BGH-Urteil zu Chartlisten als Datenbank

Urheberrecht | 24. August 2005
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Zu Fra­gen des Leis­tungs­schut­zes für Daten­ban­ken hat sich der BGH mit Urteil (PDF) vom 21. Juli 2005, AZ I ZR 290/02 geäu­ßert. Im Fall hat­te ein Markt- und Medi­en­for­schungs­in­sti­tut Daten über die Nut­zung von Musik­ti­teln im Reper­toires des Hör­funk erho­ben und durch sta­tis­ti­sche Stich­pro­ben wöchent­lich die Ver­kaufs­zah­len der ent­spre­chen­den Ton­trä­ger ermit­telt. Die ermit­tel­ten Charts wur­den in ver­schie­de­nen Zeit­schrif­ten regel­mä­ßig ver­öf­fent­licht.

Die Beklag­te ver­trieb über den Buch­han­del die “Hit-Bilanz”, die Lis­ten ent­hielt, in denen Inter­pre­ten und ihre Hits nach bestimm­ten Kri­te­ri­en sor­tiert auf­ge­führt wur­den. Hier­für nutz­te sie u.a. die Daten der Klä­ge­rin. Die Daten wer­den dabei aber völ­lig anders dar­ge­stellt, zusam­men­ge­fasst und ange­ord­net als in den Charts der Klä­ge­rin.

Dem ist der BGH mit Ver­weis auf § 87b I 1 UrhG ent­ge­gen getre­ten.

Der Leit­satz des Urteils lau­tet:

“Ein Ver­stoß gegen das aus­schließ­li­che Recht eines Daten­bank­her­stel­lers, die Daten­bank ins­ge­samt oder in einem nach Art oder Umfang wesent­li­chen Teil der Daten­bank zu ver­viel­fäl­ti­gen, kann auch gege­ben sein, wenn Daten ent­nom­men und auf ande­re Wei­se zusam­men­ge­faßt wer­den. Auf die Über­nah­me der Anord­nung der Daten in der Daten­bank des Her­stel­lers kommt es für den Schutz nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht an. Die anders­ar­ti­ge Anord­nung der ent­nom­me­nen Daten durch den Ver­wen­der hat nicht zur Fol­ge, daß die­se ihre Eigen­schaft als wesent­li­cher Teil der Daten­bank ver­lie­ren.”

Die Ent­schei­dung ent­hält zwar weder im Ergeb­nis noch in der Begrün­dung über­ra­schen­de Neu­hei­ten, kon­kre­ti­siert aber eini­ge der Tat­be­stands­merk­ma­le des § 87b UrhG und ist all­ge­mein ein schö­ner Abriss durch einen der typi­schen Fäl­le des Daten­bank­rechts. Ins­be­son­de­re wird sau­ber die Grund­la­ge des Rechts­in­sti­tuts ins EU-Recht her­aus­ge­ar­bei­tet und die Rechts­spre­chung des Euro­päi­schen Gerichts­ho­fes zum The­ma erör­tert. Die Begrün­dung des Urteils liest sich daher fast wie eine Repe­ti­to­ri­ums-Fall­be­spre­chung: lehr­reich.

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