Checkliste: Service Level Agreement

IT-Recht | 14. Februar 2004
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RA Arne Traut­mann: Erläuterun­gen zu Funk­tion und Gestal­tung von Ser­vice Lev­el Agree­ments

1. Was ist ein SLA?

Ein Ser­vice Lev­el Agree­ment (SLA) ist eine Vere­in­barung zwis­chen dem Erbringer ein­er Dien­stleis­tung und seinem Kun­den über Art und Umfang der zu erbrin­gen­den Dien­ste. “Dien­ste” ist dabei im weit­eren – nicht streng juris­tis­chen – Sinne zu ver­ste­hen, kön­nen das doch sowohl Pflicht­en aus einem Dien­stver­trag im Rechtssinne sein, als auch etwa Miet- oder Werkleis­tun­gen.
Im Kern ist – trotz des unge­wohn­ten Namens – ein SLA damit vor allem der beschreibende Teil eines Dienst- oder son­sti­gen Ver­trages.

2. Beispiele für ein SLA

Das ger­adezu arche­typ­is­che Beispiel für ein SLA ist die Vere­in­barung eines Anbi­eters von Inter­net­zugän­gen (ISP) über die Ver­füg­barkeit des Zuganges. Üblicher­weise wird hier eine bes­timmte, in Prozent angegebene Ver­füg­barkeit des Ser­vices zuge­sagt. So mag ein Provider eine Ver­füg­barkeit des Zugangs zu 99.95% pro Jahr zusich­ern, wobei die “Downzeit” am Stück nicht länger als fünf Minuten dauern darf.

Gute Beispiele sind aber auch Vere­in­barun­gen mit Reini­gungs- und Haus­meis­terun­ternehmen über das Maß der zu erbrin­gen­den Reini­gungsleis­tun­gen oder der Ver­trag mit einem Call-Cen­ter über die Ver­füg­barkeit und Geschwindigkeit etwa ein­er Hot­line für ein bes­timmtes Pro­dukt.

3. Wo werden SLA verwendet?

Der klas­sis­che Anwen­dungs­fall eines SLA liegt sich­er dann vor, wenn es im Ver­hält­nis zu exter­nen Dien­stleis­tern abgeschlossen wird, um die Para­me­ter der erbracht­en Dien­ste durch­sichtig zu regeln und damit kon­trol­lier­bar zu machen. Häu­fig ist ein SLA damit Teil ein­er Out­sourc­ing-Vere­in­barung. Sach­lich sin­nvoll ist der Abschluß dann, wenn eine zu erbrin­gende Dien­stleis­tung sehr kom­plex ist.
Rel­a­tiv neu ist die Insti­tu­tion des SLA als Instru­ment des inter­nen Con­trol­ings eines Unternehmens. Hier­bei wer­den SLA zwis­chen den ver­schiede­nen Kosten­stellen im Unternehmen geschlossen (was freilich kein Ver­trag im Rechtssinn ist), um Kosten und Leis­tun­gen unternehmensweit trans­par­ent zu gestal­ten. Somit ist auch ein Ver­gle­ich zwis­chen inter­nen und (ggf.) exter­nen Dien­stleis­tern möglich. Seit­ens des Man­age­ments läßt sich auf diese Weise ver­läßlich beurteilen, an welchen Stellen Out­sourc­ing von Unternehmensfunk­tio­nen in Betra­cht kommt und wo es eher kon­trapro­duk­tiv wirken würde.

4. Worin besteht die rechtliche Bedeutung eines SLA?

Die rechtliche Bedeu­tung eines SLA beste­ht vor­rangig darin festzule­gen, in welch­er Art und in welchem Umfang eine erbrachte Leis­tung ver­trags­gemäß ist. Dies hat vielfältige Auswirkun­gen.
Bei ver­schiede­nen Ver­tragstypen greifen Mängegewährleis­tungsrechte dann, wenn die tat­säch­lich erbrachte Leis­tung in neg­a­tiv­er Weise von der ver­traglich geschulde­ten Leis­tung abwe­icht. Selb­stver­ständlich kann das Gesetz aber diese Leis­tung nicht im Detail beschreiben, da sie in jedem Einzelfall unter­schiedlich aussieht. Im Stre­it­fall entschei­det erst die Recht­sprechung darüber, inwiefern eine Leis­tung ver­trags­gemäß erbracht ist, dies aber ohne klare Kri­te­rien. Eine ver­läßliche Entschei­dungs­grund­lage kann aber ein SLA brin­gen. Die Parteien erhal­ten somit ein­deutige Per­spek­tiv­en, Rechts- und Pla­nungssicher­heit.
Noch weit­er geht die Bedeu­tung von SLAs bei Ver­tragstypen, die nach der Konzep­tion des Geset­zge­ber keine Män­gel­gewährleis­tungsregeln besitzen. Dazu zählt etwa der Dien­stver­trag. Hier kann durch ein SLA ein Män­gel­regime auf ver­traglich­er Grund­lage geschaf­fen wer­den. So mag etwa (in den sog. Eskala­tion­s­mech­a­nis­men) vorge­se­hen sein, bei Über­schre­itung von Reak­tion­szeit­en eines Reper­aturs­er­vices bei Prob­lem­mel­dun­gen das Ent­gelt für die Reparatur zu ermäßi­gen und bei dauern­der Unter­schre­itung bes­timmter Para­me­ter ein vorzeit­iges Kündi­gungsrecht einzuräu­men.
Let­ztlich bietet ein SLA den Parteien die Möglichkeit, ihre Rechts­beziehun­gen nach eigen­em Gut­dünken frei zu regeln. Ger­ade bei “mod­er­nen” Dien­stleis­tun­gen, die der Geset­zge­ber bei der Erstel­lung des nun schon über 100 Jahre alten BGB schlicht nicht berück­sichti­gen kon­nte, ist dies der Rechtssicher­heit und damit auch der Plan­barkeit von Unternehmensvorgän­gen aus­ge­sprochen zuträglich.

5. Was ist bei der Erstellung eines SLA zu beachten?

5.1 Aus­gangslage
Nur bei weni­gen Ver­tragstypen, mit denen Teil­nehmer des Wirtschaft­slebens regelmäßig zu tun haben, ist ein größer­er Wild­wuchs an unver­ständlichen, unwirk­samen und nicht durch­set­zbaren Regelun­gen zu find­en, als ger­ade bei SLAs. Dies dürfte seine Ursache im Wesentlichen in zwei Grün­den find­en.
Zum einen wurde die Insti­tu­tion des SLA weit­ge­hend im anglo-amerikanis­chen Recht­sraum entwick­elt und stellt im deutschen Rechtssys­tem ein dog­ma­tis­ches “Dunkel­land” dar, obwohl es sich doch recht gut in die deutsche Ver­trags­dog­matik inte­gri­eren läßt.
Weit­er­hin ste­ht ein SLA wie kaum ein ander­er Ver­tragsty­pus an der Schnittstelle zwis­chen aus­ge­sprochen kom­plex­en juris­tis­chen, tech­nis­chen und betrieb­swirtschaftlichen Fra­gen. Häu­fig aber erstellt im Unternehmen entwed­er ein Team von Tech­nikern oder aber die Rechtsabteilung (ob im Haus oder als beauf­tragter Anwalt) das Doku­ment allein. Dies führt regelmäßig zu unaus­ge­wo­ge­nen Ver­tragsvorschä­gen, die entwed­er tech­nisch nicht durch­führbar oder juris­tisch unwirk­sam sind.

5.2 Generelle Erwä­gun­gen
Für die Erstel­lung eines SLA gel­ten zunächst die all­ge­meinen Regeln für die erfol­gre­iche Erstel­lung und Ver­hand­lung eines Ver­trages. Hier sollen nur in Kurz­form einige der Haupt­punk­te gegeben wer­den; die genaue Erörterung wird einem eige­nen Beitrag vor­be­hal­ten.
Es ist aus­ge­sprochen sin­nvoll, die “Redak­tion­shoheit” eines Ver­trages in der Hand zu hal­ten, also den Ver­trag­s­text selb­st zu for­mulieren und dem “Geg­n­er” vorzule­gen. Das mag müh­sam erscheinen, erfahrungs­gemäß ist es aber schwierig, einen vorgelegten Ver­trag von Grund auf zu ändern. Der Ver­trag bleibt damit auch nach Ver­hand­lun­gen im Wesentlichen in der ursprünglichen Form erhal­ten. Ob die Redak­tion­shoheit let­ztlich erlangt wer­den kann, wird freilich eine Frage der Ver­hand­lungs­macht der Parteien sein.
Verträge soll­ten unbe­d­ingt im Zusam­men­spiel von fach­lich und juris­tisch kom­pe­ten­ten Per­so­n­en ent­wor­fen und ver­han­delt wer­den.
Verträge müssen einen spez­i­fis­chen Einzelfall regeln. Bei kom­plex­en Sachver­hal­ten ver­bi­etet sich daher das schlichte Abschreiben ander­weit­ig bere­its ver­wandter Ver­tragsmuster.
Verträge müssen durch­set­zbar sein. Die Regelung sollte daher möglichst präzise for­muliert, unmißver­ständlich und – gele­gentlich ein ern­stes Prob­lem – in der Prax­is durch­führbar sein.

5.3 Spez­i­fis­che Über­legun­gen
Anhand eines SLA muß die eine Dien­stleis­tung in ihren Details fassen, beschreiben und bew­erten kön­nen. Den Parteien muß es möglich sein, im Ver­gle­ich von Sein und Sollen festzustellen, ob Ser­viceziele erre­icht wor­den sind. Dazu muß das SLA eini­gen Min­destanforderun­gen genü­gen. Geregelt wer­den soll­ten:

Art der zu erbrin­gen­den Dien­ste
Details hin­sichtlich des geschulde­ten Umfanges der Dien­ste
Metriken, um die Dien­ste “meßbar” zu gestal­ten
Berichts- und Evaluierungsver­fahren
Einzel­heit­en des Man­age­ments des SLA und der danach geschulde­ten Dien­ste, Benen­nung von Ver­ant­wortlichen zur Überwachung und Durch­führung des SLA
Fol­gen bei Nichter­re­ichen der Ser­viceziele (ggf. getren­nt in Fol­gen bei kurzfristi­gen und andauern­den Störun­gen)
Gren­zen der Ser­viceziele, etwa bei Ein­flüssen von drit­ter Seite
Mech­a­nis­men zur Anpas­sung von Para­me­tern an geän­derte tat­säch­liche oder tech­nis­che Ver­hält­nisse
Ver­trag­stech­nisch bewährt hat es sich, eher all­ge­meine, juris­tis­che Bes­tim­mungen in einem Haupt- oder Rah­men­ver­trag festzuhal­ten. Das bet­rifft üblicher­weise Fra­gen des Man­age­ments des SLA, der Koop­er­a­tions- und Mitwirkungspflicht­en der Ver­tragsparteien, Ver­tragslaufzeit­en und ähn­lich­es.
Die eher “tech­nis­chen” Details, ins­beson­dere also die Para­me­ter, welche die Ser­viceziele im Detail kennze­ich­nen, wer­den in einem geson­derten Ver­trag­steil oder in Anhän­gen geregelt. Hier­her gehören die Metriken und Vere­in­barun­gen über die Fol­gen der Nichter­re­ichung von Zie­len.
Dieses Vorge­hen hat den Vorteil der leichteren Änder­barkeit der Vere­in­barung. Ein prak­tisch durchge­führten SLA lebt, es wird ständig neuen Gegeben­heit­en angepaßt. Erfahrungs­gemäß beste­hen aber Bedenken, bei jed­er Änderung eines Ser­vi­cepa­ra­me­ters kom­plett neue Verträge auszu­tauschen. Dies wird ver­mieden, vielmehr kann etwa ein Team von Tech­nikern über die Änderung von Latenzzeit­en bei der Über­mit­tlung von Dat­en ver­han­deln, ohne die Integrität des “juris­tis­chen” Teils des Ver­trages zu ändern.

6. Fazit

Die Struk­tur des jew­eils in Rede ste­hen­den SLA muß am Einzelfall mit seinen spez­i­fis­chen Gegeben­heit­en entwick­elt wer­den. Bes­timmte, all­ge­meine Grund­sätze wer­den dabei regelmäßig zu beacht­en sein, den­noch aber ist die Erstel­lung und Ver­hand­lung eines SLA eine immer wieder neue Her­aus­forderung. Gegebe­nen­falls sollte hier der Rat eines in der Ver­trags­gestal­tung erfahre­nen Anwaltes gesucht wer­den.

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