. Das gelte ins­beson­dere dann, wenn die Über­las­sung an Jugendliche oder Kinder erfol­gt. Denn ger­ade bei diesen könne das Unrechts­be­wusst­sein für Rechtsver­let­zun­gen im Inter­net möglicher­weise noch nicht hin­re­ichend entwick­elt sein. Dem Vater sei es ins­beson­dere auch möglich und zumut­bar, Maß­nah­men zur Ver­hin­derung von Rechtsver­let­zun­gen zu tre­f­fen. In Betra­cht komme etwa die Ein­rich­tung ver­schieden­er Benutzerkon­ten mit teil­weise lim­i­tierten Recht­en, die Ein­rich­tung ein­er Fire­wall etc. So ein Erziehungs­berechtigter hier­für tech­nisch nicht ver­siert genug sei, müsse er sich fachkundi­ger Hil­fe bedi­enen.

So ein­fach ist das. Bei genü­gend flex­i­bler Hand­habung lässt sich mit Hil­fe der Fig­ur der Stör­erhaf­tung prak­tisch jedes gewün­schte Ergeb­nis erre­ichen. Da darf man Eltern viel Spaß bei der lück­en­losen Kon­trolle des Nach­wuch­ses wün­schen.

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