Wozu eine Schutzschrift?

Übergreifendes | 10. August 2004
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Bekann­ter­ma­ßen kann man ab und an kom­men­de juris­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen prak­tisch „rie­chen“. Wenn ein Ein­zel­händ­ler eine grenz­gän­gi­ge ver­kaufs­för­dern­de Akti­on plant, wenn ein Ver­lag eine neue Zeit­schrift in einem umkämpf­ten Markt­seg­ment eta­blie­ren will oder wenn ein Unter­neh­men ein Gewinn­spiel plant, dann sind das typi­sche Fäl­le, in denen zu befürch­ten ist, dass Kon­kur­ren­ten ver­su­chen wer­den, gegen die geplan­ten Aktio­nen Einst­wei­li­ge Ver­fü­gun­gen zu erwir­ken. Sol­che Ver­fü­gun­gen kön­nen – was in der Pra­xis die Regel ist – ohne münd­li­che Ver­hand­lung erlas­sen wer­den. Der von der Ver­fü­gung Betrof­fe­ne ist daher gehin­dert, den Sach­ver­halt und auch recht­li­che Argu­men­te aus sei­ner Sicht vor­zu­brin­gen, ihm wird vor­ab kein recht­li­ches Gehör gewährt. Letzt­lich kann er von einer Ver­fü­gung völ­lig über­rascht wer­den.

Daher braucht man ein Mit­tel, um den Erlass einer Einst­wei­li­gen Ver­fü­gung schon im Vor­feld zu ver­hin­dert oder jeden­falls zu ver­zö­gern. Das kann die Schutz­schrift leis­ten. Die­se wird bereits bei Gericht hin­ter­legt und ent­hält die Dar­stel­lung der Sach- und Rechts­la­ge aus der Sicht des mög­li­chen Geg­ners eines Antrags auf Erlass der Ver­fü­gung. Die­ser ant­wor­tet prak­tisch bereits vor­ab auf das von der Gegen­sei­te zu erwar­ten­den Vor­brin­gen. Das Gericht wie­der­um ist gehal­ten, die Schrift zur Wah­rung des recht­li­chen Gehörs bei sei­ner Ent­schei­dung zu berück­sich­ti­gen.

Prak­tisch oft schwie­rig zu ent­schei­den ist die Fra­ge, bei wel­chem Gericht die Schrift hin­ter­legt wer­den soll. Gera­de im Streit über die Ver­let­zung von Schutz­rech­ten oder in Wett­be­werbs­strei­tig­kei­ten sind häu­fig eine Viel­zahl von Gerich­ten zustän­dig. Da der poten­ti­el­le Ver­fü­gungs­geg­ner nicht weiß, wo der Antrag auf Erlass der Ver­fü­gung gestellt wer­den wird, müs­sen im Extrem­fall bei sämt­li­chen deut­schen Land­ge­rich­ten – etwa 140 – Schrif­ten hin­ter­legt wer­den. Das wie­der­um führt dazu, dass wegen der Viel­zahl der hin­ter­leg­ten Schrif­ten — bei eini­gen Kam­mern in „belieb­ten“ Gerich­ten durch­aus bis zu Ein­tau­send – Schutz­schrif­ten auch ein­mal über­se­hen wer­den. Damit die Schrift über­haupt auf­find­bar ist, soll­ten in ihr der mut­maß­li­che Antrags­stel­ler, der mut­maß­li­che Antrags­geg­ner, deren Pro­zess­ver­tre­ter und der Anlass des erwar­te­ten Antrags auf eine Ver­fü­gung mög­lichst klar und genau bezeich­net wer­den.

Der Schrift bei­zu­fü­gen sind wenn mög­lich alle Unter­la­gen, die dem Gericht eine umfas­sen­de Beur­tei­lung des Sach­ver­halts ermög­li­chen und die­sen glaub­haft machen. Das kön­nen Doku­men­te, Mus­ter, Eides­statt­li­che Ver­si­che­run­gen u.ä. sein.

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