Beteiligungsschwelle für Streubesitzdividenden: SNP vor dem BFH erfolgreich

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Steuerrecht | 16. November 2023
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Der BFH hat den Begriff der „Betei­li­gung“ zur Berech­nung der Betei­li­gungs­schwel­le für sog. Streu­be­sitz­di­vi­den­den (10 %) defi­niert. Deutsch­lands höchs­te Finanz­rich­ter stell­ten klar, dass das wirt­schaft­li­che Eigen­tum an den Antei­len ent­schei­dend ist. Ein SNP-Team hat die kla­gen­de GmbH in dem Ver­fah­ren vor dem BFH ver­tre­ten. 

Die GmbH, die spä­ter klag­te, war zunächst unter 10 Pro­zent an einer AG betei­ligt. Im Dezem­ber 2013 schloss sie einen Kauf- und Über­tra­gungs­ver­trag ab, der sie über die 10-Pro­zent-Hür­de brach­te und unter der auf­schie­ben­den Bedin­gung der Kauf­preis­zah­lung stand. Die Kauf­preis­zah­lung und damit der Über­trag des zivil­recht­li­chen Eigen­tums erfolg­ten erst im Jahr 2014.

Strei­tig war, ob die GmbH im Jahr 2014 zuge­flos­se­ne Divi­den­den gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 Kör­per­schaft­steu­er­ge­setz (KStG) steu­er­frei ver­ein­nah­men konn­te oder ob es sich um Streu­be­sitz­di­vi­den­den i.S.d. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG han­del­te, die steu­er­pflich­tig sind. Nach der Aus­nah­me­re­ge­lung sind Bezü­ge aus der Betei­li­gung an ande­ren Kör­per­schaf­ten und Per­so­nen­ver­ei­ni­gun­gen aus­nahms­wei­se steu­er­pflich­tig, wenn die Betei­li­gung einer Kapi­tal­ge­sell­schaft zu Beginn des Kalen­der­jah­res unmit­tel­bar weni­ger als 10% des Grund- oder Stamm­ka­pi­tals der Betei­li­gungs­ge­sell­schaft beträgt.

Die GmbH stell­te sich, bera­ten und ver­tre­ten von den SNP-Part­nern Peter Fabry und Peter Muth, auf den Stand­punkt, maß­geb­lich sei nicht die zivil­recht­li­che Rechts­la­ge, son­dern die wirt­schaft­li­che Betrach­tungs­wei­se. Da das wirt­schaft­li­che Eigen­tum bereits im Dezem­ber 2013 auf die GmbH über­ge­gan­gen sei, sei die­se zu Beginn des Jah­res 2014 zu mehr als 10 Pro­zent an der AG betei­ligt gewe­sen. Im Juni gaben Deutsch­lands höchs­te Finanz­rich­ter ihr Recht, das Urteil wur­de im Sep­tem­ber ver­öf­fent­licht.

 

BFH: Ver­käu­fer darf wirt­schaft­lich kei­nen Ein­fluss mehr haben

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) ent­schied, dass es für die Berech­nung der Betei­li­gungs­schwel­le für Streu­be­sitz­di­vi­den­den nach §8b Abs. 4 Satz 1 KStG auf das wirt­schaft­li­che Eigen­tum an den Antei­len ankommt (Urt. v. 07.06.2023, Az. I R 50/19). Der Begriff „Betei­li­gung“ bezie­he sich auf die all­ge­mei­nen Grund­sät­ze der steu­er­recht­li­chen Zurech­nung von Wirt­schafts­gü­tern nach § 39 Abga­ben­ord­nung (AO). Dabei bestä­tig­te der BFH sei­ne stän­di­ge Recht­spre­chung im Hin­blick auf den Über­gang des wirt­schaft­li­chen Eigen­tums beim Erwerb von Wert­pa­pie­ren. Es kommt laut dem I. Senat dar­auf an, wem nach dem Gesamt­bild der tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­se die wirt­schaft­li­che Dis­po­si­ti­ons­be­fug­nis zusteht. Dabei müs­se der Erwer­ber die „Rechts­macht“ vom Inha­ber des Wert­pa­piers ablei­ten, der Ver­käu­fer somit von der wirt­schaft­li­chen Inha­ber­schaft aus­ge­schlos­sen sein.

Nach die­sem Maß­stab war die von Peter Fabry und Peter Muth ver­tre­te­ne GmbH am 1. Janu­ar 2014 wirt­schaft­li­che Eigen­tü­me­rin der Antei­le. Denn sie hat­te bereits ein Anwart­schafts­recht erlangt, das der Ver­äu­ße­rer ihr nicht mehr ein­sei­tig ent­zie­hen konn­te. Dass die mit den Akti­en ver­bun­de­nen Ver­wal­tungs­rech­te (vor allem die Stimm­rech­te) noch nicht über­gan­gen sei­en, erklär­te der BFH dage­gen für irrele­vant. Denn es habe allein in der Hand der GmbH als Erwer­be­rin gele­gen, den bereits fäl­li­gen Kauf­preis zu bezah­len, damit die auf­schie­ben­de Bedin­gung ein­tre­ten zu las­sen und die Stimm­rech­te voll­stän­dig an sich zu zie­hen.

 

Pra­xis­tipp: Auf den Über­gang des wirt­schaft­li­chen Eigen­tums ach­ten

Die prak­ti­sche Bedeu­tung der Ent­schei­dung ist enorm, da sie die für Trans­ak­tio­nen häu­fig rele­van­te Fra­ge auf­greift, wann für steu­er­li­che Zwe­cke Antei­le über­ge­hen. In sei­nem weg­wei­sen­den Urteil stellt der BFH klar, dass der Begriff „Betei­li­gung“ bei der Berech­nung der Betei­li­gungs­schwel­le des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG für sog. Streu­be­sitz­di­vi­den­den (10 %) auf die all­ge­mei­nen Grund­sät­ze der steu­er­recht­li­chen Zurech­nung von Wirt­schafts­gü­tern (§ 39 AO) Bezug nimmt.

Ent­schei­dend ist somit das wirt­schaft­li­che Eigen­tum an den Antei­len. Nach § 39 AO ist ein Wirt­schafts­gut dem­je­ni­gen zuzu­rech­nen, der die tat­säch­li­che Herr­schaft über die­ses Wirt­schafts­gut in der Wei­se aus­übt, dass er den (zivil­recht­li­chen) Eigen­tü­mer im Regel­fall für die gewöhn­li­che Nut­zungs­dau­er von der Ein­wir­kung auf das Wirt­schafts­gut wirt­schaft­lich aus­schlie­ßen kann.

Für die steu­er­li­che Bera­tungs­pra­xis bedeu­tet das, bei Anteils­kauf- und Über­tra­gungs­ver­trä­gen dar­auf zu ach­ten, dass zumin­dest das wirt­schaft­li­che Eigen­tum im Sin­ne des § 39 AO auf den Erwer­ber über­geht.

 

Peter Fabrys Bera­tungs­schwer­punk­te lie­gen in der natio­na­len und inter­na­tio­na­len Steu­er­ge­stal­tungs­be­ra­tung von grö­ße­ren mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men, im Immo­bi­li­en­steu­er­recht, der Ver­mö­gens- und Nach­fol­ge­pla­nung für Unter­neh­men und Pri­vat­per­so­nen sowie in der Steu­er­ab­wehr­be­ra­tung. Als zer­ti­fi­zier­ter Bera­ter für Steu­er­straf­recht (DAA) gilt sein beson­de­res Augen­merk der Ver­mei­dung von steu­er­straf­recht­li­chen Tat­be­stän­den sowie der Tax Com­pli­ance.

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