Abmahnfalle Ebay – Verkauf von Nicht-EU-CDs

Urheberrecht | 29. November 2005
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Ebay ist eine tolle Sache für viele Gele­gen­heit­en: das Aus­mis­ten des Dachbo­dens, den Verkauf unge­woll­ter Geschenke oder ein­fach dafür, sich einen Euro dazuzu­ver­di­enen. Wenn man nicht auf­passt, kann man sich dur­chaus auch Ärg­er oder Abmah­nun­gen ein­fan­gen, aber die klas­sis­chen Fallgestal­tun­gen sind ja inzwis­chen in der Com­mu­ni­ty bekan­nt und Fehler wer­den meist ver­mieden. Für den Laien schw­er vorauszuah­nen dürfte aber nach wie vor die Prob­lematik in fol­gen­der Sit­u­a­tion sein:

Man hat im Urlaub in Tai­wan (das ist nur ein Beispiel, jeden­falls außer­halb der EU oder des EWR) Musik-CDs gekauft. Keine Raubkopi­en, son­dern ganz legale Vervielfäl­ti­gungsstücke im Laden. Vielle­icht gefall­en die CDs dann nicht, oder man hat­te sie doch schon: wie auch immer, man möchte sie gern weit­er verkaufen. Die CDs wer­den also auf der deutschen Ebay-Seite eingestellt.

Statt Geboten kommt aber Post vom Anwalt. Der macht im Auf­trag der Musikin­dus­trie gel­tend, man dürfe die CDs so nicht in Deutsch­land verkaufen. Und er hat Recht damit. Warum?

Grund­sät­zlich obliegt es nach dem Urhe­ber­recht allein dem Rechtein­hab­er darüber zu bes­tim­men, ob und zu welchen Bedin­gun­gen ein Vervielfäl­ti­gungsstück eines urhe­ber­rechtlich geschützten Werkes, wie dies eine CD ist, in den Verkehr gebracht wird. Kann der Rechtein­hab­er aber auch den Weit­er­verkauf des Werkes kon­tol­lieren? Kann also die Musikin­dus­trie ver­hin­dern, dass man eine CD zum Sec­ond-Hand-Shop bringt? Kann ein Ver­lag dage­gen ange­hen, dass ein Buch anti­quar­isch verkauft wird?

Wie immer in solchen Fällen ist die Antwort ein klares Jein.

Irgend­wann muss es an sich ein Ende haben mit der Kon­trolle des Rechtein­hab­ers, seine Rechte müssen „erschöpft“ sein. Das sagt dann auch der so genan­nte „Erschöp­fungs­grund­satz“, der in § 17 II UrhG ste­ht:

§ 17 UrhG — Ver­bre­itungsrecht

(1) Das Ver­bre­itungsrecht ist das Recht, das Orig­i­nal oder Vervielfäl­ti­gungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzu­bi­eten oder in Verkehr zu brin­gen.
(2) Sind das Orig­i­nal oder Vervielfäl­ti­gungsstücke des Werkes mit Zus­tim­mung des zur Ver­bre­itung Berechtigten im Gebi­et der Europäis­chen Union oder eines anderen Ver­tragsstaates des Abkom­mens über den Europäis­chen Wirtschaft­sraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht wor­den, so ist ihre Weit­er­ver­bre­itung mit Aus­nahme der Ver­mi­etung zuläs­sig.

Ist also eine CD ein­mal inner­halb von EU oder EWR mit Zus­tim­mung des Rechtein­hab­ers legal verkauft wor­den, dann kann er den weit­eren Ver­trieb­sweg (mit Aus­nahme der Ver­mi­etung) nicht mehr kon­trol­lieren. Das “geistige Band” zwis­chen ihm und dem Vervielfäl­ti­gungsstück ist zer­schnit­ten.

In unserem Beispiel ist diese Art von Erschöp­fung aber noch nicht einge­treten. Die CD ist, da echt, zwar mit Zus­tim­mung des Rechtein­hab­ers in den tai­wane­sis­chen Markt gelangt, nicht aber in den der EU oder des EWR. Also obliegt die Kon­trolle der weit­eren Ver­bre­itung nach wie vor dem Rechtein­hab­er. Und der achtet in aller Regel pein­lich genau darauf, die Gren­zen zwis­chen den ver­schiede­nen Märk­ten dicht zu lassen: nur so lassen sich Preisun­ter­schiede und nationale Beson­der­heit­en bei den Ver­trieb­swe­gen aufrecht erhal­ten.

Als Faz­it bleibt: Vor­sicht beim Verkauf von Nicht-EU oder EWR-CDs (DVDs, Soft­ware, Marken­ware etc.) auf Ebay. Der Ärg­er ist son­st vor­pro­gram­miert.

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