Fußball-EM 2024 – Was ist am Arbeitsplatz erlaubt?

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Arbeitsrecht | 17. Juni 2024
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Klar ist, dass ein Recht auf „Fußball guck­en“ während der Arbeit­szeit nicht beste­ht. Der Arbeit­nehmer kann nicht von seinem Chef ein­fordern, dass er ihn von seinen arbeitsver­traglichen Hauptleis­tungspflicht­en während der Arbeit­szeit für EM-Fußball­spiele befre­it. 

 

Am 14. Juni fiel der Startp­fiff für die Fußball-Europameis­ter­schaft der Män­ner mit Auf­tak­t­spiel in der Allianz Are­na in München. Deutsch­land eröffnet mit seinem ersten Kon­tra­hen­ten Schot­t­land das sportliche Großereig­nis. Während manche in den Urlaub flücht­en, um von dem Wahnsinn nichts mitzubekom­men, freuen sich viele fußball­begeis­terte Fans auf diese Meis­ter­schaft und möcht­en kein Spiel ver­passen. Die Spiele find­en auch während der Arbeit­szeit statt. Der ein oder andere sport­begeis­terte Arbeit­nehmer will es sich dann nicht nehmen lassen, während der Arbeit­szeit das Spiel auf dem Smart­phone, auf dem betrieblichen Lap­top oder über einen Radio-Stream zu ver­fol­gen. Manche Beschäftigte fordern die kurzfristige Gewährung von Urlaub oder einen Schich­t­en­tausch, um sich das Spiel mit Fre­un­den anzuschauen.

Eleni Mpoura und Chris­tiane Buttschardt haben die wichtig­sten Fra­gen zur EM am Arbeit­splatz für Sie beant­wortet:

 

Ist es erlaubt während der Arbeit­szeit Fußball­spiele per Livestream oder im Radio zu ver­fol­gen?

Klar ist, dass ein Recht auf „Fußball guck­en“ während der Arbeit­szeit nicht beste­ht. Der Arbeit­nehmer kann nicht von seinem Chef ein­fordern, dass er ihn von seinen arbeitsver­traglichen Hauptleis­tungspflicht­en während der Arbeit­szeit für EM-Fußball­spiele befre­it. Das Anschauen eines Fußball­spieles während der Arbeit­szeit ist grund­sät­zlich ver­tragswidrig.

Sicher­lich gibt es Kon­stel­la­tio­nen, in denen der Arbeit­ge­ber selb­st als großer Fußball­fan seinen Mitar­beit­ern erlaubt, Fußball­spiele während der Arbeit­szeit zu schauen. Die Spielzeit ist jedoch grund­sät­zlich nachzuar­beit­en, denn Fußballschauen am Arbeit­splatz ist ein reines Freizeitvergnü­gen. Aus­nah­men gel­ten hier, wenn der Arbeit­ge­ber auf das Nachar­beit­en verzichtet.

Sofern der Arbeit­ge­ber jedoch keine Erlaub­nis für das Fußballschauen erteilt, sollte sich der Arbeit­nehmer daran hal­ten, da er son­st mit arbeit­srechtlichen Kon­se­quen­zen, wie mit ein­er Abmah­nung oder sog­ar ein­er Kündi­gung, zu rech­nen hat.

Gle­ich­es gilt auch für das Ein­schal­ten des Spieles über den betrieblichen Rech­n­er oder Lap­top mit Benutzung des betrieblichen Inter­nets. Selb­st wenn die pri­vate Nutzung des Inter­nets erlaubt ist, ist damit nicht inzi­dent erlaubt, Fußball­spiele über 90 Minuten zu strea­men.

Sofern es Beschäftigten generell erlaubt ist am Arbeit­splatz Radio zu hören, dürfte es für den Arbeit­ge­ber keinen Grund geben, dies während der Fußball-Europameis­ter­schaft zu ver­bi­eten.

In der Pause auf dem Smart­phone über das Mobil­funknetz Spiele strea­men ist erlaubt. Wird hier das Inter­net des Betriebs genutzt, ist wieder darauf zu acht­en, welche Vere­in­barung zur pri­vat­en Inter­net­nutzung im Betrieb gilt.

 

Kann der Arbeit­nehmer von seinem Arbeit­ge­ber kurzfristig für den Zeitraum der Fußball-EM Urlaub ver­lan­gen?

Arbeit­nehmern ste­ht es frei, wann sie ihren Urlaub beantra­gen. Nach dem Bun­desurlaub­s­ge­setz hat der Arbeit­ge­ber die Wün­sche des Arbeit­nehmers hin­sichtlich sein­er Urlaub­s­festle­gung zu berück­sichti­gen. Allerd­ings kann der Arbeit­ge­ber den Urlaub­santrag des Arbeit­nehmers ablehnen, wenn drin­gende betriebliche Belange ent­ge­gen­ste­hen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn bere­its andere Kol­le­gen schneller waren und für densel­ben Zeitraum den Urlaub gewährt bekom­men haben.

 

Meine Spätschicht fällt auf ein Deutsch­land­spiel. Kann ich mit einem Kol­le­gen aus der Früh­schicht tauschen?

Obacht ist hier geboten! Die Ein­teilung der Schicht­en unter­liegt dem Direk­tion­srecht des Arbeit­ge­bers. Die Ein­teilung ist verbindlich und der Arbeit­nehmer hat sich daran zu hal­ten.

Grund­sät­zlich kann der Arbeit­nehmer nicht seine Schicht mit Kol­le­gen untere­inan­der willkür­lich tauschen, um ein wichtiges Fußball­spiel nicht zu ver­passen. Abzuk­lären ist dies immer mit dem Vorge­set­zten.

Sofern es im Betrieb üblich ist Schicht­en unter Kol­le­gen untere­inan­der zu tauschen, wird der Arbeit­ge­ber wohl kaum was dage­gen einzuwen­den haben, wenn dies auf­grund eines Fußball­spiels geschieht.

 

Kann ich bei einem Tortr­e­f­fer ein Bierchen am Arbeit­splatz trinken?

Auch während der Fußball-EM gel­ten die betrieblichen Regeln zum Alko­hol­genuss am Arbeit­splatz. Gibt es kein all­ge­meines Alko­holver­bot im Betrieb, darf der Arbeit­nehmer z.B. Bier trinken. Voraus­set­zung ist hier immer, dass er seine arbeitsver­tragliche Hauptleis­tungspflicht, die geschuldete Arbeit­sleis­tung, ord­nungs­gemäß erbrin­gen kann. Sofern im Betrieb ein absolutes Alko­holver­bot herrscht, gilt dies selb­stver­ständlich auch für den Zeitraum der Fußball-EM.

 

Kann ich während der Arbeit­szeit meine Tipps für das Tipp­spiel abgeben?

Zu ein­er erfol­gre­ichen EM gehört natür­lich auch das Tipp­spiel. Wir ken­nen es alle-da wird nochmal an den eige­nen Tipps gefeilt oder man ver­sucht dem Fußball ver­sierten Kol­le­gen eine Ein­schätzung zu ent­lock­en. Doch auch das beliebte Tipp­spiel ist während der Arbeit­szeit nicht ges­tat­tet-hierzu gehört die Tip­pab­gabe selb­st sowie das Auswerten der Tipps wie auch das Kassieren der Ein­sätze.

Wer einen beson­ders stren­gen Arbeit­ge­ber hat, der muss mitunter ganz auf das Tipp­spiel verzicht­en. Genau genom­men han­delt es sich bei dem Tipp­spiel um ein Glücksspiel, für das eine Lizenz notwendig ist. Weil Glücksspiel mit moralis­chen Fra­gen behaftet ist, kann es der Arbeit­ge­ber generell ver­bi­eten, wenn er den Betrieb­s­frieden gefährdet sieht.

 

News-Tick­er auf dem Handy

Eine echte Alter­na­tive ist das Lesen eines New­stick­ers auf dem Handy. Grund­sät­zlich ist das zwar pri­vat, aber anders als beim LiveStream block­iert der Arbeit­nehmer hier kein Arbeits­gerät. Sollte der Arbeit­ge­ber daran Inter­esse haben, eine bish­er erlaubte Han­dynutzung am Arbeit­splatz kurzfristig zu wider­rufen, so ist das möglich.

 

Darf ich mein Trikot zur Arbeit tra­gen?

Für echte Fußball­fans beste­ht während des Turniers natür­lich auch Trikotpflicht-beson­ders, wenn das eigene Team spielt oder gewon­nen hat. Das Trikot am Arbeit­splatz ist grund­sät­zlich erlaubt und kann nur in begrün­de­ten Fällen ver­boten wer­den. Hier­bei kommt es auf die Gesam­tum­stände an.

Wer sein Unternehmen bei Kun­den und in der Öffentlichkeit repräsen­tiert, muss schär­fere Ein­schränkun­gen hin­nehmen als die Kol­le­gen im Back­of­fice. Damit ist das Fußball­trikot grund­sät­zlich erlaubt, wenn das Arbeit­sum­feld keine gewisse Erschei­n­ung ver­langt oder der Betrieb­s­frieden dadurch nicht gefährdet ist.

 

Deko­ra­tion am Arbeit­splatz

Darf der fußbal­lver­rück­te Kol­lege seine Girlan­den und Fah­nen nach Belieben in seinem Büro platzieren? Auch dies ist grund­sät­zlich ver­boten, da der Arbeit­ge­ber das Haus­recht hat und entschei­den kann, wie es in seinem Betrieb aussieht. Allerd­ings kann auch hier mit dem Arbeit­ge­ber gesprochen wer­den, so dass bes­timmt eine Lösung gefun­den wird.

 

Grund­sät­zlich gilt also, dass, wie auch son­st, über alles gesprochen wer­den sollte, um arbeit­srechtliche Sank­tio­nen zu ver­mei­den. Schließlich soll die Fußball EM auch am Arbeit­splatz für Freude sor­gen.

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