EU-Richtlinie zum Schutz geistigen Eigentums II

IP Allgemein | 23. Februar 2004
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Pro­fes­sor Dr. Lenz weist ganz zu recht dar­auf hin, dass die hier bereits kurz dis­ku­tier­te EU-Richt­li­nie über die Durch­set­zung von Rech­ten an geis­ti­gem Eigen­tum inzwi­schen in einer aktua­li­sier­ten Fas­sung (via Foun­da­ti­on for a Free Infor­ma­ti­on Infra­struc­tu­re in the UK) vor­liegt. Dabei haben sich die Akzen­te gera­de hin­sicht­lich der straf- und zivil­recht­li­chen Rechts­fol­gen von Ver­let­zun­gen frem­den geis­ti­gen Eigen­tums deut­lich ver­scho­ben, sind ent­schärft wor­den.

Bezüg­lich der straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen scheint mir das sinn­voll, bezüg­lich der nun­mehr vor­ge­se­hen zivil­recht­li­chen Fol­gen mei­ne ich, dass man das Kind mit dem Bade aus­ge­schüt­tet hat. Hieß es frü­her etwa in Art. 17 des Ent­wurf:

a) ent­we­der Scha­dens­er­satz in dop­pel­ter Höhe der Ver­gü­tung oder Gebühr, die der Ver­let­zer hät­te ent­rich­ten müs­sen, wenn er die Erlaub­nis zur Nut­zung des betref­fen­den Imma­te­ri­al­gü­ter­rechts ein­ge­holt hät­te

lau­tet dies nun:

b) as an alter­na­ti­ve to (a), they may, in appro­pria­te cases, set the dama­ges as a lump sum on the basis of ele­ments such as at least the amount of royal­ties or fees which would have been due if the inf­ring­er had reques­ted aut­ho­ri­sa­ti­on to use the intellec­tu­al pro­per­ty right in ques­ti­on.

(wei­te­re Ein­zel­hei­ten bei Pro­fes­sor Dr. Lenz).

Es steht damit zu erwar­ten, dass der Scha­den­er­satz bei der Ver­let­zung von Imma­te­ri­al­gü­ter­rech­ten auch in Zukunft (haupt­säch­lich) nach der Lizenz­ana­lo­gie berech­net wer­den wird. Dabei wer­den doch mit guten Argu­men­ten schon so lan­ge pau­scha­le Ver­let­zer­zu­schlä­ge (nicht nur zuguns­ten der Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten), Gewäh­rung von Zuschlä­gen wegen der mit der Rechts­ver­let­zung ver­bun­de­nen Per­sön­lich­keits­rechts­ver­let­zung (über das “Ob” der Ver­öf­fent­li­chung) etc. dis­ku­tiert. Mit weni­gen Aus­nah­men frucht­los. Und das ist fast selbst­ver­ständ­lich, nach­dem die dahin­ter ste­hen­den Vor­stel­lun­gen einer Prä­ven­ti­ons- oder Abschre­ckungs­funk­ti­on dem deut­schen Scha­den­er­satz­recht fremd sind.

Sinn­voll wäre die Ein­füh­rung sol­cher Pau­scha­len — not­falls eben durch den Feder­strich des EU-Gesetz­ge­bers — aber alle­mal, denn bei der der­zei­ti­gen Rechts­la­ge hat der Ver­let­zer im schlimms­ten Fall der Ent­de­ckung nur das Risi­ko der Zah­lun­gen zu tra­gen, die ein recht­mä­ßi­ger Lizenz­neh­mer auch hät­te leis­ten müs­sen; im bes­ten Fall bleibt er aber unent­deckt und zahlt gar nichts.

Eine Durch­bre­chung dog­ma­ti­scher Prin­zi­pi­en ver­mag ich in der Gewäh­rung sol­cher dop­pel­ten Lizenz­ge­büh­ren nicht zu erken­nen: Selbst­ver­ständ­lich han­delt es sich dabei um eine sehr will­kür­li­che Scha­dens­be­rech­nungs­me­tho­de. Das ist aber bei der ein­fa­chen Gebühr auch schon der Fall: aner­kann­ter­ma­ßen ist dies eine abs­trak­te Form der Scha­dens­be­rech­nung; sie lässt sich nicht bruch­los in das Sys­tem der Scha­dens­be­rech­nung nach §§ 249 ff. BGB ein­ord­nen, insb. kann sie (nach ganz h.M.) nicht als eine Form der Berech­nung des ent­gan­ge­nen Gewinns nach § 251 BGB qua­li­fi­ziert wer­den. Sie ist in sich schon will­kür­lich, beruft auf der Über­le­gung, dass der Rechts­ver­let­zer nicht bes­ser ste­hen soll, als ein recht­mä­ßi­ger Lizenz­neh­mer. Aber gera­de das tut er, denn der muss immer zah­len, der „Böse“ nur viel­leicht. Wenn also schon Will­kür, dann eine „gerech­te­re“. Wobei mir klar ist, es mit der Gerech­tig­keit wie mit der Schön­heit ist, die im Auge des Betrach­ters liegt.

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