Augen auf beim Häuserkauf und immer an die Fristsetzung zur Mangelbeseitigung denken!
Bei Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, kann der Käufer mit Rücksicht auf seine rechtsgeschäftliche Selbstverantwortung keine Aufklärung erwarten. Eine Einschätzung von Lisa Knöll.
Einer Frist zur Nacherfüllung zur Beseitigung von Mängeln an der Kaufsache bedarf es nicht, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Der Käufer kann vom Verkäufer sodann ohne Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung verlangen, da eine arglistige Täuschung einen Umstand darstellt, der den Käufer zur sofortigen Geltendmachung des Schadensersatzanspruches berechtigt (§ 281 Abs. 2 BGB).
Jedoch liegt nicht immer eine arglistige Täuschung vor, wenn der Käufer mit dem Bestehen eines Mangels im Nachhinein überrascht wird. Auf Mängel muss nicht explizit hingewiesen werden, insbesondere wenn sie einer Besichtigung zugänglich und ohne weiteres erkennbar sind. Das in einem solchen Fall vorherrschende Gefühl des Käufers, arglistig getäuscht worden zu sein, kann hier schnell auf den falschen Weg und zur Anspruchsvereitelung führen.
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Käufer eines Wohnimmobilienportfolios vom Verkäufer Schadensersatz statt der Leistung aufgrund von Trinkwasserleitungen aus Blei in den Kellern einiger Kaufgegenstände verlangte. Der Käufer ist ein institutioneller Anleger, für den Grundstücksgeschäfte dieser Art kein Einzelfall sind.
Zwar wurden nicht alle Kaufgegenstände und deren Keller von dem Käufer besichtigt, jedoch aber mindestens ein Kaufgegenstand, in dem sich Trinkwasserleitungen aus Blei befanden. Die Wasserleitungen aus Blei überschritten die höchstzulässigen Bleiwerte und stellten demgemäß einen Mangel dar. Teilweise lagen diese Bleileitungen über dem Putz, was dem vom Käufer beauftragten Sachverständigen, der eine technische Due Diligence-Prüfung vorgenommen hatte, jedoch entgangen war. Hingegen hat der Landkreis anhand einer „visuellen Prüfung“ die Bleileitungen festgestellt. Auch die Bewohner eines der Gebäude, in dem die Leitungen über Putz lagen, haben den Käufer nach dem Eigentumsübergang auf diese hingewiesen.
Der Käufer verlangte unter Berufung auf eine ihn treffende arglistige Täuschung durch den Verkäufer Freistellung von sämtlichen durch den notwendigen Austausch der bleihaltigen Trinkwasserleitungen entstehenden Schäden. Eine Frist zur Nacherfüllung setzte der Käufer nicht. Der Verkäufer negierte den Freistellungsanspruch des Käufers.
Der im Kaufvertrag aufgeführten Klausel, die Trinkwasserleitungen nach Abschluss des Kaufvertrages nach den gesetzlichen Vorgaben zu prüfen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, kam der Verkäufer nicht nach. Der Käufer war daher gezwungen, eine eigene Trinkwasseruntersuchung durchzuführen. Zudem enthielt der Kaufvertrag einen weitreichenden Ausschluss Gewährleistungsrechte des Käufers.
Nach Ablehnung der Freistellung auf Verkäuferseite begann der Käufer eigenständig, Bleileitungen auszutauschen und forderte vom Verkäufer Schadensersatz statt der Leistung sowie alle sonstigen mit dem Mangel (Bleileitungen) entstandenen und noch entstehenden Schäden. da der Käufer offensichtlich über das Vorhandensein von Bleileitungen getäuscht worden sei.
Das OLG hat mit Urteil vom 13.01.2023 – 1 U 117/21 (nicht rechtskräftig) das erstinstanzliche Urteil bestätigt, mit dem die Klage des Käufers auf Schadensersatz abgewiesen wurde.
Grund hierfür war, dass der Käufer dem Verkäufer keine Frist zur Nacherfüllung setzte und diese Fristsetzung nicht wegen arglistiger Täuschung entbehrlich war. Denn der Verkäufer hatte keine Offenbarungspflicht und Aufklärungspflicht hinsichtlich der teilweise offen über Putz verlegten Bleileitungen.
Wenn aber schon der Landkreis und sogar die Mieter die Bleileitungen erkennen, dann sollte zu erwarten sein, dass diese dem Käufer ebenfalls auffällt, noch dazu, da er ja selbst eine technische Due Diligence Prüfung beauftragt hatte. Der Verkäufer muss dann auch bei nur teilweiser Erkennbarkeit der Bleileitungen nicht mehr auf diesen Mangel hinweisen.
Eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung des Verkäufers hinsichtlich des geltend gemachten Freistellungsanspruchs des Käufers machte die Fristsetzung ebenfalls nicht entbehrlich. Denn der Käufer hat von dem Verkäufer erst gar nicht Mangelbeseitigung verlangt. Diesen Mängelbeseitigungsanspruch konnte der Verkäufer also gar nicht verweigern. Allein das Bestreiten eines Mangels oder das Ablehnen eines Freistellungsanspruchs reicht gerade nicht für eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung hinsichtlich der Mängelbeseitigungsansprüche.
Selbst wenn der Käufer einen Mangel für vom Verkäufer arglistig verschwiegen hält, sollte immer vorab eine Frist zur Nacherfüllung zur Mangelbeseitigung gesetzt werden und erst dann Schadensersatz statt der Leistung verlangt werden. Denn nicht jeder Mangel, den der Käufer nicht entdeckt hat, wurde arglistig verschwiegen.
Hätte der Käufer im Vorfeld Mangelbeseitigung verlangt und eine vom Käufer gesetzte angemessene Frist wäre verstrichen, bestünde wohl keine Zweifel an dem Schadensersatzanspruch, soweit nicht andere Einreden/Einwände durchgegriffen hätten (z.B. vereinbarte Haftungsbegrenzungen, Verjährung). Alternativ hätte der Käufer auch direkt auf Mangelbeseitigung klagen können.
Lisa Knöll, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist spezialisiert auf Immobilienwirtschaftsrecht und macht gerade ihren Fachanwalt für Verwaltungsrecht. https://de.linkedin.com/in/lisa-kn%C3%B6ll-0a293a13b
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Allein ein zerrüttetes Mietverhältnis und selbst eine Strafanzeige gegen die Vermieterin rechtfertigen keine außerordentliche fristlose Kündigung. Der BGH bescheinigte einer Vermieterin, es sei ihr nicht unzumutbar, dass die Mieterin bleibt, obwohl der Konflikt im Mietshaus bereits seit Jahren schwelte. Mit Urteil vom 29.11.2023 (Az. VIII ZR 211/22) hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass allein eine Zerrüttung des Mietverhältnisses keine außerordentlich...
Ungenutztes Bauland kann von Gemeinden zurückgekauft werden, auch Jahrzehnte später noch. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden: 30 Jahre Ausübungsfrist für den Wiederkauf sind nicht unangemessen, selbst wenn es nicht ausdrücklich vereinbart wurde. (mehr …)