BGH zu Offenbarungspflichten von Anwälten

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Der Bun­des­gericht­shof (BGH) hat zur Frage der Verpflich­tung des Recht­san­walts, auf Man­dats­beziehun­gen zum Geg­n­er der von ihm vertrete­nen Partei hinzuweisen, ein Grund­satzurteil erlassen (Urteil v. 08.11.2007 — Az. IX ZR 5/06).

Danach gilt (wie bish­er), dass die Wahrnehmung anwaltlich­er Auf­gaben den unab­hängi­gen, ver­schwiege­nen und nur den Inter­essen des eige­nen Man­dan­ten verpflichteten Recht­san­walt voraus­set­zt. Der BGH hat entsch­ieden, dass Umstände, die Zweifel an der Unab­hängigkeit des Anwalts begrün­den kön­nen, vom Anwalt offen zu leg­en sind. Als offen­barungspflichtig stuft der BGH häu­fige Man­dats­beziehun­gen zum Geg­n­er ein, weil sie zu beson­der­er Iden­ti­fika­tion mit dessen Angele­gen­heit­en und zu wirtschaftlich­er Abhängigkeit führen können.Konkret gilt:

Wird eine Anwaltssozi­etät häu­fig von dem Geg­n­er der Partei, die ihr ein neues Man­dat anträgt, beauf­tragt, so muss sie auch dann auf diesen Umstand hin­weisen, wenn ein tat­säch­lich­er oder rechtlich­er Zusam­men­hang mit den vom Geg­n­er erteil­ten Aufträ­gen nicht beste­ht.“

Die Ver­let­zung solch­er Aufk­lärungspflicht­en kön­nen drastisch sein, denn der BGH hat einen Anscheins­be­weis wie fol­gt fest­gestellt:

Ste­ht fest, dass der Anwalt seine vorver­tragliche Aufk­lärungspflicht über Man­dats­beziehun­gen sein­er Sozi­etät zum Geg­n­er der Partei oder über Gren­zen sein­er Vertre­tungs­bere­itschaft ver­let­zt hat, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Man­dat nicht erteilt wor­den wäre, wenn der Man­dant das Auf­tragsver­hält­nis als­bald nach entsprechen­der Ken­nt­nis been­det

Das heißt im Klar­text: der Anwalt kann zur Rück­zahlung des erhal­te­nen Hon­o­rars verpflichtet sein, wenn er die gebote­nen Hin­weise nicht erteilt.

Solche Fälle dürften in der Prax­is allerd­ings eher sel­ten vorkom­men, weil kaum ein Anwalt, der häu­fig von ein­er Partei beauf­tragt wird, gegen diese Partei auftreten wird, zumal er dadurch auch in eine Inter­essenkol­li­sion zulas­ten dieser Partei ger­at­en kann.

An dieser Stelle sei es erlaubt, auf den Vorzug des Recht­san­walts gegenüber zukün­fti­gen son­sti­gen „Rechts­di­en­stleis­tern“ zu ver­weisen, denn nur den Rechtsanwalt/in verpflichtet das Gesetz zur Unab­hängigkeit, Ver­schwiegen­heit und zur Wahrung der Inter­essen des eige­nen Man­dan­ten.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Selbstanzeige und Nachversteuerung

Dieses Thema hat mit den sonst hier oft behandelten Themen des Geistigen Eigentums und des Datenschutzes nur insoweit zu tun, als es sich in die Öffentlichkeit drängte, als ein Mitarbeiter einer Liechtensteiner Bank eine CD mit Kundendaten an den deutschen Fiskus verkaufte. Wie man heute weiß, war zumindest der Ankauf der Daten und die Verwendung in Steuerstrafverfahren rechtlich zulässig –...

Beweislast für den Zugang einer Abmahnung

Über den Zugang einer Abmahnung wird häufig im Rahmen des § 93 ZPO gestritten. Die Vorschrift regelt: Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. Das Problem tritt häufig auf, wenn ein Unterlassungsanspruch im Eilverfahren durchsetzen werden soll. In der...