Über eine interessante Entscheidung des BGH (Beschluss des X. Zivilsenats vom 24.5.2004 — X ZB 20/03) zum Themenkomplex Technizität von Erfindungen und Patentierbarkeit von Geschäftsmethoden sowie Software berichtet der Remus-Newsletter.
Die Anmelderin begehrt die Patentierung eines bestimmten Verfahrens zur Durchführung gesicherter Transaktionen im elektronischen Zahlungsverkehr im Internet. Das Besondere (oder auch Alltägliche – die Neuheit der Erfindung war offenbar nicht Streitgegenstand) an dem Verfahren ist, dass neben den in solchen Vorgängen üblicherweise beteiligten drei Computern (dem des Kunden, dem des Verkäufers und dem des Kreditinstitutes) ein vierter Rechner, ein Server, beteiligt ist. Dieser agiert praktisch als Treuhänder, der die verschiedenen auszutauschenden Informationen vergleicht und validiert.
Das Bundespatentgericht hatte die Eintragung wegen mangelnder Technizität der Erfindung abgelehnt, indem es argumentierte, der Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe durch Einschaltung eines Treuhänders — der eben ein Rechner sein könne aber nicht müsse – komme kein ausreichender technischer Gehalt zu. Ohne diesen scheidet eine Patentierbarkeit aber aus.
Nach deutscher Rechtsprechung wird Technizität ja dann angenommen, wenn entweder die Erfindung ein technisches Problem löst, also eines, das in den herkömmlichen Gebieten der Technik, also der Ingenieurwissenschaften, der Physik, der Chemie oder der Biologie besteht; oder aber der Erfindung selbst weiterer technischer Gehalt zukommt, sie also selbst „Technik ist“. Dazu reicht es aber nicht, wenn eine Geschäftmethode einen Computer benötigt. Der BGH führt hierzu (übrigens in alter Rechtschreibung) aus:
„Außerhalb der Technik liegende Anweisungen, insbesondere wenn sie sich darauf beschränken, zu umschreiben, wozu der Computer eingesetzt werden soll, genügen in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht; sie sind nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie auf die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluß nehmen. Den (weiteren) Anweisungen muß daher ein konkretes technisches Problem zugrunde liegen, das sie lösen sollen (vgl. wiederum Senat aaO. — Suche fehlerhafter Zeichenketten). Eine Aufgabe, die sich im Rahmen geschäftlicher Tätigkeit stellt, die abgewickelt werden soll, ist — auch wenn sie im Vorfeld technischer Maßnahmen gelöst werden muß — für sich nicht genügend.“
Das ist in der Sache nicht neu, fasst aber den Stand der Diskussion zu Patenten auf Geschäftsmethoden recht gut zusammen.
Der BGH stellte im weiteren entscheidend darauf ab, dass das vorgestellte System notwendigerweise Verschlüsselungstechniken verwende, denen durchaus technischer Gehalt zukommen könne. Letztlich musste die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen werden, der BGH konnte selbst also nicht entscheiden – er klärt ja nur Rechtsfragen, keine Tatsachen. Es wird abzuearten sein, was die weiteren Tatsachenfeststellungen des Bundespatentgerichts ergeben.
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