BFH: Kein Arbeitslohn bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge

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Steuerrecht | 13. Februar 2025
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Die Unternehmen­snach­folge ist eine der großen Sor­gen des deutschen Mit­tel­standes. Man­gels Nach­folge dro­ht vie­len Unternehmen in den näch­sten Jahren die Schließung, denn nicht immer find­et sich im Fam­i­lienkreis ein geeigneter Nach­fol­ger. Wenn ein Unternehmen dann in die Hände ver­di­en­ter Mitar­beit­er gehen soll, stellt sich die Frage, ob die schenkweise Über­tra­gung als Arbeit­slohn zu qual­i­fizieren ist. Der Bun­des­fi­nanzhof hat in einem kür­zlich veröf­fentlicht­en Urteil vom 20. Novem­ber 2024 (Az. VI R 21/22) für Klarheit gesorgt: Die schenkweise Über­tra­gung von Geschäft­san­teilen auf lei­t­ende Mitar­beit­er im Rah­men der Unternehmen­snach­folge führt nicht ohne Weit­eres zu steuerpflichtigem Arbeit­slohn.

Die Über­tra­gung von Anteilen an Mitar­beit­er ste­ht zwar in Verbindung mit dem Arbeitsver­hält­nis, muss jedoch nicht zwin­gend durch dieses ver­an­lasst sein. Dies gilt ins­beson­dere, wenn das Motiv der Unternehmen­snach­folge für alle Beteiligten deut­lich erkennbar war und die Anteil­süber­tra­gung nicht an das Fortbeste­hen des Arbeitsver­hält­niss­es gebun­den ist. Mit dieser Entschei­dung hat der BFH die Rechtssicher­heit bei der Gestal­tung von Nach­fol­geregelun­gen gesteigert.

 

Hin­ter­grund des Urteils

Die Klägerin war eine lei­t­ende Mitar­bei­t­ende ein­er GmbH und sollte das Unternehmen übernehmen. Die Gesellschafter übertru­gen ihr und vier weit­eren Mit­gliedern der Geschäfts­führung jew­eils 5,08% der Gesellschaft­san­teile als Schenkung. Zudem übertru­gen die Gesellschafter Anteile von 74,6% unter Nießbrauchvor­be­halt an ihren Sohn, der jedoch auf­grund sein­er beru­flichen Verpflich­tun­gen und man­gel­nder unternehmerisch­er Erfahrung nicht in der Lage war, die Unternehmensführung zu übernehmen. Daher ließen die Gesellschafter den wirtschaftlichen Fortbe­stand und Erfolg der GmbH in erster Lin­ie in den Hän­den der Klägerin und der übri­gen Mit­glieder (Erwer­ber). Die Über­tra­gun­gen an die fünf lei­t­en­den Mitar­beit­er waren wed­er an Bedin­gun­gen oder Beschränkun­gen noch an einem Fortbe­stand der Arbeitsver­hält­nisse geknüpft. Es war lediglich eine Rück­fal­lk­lausel für den Fall vorge­se­hen, dass das zuständi­ge Finan­zamt die Begün­s­ti­gun­gen für eine Über­tra­gung von Betrieb­sver­mö­gen (§ 13a,b, Erb­StG) nicht gewähren würde.

Im Zuge ein­er Lohn­s­teuer-Außen­prü­fung kam das Finan­zamt zu dem Schluss, dass der unent­geltliche Erwerb der Anteile durch die fünf lei­t­en­den Mitar­beit­er – unter Berück­sich­ti­gung der beste­hen­den und zukün­fti­gen Arbeitsver­hält­nisse – als Arbeit­slohn zu werten sei und somit als geld­w­ert­er Vorteil zu ver­s­teuern sei. Infolgedessen erhöhte es die Einkün­fte der Klägerin aus nicht­selb­st­ständi­ger Arbeit in den entsprechen­den Einkom­men­steuerbeschei­den.

Der Ein­spruch gegen den Einkom­men­steuerbescheid blieb erfol­g­los. In der darauf­fol­gen­den Klage gab das Finanzgericht der Klägerin statt und entsch­ied, dass der Vorteil aus der Über­tra­gung der Gesellschaft­san­teile nicht als Ertrag aus nicht­selb­ständi­ger Arbeit zu werten sei. Das Finan­zamt legte gegen dieses Urteil Revi­sion vor dem Bun­des­fi­nanzhof ein, der jedoch die Revi­sion zurück­wies und die Recht­sauf­fas­sung der ersten Instanz bestätigte.

 

Die Entschei­dung des BFH

Wie das Finanzgericht stellte auch der BFH fest, dass die schenkweise Über­tra­gung der GmbH-Beteili­gun­gen nicht als Arbeit­slohn zu werten sei.

Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkün­ften aus nicht­selb­ständi­ger Arbeit nicht nur Gehäl­ter und Löhne, son­dern auch alle anderen Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG), die im Rah­men ein­er Beschäf­ti­gung gewährt wer­den, unab­hängig davon, ob ein Recht­sanspruch darauf beste­ht und ob es sich um laufende oder ein­ma­lige Zahlun­gen han­delt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Der BFH ver­wies zunächst auf seine ständi­ge Recht­sprechung, dass der geld­w­erte Vorteil im Falle ein­er Beteili­gungsüber­tra­gung an Mitar­beit­er nicht in der über­tra­ge­nen Beteili­gung selb­st liege, son­dern in der Ver­bil­li­gung. Entschei­dend ist, dass die Zuwen­dung, also der Preis­nach­lass beim Anteilser­werb, durch das Dien­stver­hält­nis ver­an­lasst und damit als Arbeit­slohn zu werten ist. Dies wäre der Fall, wenn der Vorteil dem Empfänger in Bezug auf das Dien­stver­hält­nis zufließt und als Ertrag aus nicht­selb­ständi­ger Arbeit betra­chtet wer­den kann.

Im vor­liegen­den Fall erkan­nte der BFH zwar einen Zusam­men­hang zwis­chen der Anteil­süber­tra­gung und dem Arbeitsver­hält­nis, stellte jedoch fest, dass die Anteil­süber­tra­gung dadurch nicht (maßge­blich) ver­an­lasst war. Das entschei­dende Motiv für die Über­tra­gung war die Regelung der Unternehmen­snach­folge.

Dieses Motiv werde durch die ver­tragliche Vere­in­barung ein­er erb­schaft­s­teuer­lichen Rück­fal­lk­lausel, sowie dem Umstand, dass die Über­tra­gun­gen nicht an den Fortbe­stand des Arbeitsver­hält­niss­es geknüpft wer­den deut­lich. Die Klägerin hat­te zusam­men mit den vier anderen lei­t­en­den Mitar­beit­ern eine Sper­rmi­norität (25,4%) gegenüber dem Sohn als neuen Haupt­ge­sellschafter. Damit kon­nten sie einen wesentlichen Ein­fluss auf die Unternehmensführung ausüben.

 

Welche Bedeu­tung hat das Urteil für die Unternehmen­snach­folge?

Das Urteil des BFH schafft Rechtssicher­heit für Unternehmen und lei­t­ende Mitar­bei­t­ende, die im Rah­men ein­er Nach­fol­geregelung in den Gesellschafterkreis aufgenom­men wer­den sollen und

bietet Anhalt­spunk­te dafür, wie ein Über­gabev­er­trag so gestal­tet wer­den kann, dass das Finan­zamt in der begün­stigten oder unent­geltlichen Über­tra­gung nicht neben ein­er Schenkung gle­ichzeit­ig lohn­s­teuerpflichtige geld­w­erte Vorteile erken­nt. (z. B. durch erb­schaft­s­teuer­liche Rück­fal­lk­lauseln, Sper­rmi­noritäten oder die Abkop­plung vom Fortbe­stand des Arbeitsver­hält­niss­es).

Im Aus­gangs­falle war die Schenkung an die lei­t­en­den Mitar­beit­er schenkungss­teuer­frei, da die Schenker am Nennkap­i­tal der Gesellschaft unmit­tel­bar zu mehr als 25% beteiligt waren und somit begün­stigtes Ver­mö­gen vor­lag. In Fällen, wo diese Min­dest­beteili­gung nicht vor­liegt, kann eine Schenkungss­teuer­frei­heit durch Abschluss ein­er Poolvere­in­barung erre­icht wer­den.

Die Entschei­dung unter­stre­icht den Stel­len­wert ein­er Doku­men­ta­tion von Absicht­en in der Prax­is im Zusam­men­hang mit der Über­tra­gung von Anteilen an Mitar­beit­er. Es ist bei der Gestal­tung entsprechen­der Fälle her­auszustellen, dass die sach­liche Moti­va­tion für eine Über­tra­gung von Anteilen an Mitar­beit­er die Regelung der Unternehmen­snach­folge ist und nicht die bish­erige oder zukün­ftige Tätigkeit der lei­t­en­den Mitar­beit­er für die Gesellschaft.

 

Faz­it

Durch die Klarstel­lung des BFH wird deut­lich, dass Unternehmen mehr Flex­i­bil­ität bei der Ein­bindung von Führungskräften in die Nach­fol­ge­pla­nung haben. Die Entschei­dung stärkt zudem die Pla­nungssicher­heit für Unternehmer, die ihre Nach­folge frühzeit­ig und struk­turi­ert regeln möcht­en. Ohne die Gefahr ein­er steuer­lichen Belas­tung als Arbeit­slohn kön­nen Unternehmen­san­teile gezielt zur Sich­er­stel­lung der langfristi­gen Sta­bil­ität des Unternehmens einge­set­zt wer­den.

Ein weit­er­er wichtiger Aspekt ist, dass Unternehmen durch eine strate­gis­che Nach­fol­ge­pla­nung qual­i­fizierte Führungskräfte langfristig an sich binden kön­nen. Ger­ade für fam­i­lienge­führte Unternehmen ist dies ein wesentlich­er Vorteil, da die erfol­gre­iche Über­gabe an die näch­ste Gen­er­a­tion oft mit der Ein­bindung langjähriger Mitar­bei­t­en­der ver­bun­den ist.

Unternehmen soll­ten somit frühzeit­ig eine rechtssichere Nach­folges­trate­gie entwick­eln, um Stre­it­igkeit­en mit den Finanzbe­hör­den zu ver­mei­den.

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