Das rtfm-blog berichtet über die heute stattfindende Demonstration gegen Softwarepatente in Brüssel. Ob die Proteste gegen Softwarepatente generell berechtigt sind, wage ich zu bezweifeln.
Bekanntermaßen ist Software „also solche“ nicht patentierbar, im Gegenteil nach § 1 II PatG und Art. 52 II EPÜ explizit von der Patentierung ausgenommen. Das rührt daher, dass es Software in der Regel an Technizität fehlt, die aber für das Vorliegen einer „Erfindung“ notwendig ist. Und nur für die werden Patente erteilt. Solche Technizität liegt in einer „Lehre zum technischen Handeln“. Technisches Handeln wiederum ist “planmäßiges Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur unmittelbaren Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs”. Software läuft zwar auf “Technik”, auf einem Rechner, der natürlich Naturkräfte in Gestalt des Elektromagnetismus einsetzt, aber das macht das Programm selbst nicht technisch. Umgedreht aber, wenn – wie auch immer das zustande kommen mag! – eine Software im Einzelfall technischen Charakter hat, darf die darin steckende technische Erfindung nicht allein deshalb die Patentierbarkeit verlieren, weil sie eben in Software gekleidet ist. Gerade das würde man aber erreichen, wollte man Softwarepatente generell verbieten.
Die Argumente der Gegner solcher Patente sind in der Regel, dass Softwarepatente die Innovation behindern und einseitig große Unternehmen bevorzugen. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass allzu oft Trivialitäten patentiert werden. Diese Argumente treffen aber beide nicht allein auf Softwarepatente, sondern auf das gesamte Patentwesen zu. Ehrlicherweise muss man dann das gesamte Gefüge des IP-Rechts hinterfragen. Hier scheinen mit die Argumente nicht durchzuschlagen.
Das Patentsystem ist gerade geschaffen worden, um Innovation zu belohnen. Wer Geld in Forschung und Entwicklung steckt, der soll für eine gewisse Zeit auch von den Früchten allein partizipieren dürfen. Nur so kann in einer Welt, in der Innovation teuer, das Herstellen von dagegen Plagiaten einfach ist, das Risiko des Entwicklers honoriert werden. Gleichzeitig ist das Patentwesen auch eine Institution zum Wissenstransfer an die Gesellschaft, denn jedes Patent muss ja offen gelegt werden, es kann auch von der Konkurrenz gelesen werden, die dann auch frei ist, Verfahren zur Umgehung des Patents zu entwickeln. Beide Aspekte des Patentwesens sind eine Erfolgsgeschichte, sie haben sich bewährt.
Richtig ist sicher die Kritik an den teilweise doch arg erodierten Maßstäben an die Patentwürdigkeit einer Erfindung. Diese muss bekanntermaßen neu sein, eine gewissen Erfindungshöhe haben und gewerblich anwendbar sein. Gerade am Vorliegen einer ausreichenden Erfindungshöhe kann man bei manchem gerade vom Europäischen Patentamt erteilten Softwarepatent sicher zweifeln. Dann ist die richtige Konsequenz doch aber, die Prüfstandards in den Ämtern wieder anzupassen und besser ausgebildete Prüfer anzustellen; ein Argument gegen die Patentierbarkeit von Software als solcher kann daraus aber nicht folgen: auch anderweitig, etwa in der Mechanik, werden Trivialitäten patentiert.
Besser wäre es also meines Erachtens, keine Alles-oder-nicht-Diskussion zu führen, sondern sich in der Sache über die Anforderungen an die Technizität und Erfindungshöhe einer computerimplementierten Erfindung zu unterhalten. Das steht in weiten Teilen noch aus.
Weiterführend: PA Axel H. Horns “on Patents on Computer-Implemented Inventions“, ein Beitrag auf dem IP JUR-Blog.
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