CBD-Produkte boomen in Deutschland, die Liberalisierungspläne der Bundesregierung befeuern diese Entwicklung zusätzlich. Allerdings ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass sich CBD-Händler aktuell in einer rechtlichen Grauzone bewegten. Ein aktuelles Urteil des BGH zeigt: Naivität und Nachlässigkeit können direkt ins Gefängnis führen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in Verfahren gegen zwei Angeklagte zu entscheiden, die wegen Handels mit Cannabidiol vom Landgericht Berlin zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Als auch Deutschlands oberste Strafrichter in Karlsruhe die harten Strafen wegen des Verkaufs von CBD-Blüten bestätigten (BGH, Beschl. v. 23.06.2022, Az. 5 StR 490/21) wurde das in den Medien überrascht, zum Teil auch empört aufgenommen.
Doch das Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs kam nicht wirklich überraschend. CBD-Blüten werden nach aktueller Gesetzeslage als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eingeordnet. Wenn ihr Wirkstoffgehalt unterhalb von 0,2 % THC liegt, können sie unter eine Ausnahmevorschrift fallen, so dass der Handel erlaubt sein kann.
Um aber tatsächlich damit straflos Handel treiben zu dürfen, muss außerdem nach geltendem Recht „jeglicher Missbrauch zu Rauschzwecken sicher ausgeschlossen“ sein. Wie bereits 2021 bei einem Hanftee-Produkt (BGH, Urt. v. 24. 03.2021, Az. 6 StR 240/20) sah der BGH diese Voraussetzung auch in der jetzt entschiedenen Konstellation nicht als gegeben an: Denn wenn man die CBD-Blüten erhitzen würde, könnte weiteres THC freigesetzt werden und bei Konsumenten einen Cannabisrausch erzeugen.
Auch das Argument, die Verurteilung wegen des Handels mit CBD-Blüten stelle einen Verstoß gegen die europarechtliche Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) dar, weil die Blüten in Spanien legal produziert wurden, wies der BGH zurück. CBD-Blüten seien Suchtstoffe, deren Handel per se verboten sei. Die Warenverkehrsfreiheit sei deshalb gar nicht einschlägig, die Rechtslage so klar, dass die Richter auch keinen Anlass sahen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen.
Der BGH bleibt damit bei seiner Linie, die sowohl innerhalb der Branche als auch in den Medien von vielen als sehr streng empfunden wird. Der hohen Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, zu der der Hauptangeklagte verurteilt wurde, lag allerdings neben dem Vorwurf des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch der versehentliche (!) Besitz von insgesamt knapp 20kg klassischen Cannabis‘ zugrunde.
Zudem ist es weder dem BGH noch den Gerichten der unteren Instanzen anzulasten, dass sie bestehende Gesetze anwenden. Der Ball liegt vielmehr beim Gesetzgeber: Es braucht einen praktikablen Rechtsrahmen für den Handel mit CBD-Produkten.
Solange dieser nicht kommt, müssen CBD-Händler weiterhin damit rechnen, dass das Urteil des BGH zu verstärkten Kontrollen seitens der zuständigen Strafverfolgungsbehörden führt. In den vergangenen Wochen wurden bundesweit Betriebe und Geschäfte von CBD-Händlern kontrolliert – keineswegs nur einschlägige Headshops, sondern auch etablierte Handelsunternehmen. Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet, es kam es auch zu umfassenden Beschlagnahmen.
Unternehmen, die Handel mit CBD-Produkten betreiben oder den Eintritt in diesen wirtschaftlich lukrativen Markt planen, sollten der aktuellen Entscheidung aus Karlsruhe daher zweierlei entnehmen: Nachlässigkeit oder Naivität können im Bereich CBD unverändert zu massiven strafrechtlichen Konsequenzen führen. Sorgsam planenden Unternehmen hingegen bietet jedes weitere BGH-Urteil die Möglichkeit, die immer klarer konturierten höchstrichterlichen Vorgaben in ihrer Vertriebsstrategie umzusetzen.
Der Autor Gero Wilke ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und berät Groß- und Einzelhandelsunternehmen hinsichtlich der einzuhaltenden wettbewerbsrechtlichen und spezialgesetzlichen Vorgaben insbesondere im Tabak‑, Lebensmittel- und Kosmetikrecht. https://www.linkedin.com/in/gerowilke/
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