Gericht äußert sich zur GNU General Public License

Urheberrecht | 26. Juli 2004
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Das Land­ge­richt Mün­chen I muss­te sich im Rah­men der Über­prü­fung einer Einst­wei­li­gen Ver­fü­gung mit Fra­gen der Beur­tei­lung der GNU Gene­ral Public Licen­se (GPL) nach deut­schem Recht beschäf­ti­gen. Dem Urteil (21 O 6123/04, via JBB — Rechts­an­wäl­te) liegt fol­gen­der Sach­ver­halt zugrun­de:

Die Beklag­te bewirbt und ver­treibt eine Soft­ware, die ein unter der GPL ste­hen­des Modul ent­hält. Weder auf die­sen Umstand, noch auf den Lizenz­text der GPL wur­de aber hin­ge­wie­sen, obwohl dies nach der GPL ver­langt wird. Die Klä­ge­rin, Mit­glied des Open Source Pro­jek­tes, das eben die im Fall betrof­fe­ne Soft­ware betreut, nahm die Beklag­te dar­auf­hin erfolg­reich im Wege einer Einst­wei­li­gen Ver­fü­gung auf Unter­las­sung in Anspruch. Die­se Ver­fü­gung wur­de nun durch das Urteil auf­recht erhal­ten. Die Begrün­dung ist dabei in meh­rer Hin­sicht bemer­kens­wert.

Es wird in fast allen Berich­ten die Auf­fas­sung ver­tre­ten, das Urteil bestä­ti­ge die Wirk­sam­keit der GPL nach deut­schem Recht, vor allem dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen in §§ 305 ff. BGB – ein Punkt, der ja immer noch umstrit­ten ist. In der Tat ist dies (fast) rich­tig. Das LG Mün­chen kann zwar an den wirk­lich „inter­es­san­ten“ Stel­len – näm­lich der Zif­fer 4 der GPL mit ihrem auto­ma­ti­schen Rech­te­rück­fall — dahin­ste­hen las­sen, ob die GPL wirk­sam ist oder nicht, da es in bei­den Fäl­len zum iden­ti­schen Ergeb­nis kommt: ent­we­der ist die GPL wirk­sam, dann sind deren Bedin­gun­gen ein­zu­hal­ten, oder sie ist unwirk­sam, dann ist gar kei­ne ding­li­che Eini­gung zustan­de gekom­men.

Den­noch behan­delt das Gericht – prak­tisch in einem Obiter Dic­tum – die Kern­punk­te der GPL. Gera­de bezüg­lich des strit­ti­gen Punkt 4 folgt es der viel­fach ver­tre­te­nen Auf­fas­sung, die­ser sehe vor, dass die Lizen­zie­rung von der GPL unter­lie­gen­den Soft­ware unter der auf­lö­sen­den Bedin­gung des GPL-kon­for­men Ver­hal­tens des Lizenz­neh­mers steht. Hier wird viel­fach ver­tre­ten, dass sei eine Umge­hung von § 31 I 2 UrhG. Die­ser erlaubt die (ding­li­che) Beschrän­kung von Nut­zungs­rech­ten nur in zeit­li­cher, räum­li­cher und inhalt­li­cher Hin­sicht. Eine sol­che Umge­hung will das Gericht nicht anneh­men: es ent­fie­len ja nur die Nut­zungs­rech­te des eigent­li­chen Lizenz­neh­mers, nicht von die­sem wei­ter ver­mit­tel­te Lizen­zen; damit läge in der Sache eine „qua­si-schuld­recht­li­che“ Wir­kung der auf­lö­sen­den Bestim­mung vor. Das sei auch nach AGB-recht­li­chen Grund­sät­zen nicht zu bean­stan­den.

Prak­tisch in einem Neben­satz stellt das Gericht klar, dass es der (im Urhe­ber­recht!) herr­schen­den Mei­nung folgt, dass auch ein­fa­cher Nut­zungs­rech­te ding­li­cher Natur sind, es sich also nicht nur um schuld­recht­li­che Gestat­tun­gen han­delt.

Link gefun­den beim adv­obLAWg.

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