Der BGH bestätigt seine harte Linie: Strafbarkeit bei CBD-Handel auch bei niedrigem THC-Gehalt möglich

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Trotz aller poli­tis­chen Absichts­bekun­dun­gen hin­sichtlich ein­er Lib­er­al­isierung der Dro­gen­poli­tik bestätigte der BGH in sein­er Entschei­dung erneut eine uneingeschränkt strenge Hal­tung. Der CBD-Han­del bleibt damit weit­er­hin in Deutsch­land ohne aus­re­ichende Vorkehrun­gen und Ken­nt­nisse rechtlich riskant, erk­lärt Gero Wilke. 

Dem aktuellen Urteil des BGH lag ein Fall zugrunde, bei dem fünf Angeklagten – Mitar­beit­ern, Teil­habern und dem Geschäfts­führer eines CBD-Han­dels „Bunte Blüte“ – die Bege­hung von Betäubungsmit­tel­straftat­en vorge­wor­fen wurde. Die Urteils­gründe liegen derzeit zwar noch nicht vor, aber der vom BGH veröf­fentlicht­en Pressemit­teilung (https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/2023010.html) lassen sich die Hin­ter­gründe der Entschei­dung bere­its ent­nehmen:

Konkret wurde den Angeklagten vorge­wor­fen, größere Men­gen an CBD-Pro­duk­ten und dabei ins­beson­dere CBD-Blüten beschafft und diese teil­weise ver­trieben zu haben. Nach den Urteils­fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz war dabei davon auszuge­hen, dass die betrof­fe­nen CBD-Pro­duk­te einen THC-Gehalt aufwiesen, der unter dem im Betäubungsmit­telge­setz genan­nten Gren­zw­ert von 0,2% lag.

Dass die Ein­hal­tung des Gren­zw­erts dabei nach der Auf­fas­sung des BGH alleine nicht aus­re­icht, um die Betäubungsmit­teleigen­schaft THC-haltiger CBD-Pro­duk­te ent­fall­en zu lassen, hat­ten wir bere­its im Okto­ber 2022 aus­führlich­er erläutert (https://law-blog.de/3248/cbd-produkte-handel-blueten-backen-strafbar-thc-bgh-5-str-490–21/).

Dem Rechtsver­ständ­nis des BGH nach ist die Ein­hal­tung des Gren­zw­erts eine Voraus­set­zung der aus­nahm­sweisen Legal­ität.  Als zusät­zliche maßge­bliche Anforderung hat der BGH in seinen von uns im Blog­beitrag behan­del­ten Entschei­dun­gen vielmehr her­aus­gear­beit­et, dass nach dem Betäubungsmit­tel­recht unter Anle­gung eines stren­gen Maßstabs auch „jeglich­er Miss­brauch zu Rauschzweck­en sich­er aus­geschlossen“ sein muss.

 

Die eigene Wahrnehmung im Recht zu sein, schließt eine Strafbarkeit nicht aus

Das in der Vorin­stanz mit der Angele­gen­heit befasste Landgericht Berlin hat­te diese Vor­gaben des BGH bere­its umge­set­zt und dementsprechend die betrof­fe­nen CBD-Pro­duk­te trotz der Ein­hal­tung des Gren­zw­erts als Betäubungsmit­tel qual­i­fiziert. Den­noch hat­te es die Angeklagten vom Vor­wurf der Bege­hung von Betäubungsmit­tel­straftat­en freige­sprochen, weil diesen in sub­jek­tiv­er Hin­sicht kein strafrechtlich­es Fehlver­hal­ten nachzuweisen gewe­sen sei. So hät­ten die Angeklagten ins­beson­dere wed­er erkan­nt noch fahrläs­sig verkan­nt, dass die gehan­del­ten CBD-Pro­duk­te zu Rauschzweck­en miss­braucht wer­den kön­nten.

Gegen dieses Urteil legte die Staat­san­waltschaft Revi­sion ein, die nun zur Aufhe­bung des Urteils durch den BGH führte.

Der BGH rügte, dass die zum Freis­pruch führende Beweiswürdi­gung der Vorin­stanz rechts­fehler­haft gewe­sen sei. Ins­beson­dere habe sich das Landgericht Berlin unzure­ichend mit den Ein­las­sun­gen der Angeklagten auseinan­derge­set­zt, keine Fest­stel­lun­gen zu den per­sön­lichen Ver­hält­nis­sen und etwaigen Vorstrafen der Angeklagten getrof­fen und sich nicht aus­re­ichend damit auseinan­derge­set­zt, dass die Angeklagten mit der Aus­sage war­ben, die verkauften CBD-Pro­duk­te hät­ten ent­ge­gen der „Behaup­tung einiger selb­st ernan­nter Experten, Polizis­ten und Richter“ keine Rauschwirkung.

Zusam­men­fassend machte der BGH dem Landgericht den Vor­wurf, dieses habe es sich zu leicht gemacht, den Angeklagten ihre Gut­gläu­bigkeit bezüglich der Betäubungsmit­teleigen­schaft der betrof­fe­nen Pro­duk­te abzunehmen.

 

CBD-Händler: Vorsicht bei Aussagen zur Rechtslage

Das Urteil und die Zurück­ver­weisung der Sache an eine andere Kam­mer des Landgerichts Berlin ist allerd­ings nicht nur für die Angeklagten ein her­ber Rückschlag. Die gesamte Branche, die nach voll­mundi­gen Ankündi­gun­gen ein­er lib­eraleren Dro­gen­poli­tik bere­its in den Startlöch­ern ste­ht, erhält durch die Entschei­dung des BGH einen erneuten Dämpfer.

Bemerkenswert an der Entschei­dung des BGH ist, dass dieser – zumin­d­est nach dem Wort­laut der Pressemit­teilung – die kri­tis­che Auseinan­der­set­zung der Angeklagten in deren Wer­bung mit der Recht­sauf­fas­sung des BGH („Behaup­tung einiger selb­st ernan­nter Experten, Polizis­ten und Richter“), als Indiz für ein Han­deln trotz besser­er Ken­nt­nis auslegte.

Händler sind danach gut berat­en, bei öffentlichen Aus­sagen zur Legal­ität und Rauschwirkung ihrer Pro­duk­te große Vor­sicht wal­ten zu lassen.

Ins­ge­samt verdeut­licht die aktuelle Entschei­dung des BGH erneut, dass dieser nicht im Ansatz von der bish­eri­gen stren­gen Lin­ie abwe­icht. Diese Botschaft ist zwis­chen­zeitlich bei den Strafver­fol­gungs­be­hör­den angekom­men, so dass auch weit­er­hin damit zu rech­nen ist, dass der Han­del mit CBD-Pro­duk­ten erhe­blichen rechtlichen Risiken und einem unge­brochen hohen Ver­fol­gungs­druck aus­ge­set­zt ist.

Vor diesem Hin­ter­grund sind Händler bis auf Weit­eres gut damit berat­en, ihren Umgang mit CBD-Pro­duk­ten peni­bel an der Recht­sprechung des BGH auszuricht­en, um Gefahren und ins­beson­dere die Gefahr ein­er Straf­barkeit zu ver­mei­den.

 

Der Autor Gero Wilke ist Fachan­walt für gewerblichen Rechtss­chutz und berät Groß- und Einzel­han­del­sun­ternehmen hin­sichtlich der einzuhal­tenden wet­tbe­werb­srechtlichen und spezialge­set­zlichen Vor­gaben ins­beson­dere im Tabak‑, Lebens­mit­tel- und Kos­metikrecht. https://www.linkedin.com/in/gerowilke/

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