Arbeitsverträge wirksam befristen: Was Personalverantwortliche wissen sollten

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Befris­tete Arbeitsverträge führen nicht nur in der Wis­senschaft immer wieder zu Rechtsstre­it­igkeit­en. Erst vor kurzem erk­lärte das BAG die Befris­tung eines lei­t­en­den Angestell­ten ein­er Uniklinik für unwirk­sam. Was das für Arbeit­ge­ber bedeutet und wie man es von vorne­here­in bess­er macht, zeigt Dr. Chris­t­ian Oster­maier.

Immer wieder müssen sich Arbeits­gerichte mit Befris­tungsabre­den in Arbeitsverträ­gen befassen. Erst vor kurzem hat das Bun­de­sar­beits­gericht (BAG, Urt. v. 01.06. Juni 2022, Az. 7 AZR 151/21) einem angestell­ten kaufmän­nis­chen Direk­tor an ein­er Uniklinik Recht gegeben. Der lei­t­ende Angestellte klagte gegen die Befris­tung seines Arbeitsver­trags, wollte also ein unbe­fris­tetes Arbeitsver­hält­nis erre­ichen. Sein Arbeit­ge­ber begrün­dete die Befris­tung mit der beson­deren „Eige­nart der Arbeit­sleis­tung“ (§ 14 Abs. 1 Nr. 4 Teilzeit­be­fris­tungs­ge­setz).

Auf Grund­lage dieser Norm kön­nen beispiel­sweise Arbeitsverträge mit Kün­stlern oder Redak­teuren befris­tet wer­den, weil der Arbeit­ge­ber sich auf die ver­fas­sungsrechtlich beson­ders geschützte Kun­st- und Rund­funk­frei­heit berufen kann. Auch Verträge mit Schaus­piel­ern wer­den oft­mals auf dieser Grund­lage befris­tet geschlossen. Das Argu­ment: Das Pub­likum wün­sche sich Abwech­slung, man spricht vom „Ver­schleiß­tatbe­stand“: Mitar­beit­er, die in den genan­nten Bere­ichen tätig sind, kön­nen leichter aus­gewech­selt wer­den .

 

Leitende Position an sich rechtfertigt keine Befristung

Im Fall des Klinikdi­rek­tors war der Arbeit­ge­ber allerd­ings war der Auf­fas­sung, schon in der lei­t­en­den Posi­tion und der beson­deren Ver­trauensstel­lung des Klägers sei eine beson­dere Eige­nart zu sehen, die die Befris­tung recht­fer­tige.

Dieser Ansicht hat das BAG – wie auch schon die Vorin­stanz, aber anders als das Erst­gericht — eine Abfuhr erteilt. Die Erfurter Richter wiesen darauf hin, dass Tätigkeit­en als Führungskraft kein über­wiegen­des Befris­tungsin­ter­esse des Arbeit­ge­bers recht­fer­ti­gen. Auch eine weit­ge­hende Weisungs­frei­heit des Arbeit­nehmers ändert daran nichts.

 

Unwirksame Befristung wird teuer

Der Arbeit­ge­ber in dem Ver­fahren hat also das Ziel, das er mit dem befris­teten Arbeitsver­hält­nis erre­ichen wollte, qua­si dop­pelt ver­fehlt: Zwar musste er kein Kündi­gungss­chutzver­fahren führen, dafür aber ein wohl eben­so zeitaufwändi­ges und kosten­in­ten­sives Befris­tungsver­fahren, das let­ztlich erfol­g­los war. Zudem ste­ht jet­zt recht­skräftig fest, dass der Direk­tor in einem unbe­fris­teten Arbeitsver­hält­nis ste­ht, mit allen Kon­se­quen­zen wie vor allem dem geset­zlichen Kündi­gungss­chutz.

Will die Uniklinik also das Arbeitsver­hält­nis been­den, muss sie doch noch eine Kündi­gung aussprechen und (wahrschein­lich) einen (zusät­zlichen) Kündi­gungss­chutzprozess führen oder einen Aufhe­bungsver­trag abschließen. Bei­des wird nicht ohne eine Abfind­ung zu haben sein.

 

Hilfestellung für Personalverantwortliche

Das befris­tete Arbeitsver­hält­nis hat trotz des Fachkräfte­man­gels nach wie vor eine hohe prak­tis­che Bedeu­tung. Denn der Struk­tur­wan­del dürfte oft­mals nur mit Sparpro­gram­men und Per­son­al­ab­bau finanzier­bar sein. Auch im öffentlichen Dienst hat die Befris­tung in der Per­son­alar­beit seit jeher eine sehr hohe Rel­e­vanz. Diese dürfte in Zeit­en knap­per wer­den­der Mit­tel bei zunehmenden Auf­gaben des Staates kün­ftig eher noch steigen.

Der Geset­zge­ber macht  für befris­tete Arbeitsver­hält­nisse jedoch strenge Vor­gaben, nach sein­er Vorstel­lung soll das unbe­fris­tete Arbeitsver­hält­nis der Nor­mal­fall bleiben. So darf man Arbeitsverträge in der Regel nur befris­ten, wenn es dafür einen beson­deren Sach­grund gibt, verzicht­bar ist der nur aus­nahm­sweise. Für Ket­ten­be­fris­tun­gen, die beson­ders miss­brauch­san­fäl­lig sind, gel­ten weit­ere Beson­der­heit­en. Diverse For­malien müssen beachtet wer­den und auch Fehler bei der Umset­zung oder ein­er späteren Änderung der Arbeits­be­din­gun­gen kön­nen eine Befris­tung unwirk­sam machen.

Um befris­tete Arbeitsver­hält­nisse rechtssich­er zu gestal­ten, brauchen Arbeit­ge­ber und Per­son­alver­ant­wortliche einen prax­is­na­hen Überblick über die geset­zlichen und gegebe­nen­falls tar­ifver­traglichen Vor­gaben. Eben­so wichtig ist deren Ausle­gung durch die Recht­sprechung. Der Teufel kann auch im Detail steck­en, wenn nur einzelne Arbeits­be­din­gun­gen befris­tet vere­in­bart wer­den, z.B. weil der Umfang der Arbeit­szeit nur vorüberge­hend geän­dert oder nur für eine bes­timmte Zeit eine höher­w­er­tigere Tätigkeit über­tra­gen wer­den soll.

Diese prax­is­na­he Unter­stützung für die Per­son­alar­beit bietet der Leit­faden “Befris­tung von Arbeitsverträ­gen, Hand­buch zum TzBfG und Wis­sZeitVG mit den Beson­der­heit­en des TVöD und TV‑L“. ISBN 9783802916137, ganz frisch erschienen im Wal­hal­la-Ver­lag, Regens­burg.

 

Blo­gau­tor Dr. Chris­t­ian Oster­maier hat das Hand­buch gemein­sam mit sein­er Kol­le­gin, Rechts- und Fachan­wältin für Arbeit­srecht Sylvia Vogt, ver­fasst. Der Leit­faden enthält eine sys­tem­a­tis­che Darstel­lung der Materie vom Abschluss über die Durch­führung bis zur Beendi­gung des befris­teten Arbeitsver­hält­niss­es, Mitbes­tim­mungsrecht­en und Rechtss­chutzmöglichkeit­en samt zahlre­ichen Prax­is­tipps. Sylvia Vogt und Chris­t­ian Oster­maier erläutern, wie Per­son­alver­ant­wortliche typ­is­che Fehler ver­mei­den kön­nen, zeigen die for­malen Anforderun­gen an ein befris­tetes Arbeitsver­hält­nis auf und erk­lären die Gren­zen der Ket­ten­be­fris­tung auf. Das Ganze ver­bun­den mit ganz prag­ma­tis­chen Fra­gen und Antworten: Wie kann man eigentlich auch befris­tete Verträge wirk­sam elek­tro­n­isch schließen?

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