Abwehr kennzeichenrechtlicher Ansprüche durch Lizenzen älterer Rechte?

Markenrecht | 14. Juli 2004
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In let­zter Zeit immer bedeut­samer wer­den kennze­ichen­rechtliche Stre­it­igkeit­en. Das Dic­kicht der angemelde­ten Marken, der Titel von Zeitschriften, Büch­ern und Soft­ware, der geschäftlichen Beze­ich­nun­gen und Fir­men­na­men ist kaum noch zu über­schauen. Recherchen sind aufwändig, teuer und oft von frag­würdi­gem Nutzen. Häu­fig kommt es daher zum Kon­flikt zwis­chen zwei Zeichen. Die Sit­u­a­tion ist hier oft so, dass sich der Ver­wen­der ein­er geschäftlichen Beze­ich­nung, ein­er Fir­ma, eines Werk­ti­tels o.ä. Ansprüchen aus­ge­set­zt sieht, die ein Inhab­er eines älteren kol­li­dieren­den Rechts gegen ihn gel­tend macht. Da das Kennze­ichen­recht vom Pri­or­itäts­grund­satz beherrscht wird, set­zt sich eben dieses ältere Recht durch.

Eine sin­nvolle Vertei­di­gungsstrate­gie für den Ange­grif­f­e­nen kann nun sein, sich sein­er­seits ein noch älteres Recht zu ver­schaf­fen, und dieses dem Angreifer einre­deweise ent­ge­gen­zuhal­ten. Er kann etwa nach ein­er (im Ver­gle­ich zum Zeichen des Angreifers) noch älteren ein­schlägi­gen Marke suchen und diese kaufen. Oft verkaufen die Inhab­er solch­er Marken diese aber ungern. Bei anderen Recht­en, etwa Fir­men­na­men, kommt ein Kauf als solch­er ohne­hin nicht in Frage, weil das Recht nicht ohne das Unternehmen über­trag­bar ist. Hier kann aber eine Lizenz an dem älteren Zeichen weit­er­helfen. Dabei kann aber einiges schief laufen.

Verkan­nt wird häu­fig, dass eine Lizenz an einem frem­den Zeichen nicht automa­tisch auch einem Drit­ten ent­ge­genge­hal­ten wer­den kann. Vielmehr kommt es hier auf die konkrete Aus­gestal­tung der Lizenz an.

„schul­drechtliche“ Lizenz

Eine Lizenz kann zunächst nur ein reines schul­drechtlich­es Rechts­geschäft in dem Sinn sein, dass der Inhab­er ein­er Marke oder ein­er Geschäftlichen Beze­ich­nung sich verpflichtet, dem Lizen­zge­ber aus seinem Recht nicht die Benutzung des Zeichens zu ver­bi­eten. Die Lizenz wirkt dann nur zwis­chen den Parteien der Vere­in­barung, sie hat aber nicht ohne weit­eres Wirkung gegen Dritte, nutzt also im Prozess mit diesen ggf. wenig. Grund ist, dass bei dieser Aus­gestal­tung der Lizenz der Lizen­zge­ber sein Recht nicht (pos­i­tiv) „weg­gibt“, auch nicht teil­weise, son­dern nur (neg­a­tiv) auf dessen Ausübung verzichtet. Da der Lizen­znehmer das Recht damit – bildlich gesprochen – auch nicht, nicht ein­mal teil­weise, „erwirbt“, kann er sich auch nicht auf dessen Pri­or­ität berufen. Das Recht entste­ht – etwa im Fall der Ver­wen­dung als Fir­ma – bei ihm gle­ich­sam neu, dann mit der (zu späten) Pri­or­ität der Ver­wen­dungsauf­nahme.

Der BGH hat bere­its 1993 im sog. „Deck­er-Urteil“ (Urt. vom 18.3.1993, I ZR 178/91) entsch­ieden, das auch in diesen Fällen eine Beru­fung des Lizen­znehmers auf die Pri­or­ität des Rechts des Lizen­zge­bers in Betra­cht kom­men kann. Er kon­stru­iert dabei eine (sehr abstrahierte) Analo­gie auf das Sachen­recht in Gestalt des § 986 I 2 BGB. Wie genau dies zu ver­ste­hen ist, bleibt aber nach wie vor umstrit­ten. So schränken mehrere OLG, etwa Düs­sel­dorf und Ham­burg, die „freie“ Beru­fung auf die bessere Pri­or­ität eines (schul­drechtlich) lizen­zierten Rechts wieder ein. Diese Ein­schränkung wird etwa vom OLG Düs­sel­dorf (Urteil vom 14. März 2000, 20 U 61/99) daran fest gemacht, dass der Lizen­zge­ber auch „befugt“ sein müsse, die Lizenz zu erteilen, dem müsse ein „schutzwürdi­ges Inter­esse“ auf Seit­en des Lizen­znehmers gegenüber­ste­hen. Deut­lich ele­gan­ter (und sich­er auch richtiger) stellt das Hanseatis­che OLG (Urteil vom 26. Feb­ru­ar 1998, Az: 3 U 209/97) auf Gedanken des Rechtsmiss­brauchs ab. Im Ergeb­nis kann es nach diesen Entschei­dun­gen ger­ade dem­jeni­gen, der eine Lizenz wie die oben beschriebene (allein) zu Vertei­di­gungszweck­en im Prozess erwirbt, ver­wehrt sein, sich auf die Pri­or­ität des lizen­zierten Rechts zu berufen. Die Vertei­di­gung würde damit scheit­ern.

„dingliche“ Lizenz

Eine Lizenz kann aber auch dinglich aus­gestal­tet sein. Zwar nicht beim Fir­men- oder Namen­srecht – das ja nicht getren­nt vom Namen­sträger über­tra­gen wer­den kann – sehr wohl aber etwa im Fall ein­er Marke, das macht § 30 MarkenG deut­lich. Im Fall der dinglichen Lizenz gibt der Lizen­zge­ber tat­säch­lich einen Teil seines Rechts weit­er – und das dann mit der Pri­or­ität, die dieses Recht eben hat.

Abgren­zung

Die Abgren­zung, wann eine lediglich schul­drechtliche, wann eine dingliche Lizenz vor­liegt, ist aber schwierig. Von einem Teil der juris­tis­chen Lit­er­atur wird die Unter­schei­dung über­haupt bestrit­ten, es komme lediglich auf das zwis­chen den Parteien Vere­in­barte an. Die Kri­te­rien sind dabei let­ztlich ähn­lich.

Eine dingliche Lizenz wird in der Regel vor­liegen, wenn es sich um eine auss­chließliche Lizenz han­delt, eine schul­drechtliche eher bei ein­er ein­fachen (nicht-exk­lu­siv­en) Lizenz. Von Bedeu­tung kann auch sein, ob der Lizen­znehmer selb­st aus seinem Lizen­zrecht gegen Dritte vorge­hen kann, die das lizen­zierte Zeichen ver­let­zen. Denn wenn er das kann, dann muss er – a majore ad minus – sich auch einre­deweise auf die Lizenz berufen kön­nen. Zulet­zt wird eine dingliche Lizenz dann vor­liegen, wenn die Lizenz einen Sukzes­sion­ss­chutz gewährt, also auch einem nach­fol­gen­den Erwer­ber des lizen­zierten Rechts gegenüber gilt.

Die Kom­plex­ität der Materie bringt es mit sich, dass im Kennze­ichen­prozess die Recht­slage bezüglich beste­hen­der Lizen­zen sehr genau über­prüft und ggf. kor­rigiert wer­den muss. Fehler an dieser Stelle kön­nen son­st zu einem bösen Erwachen führen.

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