Handelsregister: Kein Datenschutz für Gesellschafter, Geschäftsführer und Kommanditisten?

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Datenschutz | 27. Juni 2024
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Spä­tes­tens seit das Han­dels­re­gis­ter für alle ein­seh­bar ist, wür­den vie­le Per­so­nen die dort über sie genann­ten Infor­ma­tio­nen gern ein­schrän­ken. Doch nach­dem der BGH ent­schied, dass kein Anspruch auf Löschung per­sön­li­cher Daten wie Geburts­da­tum und Wohn­ort besteht, lehn­te das OLG Mün­chen nun sogar Kor­rek­tu­ren sol­cher Infos ab, die das Gesetz gar nicht vor­schreibt.

 

Seit das Han­dels­re­gis­ter kos­ten­los und ohne Regis­trie­rung für jeder­mann ver­füg­bar ist, beschäf­tigt die Abwä­gung zwi­schen Daten­schutz und Trans­pa­renz des Han­dels­re­gis­ters in vie­len Fäl­len die deut­schen Gerich­te. In zwei jün­ge­ren Ent­schei­dun­gen, bei­de vom 23. Janu­ar 2024, stell­te der BGH klar, dass die Ver­öf­fent­li­chung die­ser Daten im Han­dels­re­gis­ter not­wen­dig sei. Selbst wenn ein Geschäfts­füh­rer oder Kom­man­di­tist ein erhöh­tes Schutz­be­dürf­nis gel­tend mache, über­wie­ge das öffent­li­che Inter­es­se an der Trans­pa­renz und Voll­stän­dig­keit des Han­dels­re­gis­ters.

 

BGH I: Öffent­li­ches Inter­es­se über­wiegt Daten­schutz

In einem Beschluss (Az. II ZB 7/23) beton­te der BGH, dass die Ein­tra­gung per­sön­li­cher Daten im Han­dels­re­gis­ter uner­läss­lich sei, um einen ver­läss­li­chen und funk­tio­nie­ren­den Rechts­ver­kehrs sicher­zu­stel­len. Das öffent­li­che Inter­es­se an der Trans­pa­renz und Zuver­läs­sig­keit des Han­dels­re­gis­ters sei wich­ti­ger als das indi­vi­du­el­le Inter­es­se am Daten­schutz, so dass die Abwä­gung zu Guns­ten der All­ge­mein­heit aus­ge­hen müs­se. Ent­spre­chend bestün­den kei­ne Ansprü­che des Geschäfts­füh­rers nach der DSGVO.

 

BGH II: Selbst bei Gefähr­dungs­la­ge kein Löschungs­an­spruch

In einem Par­al­lel­fall (Az. II ZB 8/23) ent­schied der BGH, dass auch ein Kom­man­di­tist kei­nen Anspruch auf Löschung sei­nes Geburts­da­tums und Wohn­orts aus dem Han­dels­re­gis­ter nach Art. 17 DSGVO habe.

Es bestehe, so die Bun­des­rich­ter, selbst dann kein Anspruch auf Ein­schrän­kung die­ser Daten, wenn eine erhöh­te Gefähr­dungs­la­ge vor­lie­ge. Viel­mehr sei die Offen­le­gung die­ser Daten im öffent­li­chen Inter­es­se stets not­wen­dig.

 

OLG Mün­chen: Kei­ne nach­träg­li­che daten­spar­sa­me­re Ände­rung

Das Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen hat im April (Beschl. v. 25.04. 2024, Az. 34 Wx 90/24 e) die­se Linie bestä­tigt und ent­schie­den, dass die Offen­le­gungs­pflich­ten sogar so weit gin­gen, dass kein Anspruch auf eine nach­träg­li­che daten­spar­sa­me­re Ände­rung bestehe.

In dem Fall, über den die Münch­ner Rich­ter zu ent­schei­den hat­ten, war im Han­dels­re­gis­ter eine Gesell­schaft­er­lis­te mit Anga­be der voll­stän­di­gen Wohn­an­schrift der Gesell­schaf­ter ein­schließ­lich Stra­ße und Haus­num­mer ver­öf­fent­licht. Da das Gesetz ledig­lich die Anga­be des Wohn­orts ver­langt, woll­te der Gesell­schaf­ter die Gesell­schaft­er­lis­te nun durch eine sol­che gekürz­te Lis­te erset­zen las­sen, die nur noch die gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Daten ent­hält.

Dem erteil­te das Gericht eine Absa­ge. Das OLG Mün­chen führ­te aus, dass das öffent­li­che Inter­es­se an einem funk­ti­ons­fä­hi­gen und zuver­läs­si­gen Han­dels­re­gis­ter auch in die­sem Fall das indi­vi­du­el­le Inter­es­se am Daten­schutz über­wie­ge. Eine nach­träg­li­che Ände­rung oder Ent­fer­nung von Gesell­schaft­er­lis­ten kom­me nicht in Betracht.

 

Augen auf schon bei der Doku­men­ten­er­stel­lung

Der Daten­schutz des Ein­zel­nen fin­det sei­ne Gren­zen dort, wo das Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der All­ge­mein­heit und die Trans­pa­renz öffent­li­cher Regis­ter in der Inter­es­sen­ab­wä­gung über­wie­gen. Für das Han­dels­re­gis­ter ist die­se Linie nun so deut­lich gezo­gen, dass Geschäfts­füh­rer, Gesell­schaf­ter, Kom­man­di­tis­ten und alle wei­te­ren im Han­dels­re­gis­ter genann­ten Per­so­nen sich mit die­ser Offen­le­gung wer­den arran­gie­ren müs­sen.

Gleich­zei­tig zeigt ins­be­son­de­re der Beschluss des OLG Mün­chen, wie wich­tig es ist, von Anfang an nur die­je­ni­gen Daten in die ent­spre­chen­den Doku­men­te auf­zu­neh­men, zu deren Offen­le­gung man gesetz­lich ver­pflich­tet ist. Gera­de weil nach­träg­li­che Ände­run­gen und Strei­chun­gen nicht mehr mög­lich sind, soll­ten alle Per­so­nen, die im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen wer­den, die­sen gesetz­li­chen Rah­men schon bei der Erstel­lung der Doku­men­te im Blick haben.

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