Beweislast für den Zugang einer Abmahnung

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Über den Zugang ein­er Abmah­nung wird häu­fig im Rah­men des § 93 ZPO gestrit­ten. Die Vorschrift regelt:

Hat der Beklagte nicht durch sein Ver­hal­ten zur Erhe­bung der Klage Ver­an­las­sung gegeben, so fall­en dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerken­nt.

Das Prob­lem tritt häu­fig auf, wenn ein Unter­las­sungsanspruch im Eil­ver­fahren durch­set­zen wer­den soll. In der Regel mah­nt der Anspruchs­berechtigte den Schuld­ner schriftlich (oder mündlich) ab und fordert ihn auf, eine straf­be­wehrte Unter­las­sungserk­lärung abzugeben, damit die Bege­hungs- oder Wider­hol­ungs­ge­fahr aus­geräumt und eine gerichtliche Entschei­dung damit obso­let wird.

Ignori­ert der Schuld­ner die Abmah­nung, gibt er Anlass zu Klage im Sinne des § 93 ZPO. Auch wenn er den Anspruch vor Gericht dann „sofort anerken­nt“, trägt er die Prozesskosten. Gestrit­ten wird dann darüber, ob der Beklagte die Abmah­nung bewusst ignori­ert hat, was deren Zugang voraus­set­zt.

Grund­sät­zlich hat der Absender ein­er Nachricht deren Zugang beim Empfänger nachzuweisen. Für den Fall der Abmah­nung wurde und wird dies von der herrschen­den Mei­n­ung, gestützt durch zahlre­iche Entschei­dun­gen, aber anders gese­hen. Es wird vertreten, dass der Abmah­nende nur hin­sichtlich der Prozesskosten­last gehal­ten ist, durch Abmah­nung zu ver­suchen, den Schuld­ner zum Ein­lenken zu bewe­gen. Er ist nicht dazu verpflichtet, die Abmah­nung ist keine Prozessvo­raus­set­zung (nach § 12 UWG „soll“ der gerichtlichen Gel­tend­machung eines Unter­las­sungsanspruchs eine Abmah­nung voraus­ge­hen, sie „muss“ nicht). Deshalb wurde es als aus­re­ichend ange­se­hen, wenn der Abmah­nende ver­sucht, eine Abmah­nung zuge­hen zu lassen. Er schuldet jedoch nicht den Erfolg des Ver­suchs, das Risiko des Zugangs trägt also der Schuld­ner.

Diese Ansicht war allerd­ings nicht unum­strit­ten, weil sie eine Abkehr von dem Grund­satz bein­hal­tet, wonach der Absender den Zugang zu beweisen hat, zumal der Beweis ein­er Nicht-Tat­sache (also des fehlen­den Zugangs oder gar der fehlen­den Absendung eines Abmahn­schreibens) regelmäßig gar nicht möglich ist.

Der BGH hat in ein­er jet­zt pub­lizierten Entschei­dung (BGH, Beschluss v. 21.12.2006, I ZB 17/06, abge­druckt in GRUR 7/2007, 629) die herrschen­den Mei­n­ung bestätigt:

Den Beklagten, der sich mit der Behaup­tung der fehlen­den Abmah­nung auf § 93 ZPO beruft, trifft grund­sät­zlich die Dar­legungs- und Beweis­last für die Voraus­set­zun­gen ein­er dem Kläger die Prozesskosten aufer­legen­den Entschei­dung nach § 93 ZPO. Der Kläger sei im Rah­men sein­er sekundären Dar­legungslast lediglich gehal­ten, sub­stanzi­iert darzule­gen, dass das Abmahn­schreiben ver­sandt wor­den sei. Könne nicht fest­gestellt wer­den, ob die Abmah­nung dem Beklagten zuge­gan­gen sei oder nicht, sei für eine Koste­nentschei­dung nach § 93 ZPO kein Raum.

Für die Prax­is bedeutet dies eine erhe­bliche Beweiser­le­ichterung. Es genügt for­t­an, das Absenden ein­er Abmah­nung zu beweisen. Hier­für genügt z. B. die Bestä­ti­gung eines Zeu­gen, der bekun­det, dass ein kor­rekt adressiert­er Brief zur Post gegeben wurde.

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