Tiere bei der Arbeit: So klappt’s auch rechtlich mit dem Bürohund

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Immer mehr klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men in Deutsch­land erlau­ben Hun­de im Büro. Das ist gut für die Stim­mung im Team und fürs Arbeit­ge­ber-Image. Aber müs­sen Unter­neh­men das erlau­ben? Muss der Hund sonst in die Hun­de­pen­si­on? Und was, wenn Wuf­fi die Couch anknab­bert?

Vie­le Stun­den Arbeit am Com­pu­ter, lan­ge und stres­si­ge Sit­zun­gen, wech­seln­de Umge­bun­gen, das stän­di­ge Geräusch des Tele­fons — ein ganz nor­ma­ler Büro­tag. Ein Hund passt eigent­lich über­haupt nicht in die­ses Bild. Schließ­lich brau­chen Hun­de die vol­le Auf­merk­sam­keit ihrer Besit­zer und den Kon­takt zur Natur, wo sie kör­per­lich und geis­tig gefor­dert sind.

Vie­le Hun­de haben sich den­noch in Büros „nie­der­ge­las­sen“, wo sie ihre Zeit mit Nicker­chen und Aus­ru­hen unter den Schreib­ti­schen ihrer Besit­zer ver­brin­gen. Dabei wer­den sie nicht nur in den Sozia­len Netz­wer­ken längst als „Feel-Good-Mana­ger“ im Office gefei­ert: Stu­di­en zei­gen, dass sich die Anwe­sen­heit von Haus­tie­ren im Büro posi­tiv auf die Atmo­sphä­re im Büro aus­wirkt. Ein Hund liest kei­ne E‑Mails und geht nicht ans Tele­fon — aber er kann die Pro­duk­ti­vi­tät und das Wohl­be­fin­den der Mit­ar­bei­ter erheb­lich ver­bes­sern.

Auch die Hun­de pro­fi­tie­ren davon, dass ihre Besit­zer sie mit ins Büro neh­men: Sie sit­zen nicht allein zu Hau­se, son­dern genie­ßen die Nähe eines gelieb­ten Men­schen und die Anwe­sen­heit vie­ler ande­rer freund­li­cher Mit­ar­bei­ter. Einen Hund mit zur Arbeit neh­men zu kön­nen, ist auch eine Opti­on für viel­be­schäf­tig­te Men­schen, die ger­ne ein eige­nes Haus­tier hät­ten. Aber all das ist nur sinn­voll, wenn die Grund­be­dürf­nis­se des Hun­des erfüllt und am Arbeits­platz eini­ge Regeln ein­ge­hal­ten wer­den.

Darf der Hund mit ins Büro?

Ob Arbeit­neh­mer ein Haus­tier wie z.B. einen Hund mit zur Arbeit neh­men dür­fen, hängt von der Zustim­mung des Arbeit­ge­bers ab. Sein Direk­ti­ons­recht spielt eine ent­schei­den­de Rol­le.

In ers­ter Linie muss die Gewer­be­ord­nung (GewO § 106) beach­tet wer­den: „Der Arbeit­ge­ber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeits­leis­tung nach bil­li­gem Ermes­sen näher bestim­men.“

Dabei muss der Arbeit­ge­ber aller­dings auch die Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer beach­ten und dabei ver­fas­sungs­recht­li­che und gesetz­li­che Wert­ent­schei­dun­gen, die Ver­kehrs­sit­te und die Zumut­bar­keit für die Betei­lig­ten berück­sich­ti­gen. Sie mer­ken es schon: Es geht um die Umstän­de im Ein­zel­fall. Inter­es­sen des Arbeit­neh­mers, die in die Waag­scha­le zu wer­fen sind, sind auch des­sen Ver­pflich­tun­gen in Bezug auf die Hal­tung eines Haus­tie­res (Arbeits­ge­richt Hagen (West­fa­len), Urt. v. 16.02. 2021, Az. 4 Ca 1688/20).

Grund­sätz­lich steht es dem Arbeit­ge­ber als Inha­ber des Haus­rechts frei, zu ent­schei­den, wel­che Haus­tie­re das Büro betre­ten dür­fen und unter wel­chen Bedin­gun­gen. Aller­dings kön­nen nur beson­de­re Sicher­heits- oder Hygie­ne­vor­schrif­ten ihn dar­an hin­dern, eine Geneh­mi­gung zu ertei­len. Selbst­ver­ständ­lich muss der Arbeit­ge­ber dabei auch auf Inter­es­sen ande­rer Mit­ar­bei­ter ach­ten, z. B. wenn ein Mit­ar­bei­ter eine Hun­de­haar­all­er­gie hat oder Angst vor Hun­den. Und natür­lich muss der Hund auch mit ande­ren Hun­den im Büro ver­träg­lich sein.

Es besteht also kein Anspruch dar­auf, ein Haus­tier wie z.B. einen Hund mit ins Büro zu neh­men. Wenn Arbeit­neh­mer aber die Zustim­mung des Arbeit­ge­bers ein­ge­holt haben, kön­nen sie ihr Haus­tier pro­blem­los mit­neh­men. Im Inter­es­se des Betriebs­frie­dens emp­feh­len wir, die Ent­schei­dung über Haus­tie­re im Büro in einer Ver­ein­ba­rung fest­zu­hal­ten. Die­se ist jeder­zeit wider­ruf­bar.

  • Ach­tung: Wer sei­nen Hund trotz Ver­bots mit zur Arbeit nimmt, ver­stößt gegen die Vor­schrif­ten des Arbeit­ge­bers. Die­ser kann die­ses Ver­hal­ten abmah­nen, im Wie­der­ho­lungs­fall kann das auch eine Kün­di­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Grün­den recht­fer­ti­gen.

Nur ausnahmsweise: Anspruch auf einen Bürohund

In weni­gen Fäl­len besteht eine Aus­nah­me vom Wei­sungs­recht des Arbeit­ge­bers. Wenn der Arbeit­neh­mer bei der Arbeit auf ein Haus­tier ange­wie­sen ist, wie z. B. auf einen Blin­den­hund, muss der Arbeit­ge­ber die­ses grund­sätz­lich geneh­mi­gen.

Wenn ein Arbeit­ge­ber sei­nen Arbeit­neh­mern über meh­re­re Jah­re hin­weg immer wie­der erlaubt hat, ihre Hun­de mit zur Arbeit zu brin­gen, kann das eine betrieb­li­che Übung begrün­den. Dann kann der Arbeit­ge­ber unter Umstän­den an die­se Pra­xis gebun­den sein.

Wenn der eine Hund rein darf, der andere aber nicht

Schwie­rig wird es, wenn Mit­ar­bei­ter ihre Hun­de mit zur Arbeit brin­gen dür­fen, das aber einem ande­ren Arbeit­neh­mer nicht gestat­tet wer­den soll. Wenn die betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer die glei­chen Auf­ga­ben wahr­neh­men und es kei­nen ande­ren trif­ti­gen Grund für die Ungleich­be­hand­lung gibt, kann der Anspruch auf Gleich­be­hand­lung tan­giert sein.

Aller­dings kön­nen – und müs­sen — sach­li­che Grün­de berück­sich­tigt wer­den. Bei Hun­den zum Bei­spiel müs­sen Grö­ße, Aus­bil­dung und in man­chen Fäl­len auch die Ras­se berück­sich­tigt wer­den. Ein Arbeit­ge­ber wird sich schon aus Haf­tungs­grün­den schwer tun, einen als „Kampf­hund“ gelis­te­ten Hund im Büro zuzu­las­sen. Auch sehr viel Bel­len oder, bei meh­re­ren Hun­den, ein aus­ge­präg­tes Revier­ver­hal­ten kön­nen wich­ti­ge Grün­de gegen die Ertei­lung einer Geneh­mi­gung sein und eine Ungleich­be­hand­lung recht­fer­ti­gen.

Hunde im Homeoffice

Heut­zu­ta­ge arbei­ten immer mehr Arbeit­neh­mer ganz oder teil­wei­se im Home­of­fice. Natür­lich kann der Arbeit­ge­ber den Hund daheim nicht ver­bie­ten. Aber gelang­weil­te Hun­de kön­nen ein Ärger­nis sein, vor allem, wenn sie an den Video­kon­fe­ren­zen ihrer Besit­zer auf die eine oder ande­re Art teil­neh­men möch­ten. Manch­mal kann das die Atmo­sphä­re auf­lo­ckern und die Arbeit für alle Kol­le­gen abwechs­lungs­rei­cher gestal­ten. Für den Hun­de­hal­ter, der arbei­ten muss und will, kann ein gelang­weil­ter Hund aber auch Pro­ble­me mit sich brin­gen.

Auch wenn es in Bezug auf die Arbeit im Home­of­fice noch kei­ne kla­re Rege­lung für Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer gibt, muss der Arbeit­neh­mer jeden­falls dar­auf ach­ten, dass Haus­tie­re sein Arbeits­um­feld nicht nega­tiv beein­flus­sen.

Neue Arbeitszeiten: Rücksicht auf die Haustiere?

Wenn die Arbeits­zeit ver­än­dert wer­den soll, müs­sen die Inter­es­sen sowohl der Arbeit­neh­mer als auch des Arbeit­ge­bers berück­sich­tigt wer­den. Ein Haus­tier ver­sor­gen zu müs­sen, stellt einen trif­ti­gen Grund für Arbeit­neh­mer dar, um Ände­run­gen nicht zu akzep­tie­ren.

Aus Grün­den des Tier­schut­zes darf z.B. ein Hund nicht 7 Stun­den zuzüg­lich Wege­zei­ten allein sein. „Zum einen sind Hun­de Rudel­tie­re, die bei län­ger­fris­ti­gem Allein­sein auf­grund ihrer Urängs­te in Stress gera­ten, zum ande­ren muss dafür Sor­ge getra­gen sein, dass sie regel­mä­ßig ihre Not­durft ver­rich­ten kön­nen“ (ArbG Hagen (West­fa­len), s.o.).

Ein Tier bei einem Tier­sit­ter oder in einer Tier­pen­si­on unter­zu­brin­gen, ist dem Arbeit­neh­mer nach Ansicht des Arbeits­ge­richts Hagen (West­pha­len) nur zuzu­mu­ten, wenn der Arbeit­ge­ber gewich­ti­ge betrieb­li­che Grün­den vor­brin­gen sowie nach­wei­sen kann, dass er sein Ermes­sen pflicht­ge­mäß aus­ge­übt hat.

Bürohunde: Hundedecke, Auslauf, Haftung

Damit sich das Tier und alle Mit­ar­bei­ter wohl­füh­len, soll­te nicht nur der Hund, son­dern auch der Raum für den Hund bestimm­te Bedin­gun­gen erfül­len. Im Büro soll­te es genü­gend Platz  und eine spe­zi­el­le Ecke für das Tier geben.

Das Hun­de­bett oder eine Decke soll­te sich natür­lich in der Nähe des Besit­zers, aber auch immer am sel­ben Ort befin­den und nicht in der Nähe von Gän­gen oder ande­ren fre­quen­tier­ten Berei­chen lie­gen. Auch Was­ser- und Fut­ter­näp­fe soll­ten etwas abseits auf­ge­stellt sein, wo der Hund sie gut errei­chen und in Ruhe fres­sen kann, sie aber auch nie­man­den stö­ren.

Die all­ge­mei­nen Regeln für die Hal­tung von Hun­den gel­ten natür­lich auch für Büro­hun­de. Wich­ti­ge Anfor­de­run­gen an die Hal­tung, Zucht sowie auch Füt­te­rung und Pfle­ge von Hun­den regelt die Tier­schutz-Hun­de­ver­ord­nung, die 2022 umfas­send geän­dert wur­de. Rele­vant für die Büro­hun­de kön­nen vor allem fol­gen­de Punk­te sein:

  • Aus­lauf: min­des­tens zwei­mal am Tag außer­halb des Zwin­gers (ins­ge­samt min­des­tens 1 Stun­de);
  • wenn ein Hund im Haus gehal­ten wird, soll­te ihm „ein Blick ins Freie“ gewährt wer­den;
  • Anbin­de­hal­tung ist ver­bo­ten.

» Ach­tung: Wenn ein Haus­tier im Büro einen Scha­den ver­ur­sacht, haf­tet der Besit­zer dafür. Eine Hun­de­haft­pflicht­ver­si­che­rung ist nicht in allen Bun­des­län­dern Pflicht, so dass Arbeit­neh­mer gegen­über dem Arbeit­ge­ber nach­wei­sen soll­ten, dass sie eine sol­che abge­schlos­sen haben, bevor sie ihren Hund mit ins Büro brin­gen.

» Pra­xis­tipp: Die­se Regeln soll­ten vor­ab fest­ste­hen

Bevor Mit­ar­bei­ter ein Haus­tier mit zur Arbeit zu brin­gen, emp­fiehlt es sich, gemein­sam kla­re Rege­lun­gen auf­zu­stel­len, die für alle glei­cher­ma­ßen gel­ten und am bes­ten schrift­lich fest­ge­hal­ten wer­den. Das beginnt häu­fig schon mit der Fra­ge, ob alle, die poten­zi­ell mit dem Hund zu tun haben könn­ten, damit ein­ver­stan­den sind, dass er im Büro ist. Was tun mit den­je­ni­gen, die all­er­gisch sind oder Angst vor Hun­den haben? Die Regeln soll­ten min­des­tens klä­ren:

  • Wie vie­le Haus­tie­re (z.B. Hun­de) und in wel­cher Abtei­lung sol­len gleich­zei­tig erlaubt sein?
  • Sind alle poten­zi­ell Betrof­fe­nen ein­ver­stan­den?
  • Wer ist ver­ant­wort­lich, wenn der Hund Fir­men­ei­gen­tum beschä­digt?
  • Ver­fügt der Besit­zer über eine Ver­si­che­rung, die sol­che Kos­ten abdeckt?
  • Pro­be­zeit: Ver­sto­ßen Hund oder Hal­ter wäh­rend­des­sen gegen die Regeln, wird das Tier aus dem Büro aus­ge­schlos­sen.

Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en Part­ner­schaft mbB. Er berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, meist mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts und des Arbeits­rechts. Außer­dem ist er das Herr­chen von Hen­ry, der im Münch­ner Büro von SNP Schla­wi­en als Feel-Good-Mana­ger fun­giert. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

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