Wer eine Altbauwohnung kauft, erwartet oft besonderen Charme und allenfalls kleinere altersbedingte Schwächen. Doch welche Rechte haben Käufer, wenn die Immobilie feucht ist? Der BGH urteilt, dass auch ein Altbau sich zum Wohnen eignen muss — selbst bei bekannten Feuchtigkeitsschäden im Souterrain und einem Haftungsausschluss im Vertrag.
So schön die Vorstellung von aufwändig verlegtem Fischgrätparkett, Kastenfenstern und hohen Decken mit Stuckelementen ist — wer einen Altbau kauft, kann nach dem Einzug auch eine böse Überraschung erleben. Veraltete Haustechnik, ungenügende Dämmung, schlechte Isolierung und Schimmelbildung sind keine Seltenheit. Und nicht jede altbautypische Schwäche stellt auch einen rechtlich relevanten Sachmangel dar, der es ermöglicht, Ansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen. Für Altbauten gelten andere Regeln als für die gerade fertiggestellte Neubauwohnung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 21.06.2024 (Az. V ZR 79/23) aber klargestellt: Eine Wohnimmobilie muss sich zum Wohnen eignen — unabhängig vom Alter des Gebäudes. Ist das nicht der Fall, ist sie mangelhaft.
Bekannte Feuchtigkeitsschäden und ein Haftungsausschluss
In dem Fall, über den der BGH zu entscheiden hatte, klagten die Käufer zweier Eigentumswohnungen im Souterrain eines Altbaus auf Schadensersatz. Die Wohnungen befanden sich in einem Gebäude in Flussnähe, das 1904 erbaut und 1999 kernsaniert worden war. Wegen Feuchtigkeitsproblemen wurden in den Folgejahren nach der Kernsanierung immer wieder zusätzliche Sanierungsarbeiten durchgeführt.
Im Jahr 2017 bestätigte eine Fachfirma das Vorliegen von Feuchtigkeitsschäden im Sockelbereich und das Fehlen von Abdichtungen. Als die Käufer die Wohnungen besichtigten, waren die Böden teilweise unverschlossen, an den Außenwänden war der Putz teilweise entfernt, Probebohrungen waren sichtbar und die Erde war bis unterhalb der Drainage ausgegraben. Dennoch schlossen die Parteien den Kaufvertrag und vereinbarten einen Ausschluss der Haftung für Sachmängel.
So erwarben die Käufer die Wohnungen im Jahr 2018 zu einem Kaufpreis von 675.000 Euro. Das Exposé informierte über Feuchtemängel an einer Außenwand und wies darauf hin, dass die Sanierung auf eigene Kosten erfolgen müsse, was bei der Preiskalkulation berücksichtigt worden sei. Eine Beschaffenheitsvereinbarung wurde nicht getroffen.
Die Käufer ließen die Feuchtigkeitsschäden vereinbarungsgemäß auf eigene Kosten beseitigen. Allerdings dauerte die Sanierung ca. ein Jahr länger als geplant, sodass sich der Einzug in die Wohnungen verzögerte. Für die Kosten, die ihnen insbesondere durch das längere Anmieten der alten Wohnung entstanden, verlangten die Käufer vom Verkäufer Schadensersatz in Höhe von rund 32.500 Euro.
BGH stellt klar: Eine Wohnung muss bewohnbar sein
Die unteren Instanzgerichte wiesen die Schadensersatzansprüche der Käufer zurück: Der Zustand der Wohnungen entspreche dem üblichen und zu erwartenden Zustand eines 1904 erbauten Gebäudes. Zudem hätten die Käufer die Feuchtigkeitsschäden bereits bei der Besichtigung erkennen können. Ferner schließe der Haftungsausschluss im Kaufvertrag einen Anspruch der Käufer aus.
Der BGH stellt sich hingegen auf die Seite der Käufer. Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat macht klar, dass die vertraglich vorausgesetzte Nutzung einer Souterrainwohnung das Wohnen sei. Daraus folge, dass ein Käufer erwarten dürfe, dass die Wohnung trocken ist, selbst wenn sie sich in einem Altbau befindet.
Laut § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a.F. ist eine Sache mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wenn es keine Beschaffenheitsvereinbarung gab, kommt es darauf an, ob die Sache sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die übliche Verwendung eignet. Diese gesetzlichen Voraussetzungen für einen Sachmangel blieben auch nach der Gesetzesreform von 2022 bestehen, sodass die Entscheidung des BGH auch für heutige Fälle Relevanz hat.
Zwar erkennt der BGH an, dass bei älteren Gebäuden Feuchtigkeit in den Kellerräumen nicht immer als Sachmangel zu bewerten sei. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die Zustandsbeschreibung, den Nutzungszweck, den ersichtlichen Zustand der Wohnung und die Stärke der Feuchtigkeitserscheinungen.
Der übliche Standard sei aber nicht maßgebend, wenn eine abweichende Beschaffenheit vereinbart worden sei oder wenn die Räume trocken sein müssen, um sie so nutzen zu können, wie die Vertragsparteien es vertraglich vorausgesetzt haben. Und die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung sei eben das Wohnen: Trockene Räume seien für die Nutzung als Wohnraum unerlässlich und dürften grundsätzlich erwartet werden, so der Senat.
Haftungsausschluss bei arglistigem Verschweigen unwirksam
Auch der Haftungsausschluss stehe dem Schadensersatzanspruch der Käufer nicht entgegen, da der Verkäufer den tatsächlichen Umfang des Mangels aus Sicht des BGH bagatellisiert habe, mithin ein arglistiges Verschweigen des Verkäufers nicht ausgeschlossen werden könne. Die Hinweise im Exposé auf vereinzelte Feuchtigkeitsschäden seien geeignet gewesen, den Anschein zu erwecken, dass die restliche Wohnung trocken sei. Dies traf tatsächlich nicht zu.
Das Urteil des BGH setzt wichtige Maßstäbe für die Frage, welche Beschaffenheit ein Käufer bei Altbauten erwarten darf. Der BGH stellt klar, dass eine Wohnimmobilie, die bei Gefahrübergang erhebliche Feuchtigkeitsschäden aufweist, grundsätzlich als mangelhaft anzusehen ist. Wohnraum, der bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweist, ist in der Regel weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und damit mangelhaft — auch wenn er sich im Souterrain eines Altbaus in Flussnähe befindet.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht