K(l)eine Exegese zur Berufsverschwiegenheit in Prüfklauseln

Vertragsrecht | 28. Juni 2006
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Immer wieder stolpert man bei der Prü­fung von Verträ­gen über ganz bes­timmte, häu­fig wiederkehrende Klauseln. Die entwick­eln sich schnell zu „alten Bekan­nten“, man denkt bald gar nicht mehr wirk­lich nach, wenn man ein solch­es Exem­plar erspäht. Man macht ein­fach ein Häkchen an den Rand des Textes.

Dabei lohnt es sich dur­chaus, ab und an auch bei solchen Stan­dards auf die Kleinigkeit­en zu acht­en, auch wenn es manch­mal ein wenig überkan­didelt wirken mag. Nehmen wir doch ein­mal als Beispiel eine ger­adezu klas­sis­che Prüf- und Ein­sichtk­lausel, wie sie etwa ein Lizen­znehmer einem Lizen­zge­ber gewährt. Hin­ter­grund ist die Prü­fung der Abrech­nung ein­er Stück­l­izenz, etwa beim Vervielfäl­ti­gung und Ver­trieb ein­er Soft­ware oder Her­stel­lung und Ver­trieb eines paten­tierten Gegen­stands. Da will sich der Lizen­zge­ber ver­ständlicher­weise gegenüber dem Lizen­znehmer ein Kon­troll­recht vor­be­hal­ten.

Das kann dann so ausse­hen:

Der Lizen­znehmer gewährt dem Lizen­zge­ber das Recht, durch einen zur Berufsver­schwiegen­heit verpflichteten Drit­ten bis zu zweimal jährlich Ein­sicht in die diesen Ver­trag und die Ver­wen­dung und den Verkauf des Lizen­zge­gen­standes betr­e­f­fend­en Geschäfts­büch­er und ‑unter­la­gen des Lizen­znehmers zu nehmen. Die dabei entste­hen­den Kosten wer­den vom Lizen­znehmer getra­gen, wenn eine Abwe­ichung zugun­sten des Lizen­znehmers von mehr als fünf Prozent (5%) der ins­ge­samt geschulde­ten Beträge fest­gestellt wird, anson­sten vom Lizen­zge­ber.

Zuge­lassen zur Prü­fung sind hier also jegliche zur Berufsver­schwiegen­heit verpflichtete Per­so­n­en. Nach dem Sinn der Regelung sind das in aller Regel Wirtschaft­sprüfer, ab und an auch Steuer­ber­ater oder Recht­san­wälte.

Ähn­liche Regelun­gen find­en sich gern auch in Gesellschaftsverträ­gen:

Die Gesellschafter kön­nen sich durch Per­so­n­en, die zur Berufsver­schwiegen­heit verpflichtet sind, vertreten lassen.

Auch hier stellt man dem Sinn nach natür­lich ganz klas­sisch auf die rechts- und wirtschafts­ber­a­ten­den Berufe ab. Bloß sagt das die Klausel let­ztlich so scharf eigentlich nicht. Denn sie nen­nt eben die „Berufsver­schwiegen­heit“ als Anknüp­fungspunkt.

Zur Berufsver­schwiegen­heit verpflichtet sind aber – jeden­falls nach § 203 StGB – unter anderen auch Ärzte und Tierärzte, Ehe­ber­ater, Ange­höri­gen eines Unternehmens der Kranken- oder Lebensver­sicherung sowie Sozialar­beit­er. Bei Geistlichen kenne ich mich nicht aus, § 53 StPO und § 139 StGB geben ja nur ein Schweigerecht, keine Schweigepflicht, aber im Zweifel sind beruf­s­rechtliche Regelun­gen dort ohne­hin, nun, überge­set­zlich abgesichert.

Man darf davon aus­ge­hen, dass im Nor­mal­fall Lizen­zge­ber eher ungern Ehe­ber­atern oder Apothek­ern – auch wenn diese Berufe hoch ehren­haft sind – Ein­sicht in ihre Büch­er ges­tat­ten; Gesellschafter wer­den in aller Regel mit einem Kranken­ver­sicher­er als Vertreter eines Mit­ge­sellschafters wenig glück­lich. Auch wenn man im Zweifel mit ein­er am Sinn der Klausel ori­en­tierten Ausle­gung des Ver­trages zum Ziel der Begren­zung des erfassten Per­so­n­enkreis­es kommt kann es, meine ich, doch nicht schaden, solche Klauseln vielle­icht doch ein wenig klar­er zu fassen. Etwa:

Der Lizen­zge­ber ist berechtigt, die Abrech­nung ein­mal jährlich durch einen zur Berufsver­schwiegen­heit verpflichteten Beruf­sträger der rechts- wirtschafts- und/oder steuer­ber­a­ten­den Berufe in Form der Ein­sicht­nahme in die Büch­er des Lizen­znehmers prüfen zu lassen.

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