BGH-Urteil schafft Rechtssicherheit: Vorgaben für B2B-Onlineshops

E-Commerce | 2. Oktober 2017
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Der Bundesgerichtshof (BGH) schafft mit einem Ende September 2017 veröffentlichten Urteil endlich Rechtssicherheit für alle Onlineshop-Betreiber, deren Angebot sich ausschließlich an Gewerbetreibende und Unternehmer richtet (BGH, Urteil vom 11. Mai 2017, Az. I ZR 60/16).

Zuvor war die Recht­spre­chung zu den Vor­aus­set­zun­gen eines rechts­si­che­ren B2B-Online­shops sehr unter­schied­lich, so dass die meis­ten Online­shop-Betrei­ber ein mehr oder weni­ger gro­ßes recht­li­ches (Abmahn-) Risi­ko in Kauf neh­men muss­ten: eini­ge Instanz­ge­rich­te erach­te­ten es bereits als aus­rei­chend, dass jeweils auf der Start­sei­te und im Zusam­men­hang mit dem Kau­fen-But­ton ein Hin­weis auf­ge­führt wur­de, der deut­lich mach­te, dass sich der Online­shop aus­schließ­lich an Unter­neh­mer und nicht an Ver­brau­cher rich­te. Ande­re Gerich­te ver­lang­ten hin­ge­gen, dass noch vor dem Zutritt zum Online­shop eine Regis­trie­rung mit Ein­zel­fall­prü­fung der Unter­neh­mer­ei­gen­schaft und Frei­schal­tung statt­fin­den sol­le und lie­ßen hier­für Selbst­an­ga­ben wie ein Pflicht­feld „Fir­ma“ bei der Regis­trie­rung nicht aus­rei­chen. Für die Online­shop-Betrei­ber war dies des­halb recht­lich so gefähr­lich, weil sich der Abmah­nen­de auf­grund des soge­nann­ten flie­gen­den Gerichts­stands das Gericht mehr oder weni­ger frei aus­wäh­len konn­te. Damit hat­te es bis­lang ein abmah­nen­der Mit­be­wer­ber in der Hand, sich das Gericht mit der in der Ver­gan­gen­heit strengs­ten Recht­spre­chung und den höchs­ten Hür­den aus­zu­su­chen und den Online­shop hier­an zu mes­sen.

Dem schob der BGH nun erfreu­li­cher­wei­se einen Rie­gel vor.

Im ent­schie­de­nen Fall hat­te der Betrei­ber eines B2B-Online­shops auf jeder Sei­te des B2B-Online­shops den gän­gi­gen Hin­weis

„Ver­kauf nur an Unter­neh­mer, Gewer­be­trei­ben­de, Frei­be­ruf­ler und öffent­li­che Insti­tu­tio­nen. Kein Ver­kauf an Ver­brau­cher i.S.d. § 13 BGB.“

auf­ge­nom­men. Zudem befand sich ober­halb des „Kaufen“-Buttons der fol­gen­de Text:

„Hier­mit bestä­ti­ge ich, dass ich die Bestel­lung als Unter­neh­mer und nicht als Ver­brau­cher i.S.d. § 13 BGB täti­ge und die all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen zur Kennt­nis genom­men habe.“

Im Ergeb­nis bewer­te­te der BGH bereits die­se Hin­wei­se als aus­rei­chend – und dies sogar, obwohl der Test­käu­fer bei der Anga­be der Käu­fer­da­ten das Feld „Fir­ma“ sogar mit „pri­vat“ aus­füll­te. Zur Begrün­dung führ­te der BGH an, dass man sich nicht auf den Schutz von ver­brau­cher­be­güns­ti­gen­den Vor­schrif­ten (wie z.B. das Wider­rufs­recht) beru­fen kön­ne, wenn man sich zuvor wahr­heits­wid­rig als Unter­neh­mer aus­ge­ge­ben habe. Indem sich aber der Test­käu­fer über den auf jeder Sei­te ent­hal­te­nen deut­li­chen Hin­weis hin­weg­ge­setzt und dar­über hin­aus mit dem Kauf auch die Erklä­rung bestä­tigt habe, er täti­ge die Bestel­lung als Unter­neh­mer, habe er einen Anschein des gewerb­li­chen Erwerbs­zwecks erzeugt, den er gegen sich gel­ten las­sen müs­se.

 Praxishinweis

Nach der Ent­schei­dung dürf­te es im All­ge­mei­nen aus­rei­chend sein, den o.g. Hin­weis deut­lich auf jeder (!) Sei­te des B2B-Online­shops auf­zu­füh­ren und ober­halb des „Kaufen“-Buttons zusätz­lich den Bestä­ti­gungs­text auf­zu­neh­men, idea­ler­wei­se mit aktiv anzu­kli­cken­der Check­box. Zudem soll­te bei den Käu­fer­an­ga­ben das Feld „Fir­ma“ als Pflicht­feld aus­ge­stal­tet sein.

Den­noch ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass abhän­gig von den ange­bo­te­nen Waren und Dienst­leis­tun­gen auch wei­ter­hin unter­schied­lich stren­ge Maß­stä­be an die zu erfül­len­den Vor­ga­ben von rei­nen B2B-Online­shops gestellt wer­den. Mit ande­ren Wor­ten: je eher die Pro­duk­te im Online­shop auch pri­vat von Ver­brau­chern nach­ge­fragt wer­den (könn­ten), des­to stren­ge­re Kri­te­ri­en sind zu erfül­len, wenn man als Online­shop-Betrei­ber auf alle ver­brau­cher­schüt­zen­den Rege­lun­gen ver­zich­ten und nur an Gewer­be­trei­ben­de ver­kau­fen möch­te. Hier wer­den im Ein­zel­nen die zukünf­ti­gen Inst­anz­ur­tei­le für wei­te­re Klar­heit und Rechts­si­cher­heit sor­gen müs­sen.

Die Ent­schei­dung des BGH setzt sich zudem aus­führ­lich mit der Fra­ge aus­ein­an­der, inwie­weit ein Rechts­an­walt als Test­käu­fer geeig­net sei, wenn die Fra­ge des Ver­kaufs an Ver­brau­cher über­prüft wer­den soll – und fin­det sehr kla­re Wor­te: ein Test­kauf eines Rechts­an­walts ist des­sen beruf­li­cher Sphä­re zuzu­ord­nen und damit per se unge­eig­net nach­zu­wei­sen, dass der Mit­be­wer­ber (auch) an Ver­brau­cher ver­kau­fe. Der­ar­ti­ge Test­käu­fe müs­sen daher zwangs­läu­fig von tat­säch­li­chen Ver­brau­chern durch­ge­führt wer­den.

Für die­je­ni­gen Online­shop-Betrei­ber, die in der Ver­gan­gen­heit in Fol­ge einer Abmah­nung bereits eine straf­be­wehr­te Unter­las­sungs­er­klä­rung abge­ge­ben haben, ent­hält das Urteil eine sehr erfreu­li­che Klar­stel­lung: setzt sich ein Test­käu­fer über die oben genann­ten, vom BGH als aus­rei­chend erach­te­ten Text­hin­wei­se hin­weg und bestellt in dem B2B-Online­shop als Ver­brau­cher, löst das kei­ne Ver­trags­stra­fe aus. Viel­mehr sei es rechts­miss­bräuch­lich, die Vor­sor­ge­maß­nah­men des Online­shop-Betrei­bers zu umge­hen und dadurch einen Ver­stoß gegen die Unter­las­sungs­ver­pflich­tung zu pro­vo­zie­ren.

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