BGH zur Kündigung von Subunternehmerverträgen wegen Wegfall des Hauptvertrages

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Der Bun­des­gericht­shof (BGH, Az. III ZR 293/03, Urteil vom 29.07.2004) stellt klar: ver­liert der Unternehmer seinen Haup­tauf­trag, ist er grund­sät­zlich auch berechtigt, die Sub­un­ternehmerverträge außeror­dentlich zu kündi­gen. Dies­bezügliche Bes­tim­mungen eines For­mu­la­rver­trages (AGB) kön­nen jedoch auch zu weit gehen und deshalb wegen unangemessen­er Benachteili­gung unwirk­sam sein.

Der Hintergrund

Aufträge im IT Bere­ich wer­den von Großkun­den in aller Regel nicht direkt an Freiberu­fler vergeben, son­dern an kleine oder mit­tel­große IT Unternehmen. Zur Erfül­lung ihrer Ver­tragspflicht­en gegenüber dem End­kun­den bedi­enen sich diese Unternehmen – auch aus Kosten­grün­den – den Dien­sten eines IT Freiberu­flers, mit dem ein Sub­un­ternehmerver­trag geschlossen wird. Die meis­ten IT Freiberu­fler wer­den deshalb auf­grund solch­er Sub­un­ternehmerverträ­gen tätig.

Um das Risiko eines Auf­tragsver­lustes abzufed­ern, enthal­ten die meis­ten Freiberu­fler-Rah­men­verträge eine Klausel, wonach der Unternehmer den Sub­un­ternehmerver­trag frist­los kündi­gen darf, wenn er sein­er­seits den Haup­tauf­trag ver­liert. Der Unternehmer will so ver­hin­dern, dass er seine Mitar­beit­er weit­er­hin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündi­gungs­frist bezahlen muss, obwohl er diese nicht mehr bei seinem Kun­den ein­set­zen kann.

Der Fall

Dem jet­zt vom BGH entsch­iede­nen Fall lag ein Sub­un­ternehmerver­trag aus dem Bere­ich Gebäudesicher­heit (Bear­beitung von Notrufen aus Aufzü­gen) zugrunde. Der Ver­trag war for­mu­la­rmäßig erstellt und zur Ver­wen­dung gegenüber ein­er Vielzahl von Sub­un­ternehmern ein­set­zbar. Es han­delte sich somit um all­ge­meine Geschäfts­be­din­gun­gen des Unternehmers und nicht um einen indi­vidu­ell aus­ge­han­del­ten Ver­trag. Abwe­ichun­gen vom geset­zlichen Leit­bild kön­nen in solchen ein­seit­ig gestell­ten, all­ge­meinen Ver­trags­be­din­gun­gen jedoch nur eingeschränkt erfol­gen. Im vor­liegen­den Fall enthielt der Ver­trag fol­gende Klausel:

„Das Recht zur Kündi­gung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt ins­beson­dere vor, wenn der Hauptver­trag endet bzw. sich Änderun­gen im Umfang der Dien­stleis­tung ergeben.“

Nach­dem der Hauptver­trag hier vom End­kun­den gekündigt war, kündigte der Unternehmer auch den Sub­un­ternehmerver­trag mit sofor­tiger Wirkung. Die Kündi­gung wurde dabei aus­drück­lich auf diese Klausel des Ver­trages gestützt. Der Sub­un­ternehmer wies die Kündi­gung zurück. Er ver­langte weit­er­hin eine ver­traglich fest­gelegte „Vorhal­tepauschale“ (ver­gle­ich­bar mit einem ver­traglich fest­gelegten Min­des­tum­fang an Wochen­stun­den). Der Sub­un­ternehmer ver­lor jedoch in zwei Instanzen, denn Amts- und Landgericht hiel­ten die frist­lose Kündi­gung für wirk­sam.

Das Urteil

Diese Urteile der Vorin­stanzen hob der BGH auf. Zwar hielt der BGH fest, dass der Sub­un­ternehmerver­trag als Dauer­schuld­ver­hält­nis stets ein­er Kündi­gung aus wichtigem Grund nach § 626 bzw. 314 BGB zugänglich sei. Dies müsse nicht aus­drück­lich im Ver­trag fest­ge­hal­ten wer­den. Auch sei es vorn vorn­here­in klar, dass Störun­gen im Ver­hält­nis zwis­chen Unternehmer und End­kun­den sich auf das Ver­hält­nis zwis­chen Unternehmer und Sub­un­ternehmer auswirken kön­nen. Der Unternehmer hat­te seine Kündi­gung aber nicht auf die geset­zlichen Vorschriften, son­dern auf eine ver­tragliche Klausel gestützt und die geht nach Ansicht des BGH zu weit.

Das in Form all­ge­mein­er Geschäfts­be­din­gung vere­in­barte Son­derkündi­gungsrecht benachteilige den Sub­un­ternehmer unangemessen und sei deshalb treuwidrig. Denn unter den weit gefassten Wort­laut der Klausel falle schlichtweg jede Beendi­gung des Hauptver­trages. Dies bedeute, dass die Klausel dem Unternehmer eine Hand­habe biete, sich sog­ar dann vom Sub­un­ternehmerver­trag zu lösen, wenn er selb­st die Beendi­gung des Hauptver­trages her­beige­führt habe, sei es durch eigene Kündi­gung oder ein­vernehm­liche Aufhe­bung, ohne dass die Gren­ze zur Unzu­mut­barkeit ein­er Fort­set­zung des Hauptver­trages über­schrit­ten wor­den wäre. Dies stelle eine ein­seit­ige, den Sub­un­ternehmer unangemessen benachteili­gende Ver­lagerung des Risikos ein­er Beendi­gung des Hauptver­trages auf den jew­eili­gen Sub­un­ternehmer dar. Der BGH verneinte auch die Möglichkeit ein­er ein­schränk­enden Ausle­gung der Klausel („gel­tungser­hal­tende Reduk­tion“), etwa in dem Sinn, dass sie nur solche Beendi­gun­gen des Hauptver­trages erfasse, die es dem Unternehmer unzu­mut­bar machen, den Sub­un­ternehmerver­trag fortzuset­zen. Das Ver­bot der gel­tungser­hal­tenden Reduk­tion besagt, dass es nach Wort­laut und Zweck der Vorschriften über die Gel­tung all­ge­mein­er Geschäfts­be­din­gun­gen (früher AGB-Gesetz, heute §§ 305 – 310 BGB) nicht möglich ist, nur teil­weise gegen das Gesetz ver­stoßende Klauseln mit eingeschränk­tem Inhalt aufrecht zu erhal­ten. Dies gilt auch im Rechtsverkehr zwis­chen Kau­fleuten. Mit anderen Worten: wenn eine AGB Klausel zu weit geht, fällt sie ins­ge­samt weg und bleibt auch nicht in einem ger­ade noch zuläs­si­gen Bere­ich aufrecht erhal­ten. Das Risiko der Ver­wen­dung benachteili­gen­der Klauseln trägt deshalb immer der Ver­wen­der der Klausel. Geht sie zu weit, gilt stattdessen das Gesetz, welch­es wiederum nicht nur ein­seit­ige Inter­esse schützt.

Der BGH lässt in sein­er Entschei­dung aus­drück­lich offen, ob die Kündi­gung des Unternehmers hier aber aus anderen Grün­den gerecht­fer­tigt war. Ob näm­lich eine wirk­same Beendi­gung des Hauptver­trages und weit­ere Umstände vor­la­gen, die eine Fort­set­zung des Sub­un­ternehmerver­trages für den Unternehmer unzu­mut­bar macht­en, wurde von den Vorin­stanzen nicht aus­re­ichend berück­sichtigt. Dies Sache wurde deshalb zur erneuten Entschei­dung an das Landgericht zurück ver­wiesen.

Das Fazit

Die Entschei­dung erg­ing hier zwar zulas­ten des Unternehmers. Im Ergeb­nis ist das Urteil jedoch für andere Unternehmer dur­chaus vorteil­haft. Denn der BGH hat klargestellt, dass der Weg­fall des Hauptver­trages zumin­d­est dann einen wichti­gen Grund im Sinne des § 626 BGB (Frist­lose Kündi­gung aus wichtigem Grund) darstellt, wenn der Weg­fall des Hauptver­trages nicht durch eigene Kündi­gung des Unternehmers erfol­gt ist. Die Abwälzung des Risikos eines Auf­tragsver­lustes auf den Sub­un­ternehmer ist deshalb grund­sät­zlich möglich, auch ohne geson­derte ver­tragliche Vere­in­barung. Offen bleibt indes, ob der Weg­fall des Hauptver­trages durch Kündi­gung des End­kun­den auch dann ein wichtiger Grund zur Kündi­gung des Sub­un­ternehmerver­trages ist, wenn die Kündi­gung des Hauptver­trages durch ein schuld­haftes Han­deln des Unternehmers provoziert wurde.

Für Freiberu­fler und andere Sub­un­ternehmer ist immer­hin klar: wenn der Unternehmer aus geschäft­spoli­tis­chen Grün­den eine unberechtigte Kündi­gung des End­kun­den akzep­tiert, kann er dieses Risiko nicht ohne weit­eres in Form ein­er frist­losen Kündi­gung des Sub­un­ternehmerver­trages auf den Freiberu­fler abwälzen. Hier hil­ft ihm auch eine entsprechende AGB Klausel nicht weit­er. Der Unternehmer muss min­destens dar­legen, dass sein Ver­hal­ten (Nichtvorge­hen gegen die Kündi­gung des Hauptver­trages) kaufmän­nisch sin­nvoll war und ein Fes­thal­ten am Sub­un­ternehmerver­trag für ihn unzu­mut­bar wäre.

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