Vielleicht standen Sie auch schon mal vor folgender Situation: Sie sitzen mit sieben, acht Freunden gemeinsam im Restaurant. Es wird gegessen, ein paar Weinchen werden getrunken, hier und da ein Espresso, dort ein Averna; vorher gab’s einen Aperitiv, hinterher Desserts für die Süßmäuler.
Als sie zahlen wollen teilt der Kellner ihnen mit, dass im Hause die Tische nur insgesamt abkassiert werden, eine Aufteilung nach den einzelnen Personen wäre nicht möglich. Das ist verdrießlich: die Menge des Konsumierten war vermutlich ganz unterschiedlich: manche der Gäste sind sternhagelblau, andere hatten nur ein kleines Wasser; manche sind dick und rund, die Damen dagegen auf Diät. Einfach nur durch acht teilen ist also nicht „gerecht“ (was immer das hier heißen mag). Aber im eher angeheiterten Zustand, ohne Taschenrechner, ohne Karte und so auf die Schnelle ist das detaillierte Ausrechnen der zu prellenden Zeche der jeweils beteiligten Konsumenten auch schwierig. Aber irgendwie klappt’s dann ja doch und alles regelt sich.
Nur als Jurist – damit naturgemäß Störenfried – fragt man sich: dürfen die das überhaupt, auf gemeinsamer Zahlung bestehen?
Natürlich ist mir klar, dass ein ernsthaftes Interesse des Wirts besteht, eben nicht Speisen und Getränke für jeden Gast einzeln aufdröseln zu müssen: das kostet Zeit und Mühe. Andererseits zeigt die Praxis, dass es geht. Viele Restaurants bieten diesen Service, wenn auch vielleicht widerstrebend – wobei der Widerwille in der Regel durch das vervielfachte Trinkgeld für den Kellner besänftigt wird. Aber was ist mit dem Rest: was wäre denn der rechtliche Hintergrund des gemeinsamen Abkassierens?
Grundlage der Entgeltforderung des abkassierenden Etablissements ist der Bewirtungsvertrag. Das ist ein typengemischter Vertrag mit kauf‑, dienst- und mietvertraglichen Elemente, beim genaueren Hinsehen findet sich sicher auch noch mehr. Die genaue Einordnung kann hier aber dahinstehen: es geht ja um den Primäranspruch, die Zeche.
Der Vertrag als solcher wird nicht mit „dem Tisch“ geschlossen – soweit ich weiß, haben Tische keine eigene Rechtspersönlichkeit. Stattdessen muss sich das Restaurant an die Protagonisten in Form der Gäste halten. Die schließen aber jeder einen gesonderten Vertrag mit dem Restaurant und schulden daher auch jeder einzeln das jeweilige – korrekt vom Restaurant zu berechnende — Entgelt. Eine irgendwie geartete gesamtschuldnerische Haftung – nach der das Restaurant sich an einen der Gäste halten könnte, der dann zusehen müsste, wie er sein Geld von den anderen zurückerhält – ist jedenfalls auf den ersten Blick nicht recht ersichtlich.
Vielleicht wäre das Ergebnis ja irgendwie durch Einbeziehung von AGB möglich, auch wenn ich es bezweifele; aber mit ist auch noch keine Kneipe aufgefallen, die überhaupt AGB verwendet. Oder kennen Sie eine Speisekarte, auf der steht „alle Geschäfte erfolgen auf Grundlage unserer an der Theke aushängenden AGB“? Das einzige, was regelmäßig an der Theke hängt, ist der Verweis auf das Jugendschutzgesetz.
Als schlauer Wirt könnte man freilich auf den Gedanken kommen, „den Tisch“ als eine GbR zu sehen, eine Gesellschaft nach dem bürgerlichen Recht. Alles Mögliche kann bekanntermaßen eine solche GbR sein: die Lotto-Tippgemeinschaft, eine Band, die Fahrgemeinschaft. Immer braucht des dazu die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Aber reicht ein gemeinsames Essen dafür wirklich schon aus? Mir scheint das als „Zweck“ doch zu flüchtig, zu unscharf. Rechtsprechung habe ich auf die Schnelle nicht gefunden, andere Meinungen höre ich gern.
Bis auf weiteres gehe ich jedenfalls davon aus, dass der Wirt nur dann vertragstreu handelt, wenn er zumindest bereit ist, einzeln zu kassieren. Tut er es nicht, sind sie völlig im Recht, wenn sie ihm die vorstehenden Überlegungen kundgeben und auf Einzelzahlung bestehen. Wegen des peinlichen Auftritts mag es freilich sein, dass sie bald ohnehin nur noch allein im Restaurant sitzen. Wer will schon ständig renitenten Besserwissern Gesellschaft leisten.
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