BGH zu Offenbarungspflichten von Anwälten

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Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat zur Fra­ge der Ver­pflich­tung des Rechts­an­walts, auf Man­dats­be­zie­hun­gen zum Geg­ner der von ihm ver­tre­te­nen Par­tei hin­zu­wei­sen, ein Grund­satz­ur­teil erlas­sen (Urteil v. 08.11.2007 — Az. IX ZR 5/06).

Danach gilt (wie bis­her), dass die Wahr­neh­mung anwalt­li­cher Auf­ga­ben den unab­hän­gi­gen, ver­schwie­ge­nen und nur den Inter­es­sen des eige­nen Man­dan­ten ver­pflich­te­ten Rechts­an­walt vor­aus­setzt. Der BGH hat ent­schie­den, dass Umstän­de, die Zwei­fel an der Unab­hän­gig­keit des Anwalts begrün­den kön­nen, vom Anwalt offen zu legen sind. Als offen­ba­rungs­pflich­tig stuft der BGH häu­fi­ge Man­dats­be­zie­hun­gen zum Geg­ner ein, weil sie zu beson­de­rer Iden­ti­fi­ka­ti­on mit des­sen Ange­le­gen­hei­ten und zu wirt­schaft­li­cher Abhän­gig­keit füh­ren können.Konkret gilt:

Wird eine Anwalts­so­zie­tät häu­fig von dem Geg­ner der Par­tei, die ihr ein neu­es Man­dat anträgt, beauf­tragt, so muss sie auch dann auf die­sen Umstand hin­wei­sen, wenn ein tat­säch­li­cher oder recht­li­cher Zusam­men­hang mit den vom Geg­ner erteil­ten Auf­trä­gen nicht besteht.“

Die Ver­let­zung sol­cher Auf­klä­rungs­pflich­ten kön­nen dras­tisch sein, denn der BGH hat einen Anscheins­be­weis wie folgt fest­ge­stellt:

Steht fest, dass der Anwalt sei­ne vor­ver­trag­li­che Auf­klä­rungs­pflicht über Man­dats­be­zie­hun­gen sei­ner Sozie­tät zum Geg­ner der Par­tei oder über Gren­zen sei­ner Ver­tre­tungs­be­reit­schaft ver­letzt hat, so spricht der Beweis des ers­ten Anscheins dafür, dass das Man­dat nicht erteilt wor­den wäre, wenn der Man­dant das Auf­trags­ver­hält­nis als­bald nach ent­spre­chen­der Kennt­nis been­det

Das heißt im Klar­text: der Anwalt kann zur Rück­zah­lung des erhal­te­nen Hono­rars ver­pflich­tet sein, wenn er die gebo­te­nen Hin­wei­se nicht erteilt.

Sol­che Fäl­le dürf­ten in der Pra­xis aller­dings eher sel­ten vor­kom­men, weil kaum ein Anwalt, der häu­fig von einer Par­tei beauf­tragt wird, gegen die­se Par­tei auf­tre­ten wird, zumal er dadurch auch in eine Inter­es­sen­kol­li­si­on zulas­ten die­ser Par­tei gera­ten kann.

An die­ser Stel­le sei es erlaubt, auf den Vor­zug des Rechts­an­walts gegen­über zukünf­ti­gen sons­ti­gen „Rechts­dienst­leis­tern“ zu ver­wei­sen, denn nur den Rechtsanwalt/in ver­pflich­tet das Gesetz zur Unab­hän­gig­keit, Ver­schwie­gen­heit und zur Wah­rung der Inter­es­sen des eige­nen Man­dan­ten.

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