Mängel beim Hauskauf: Keine Aufklärungspflicht über Bleileitungen über Putz

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Vertragsrecht | 2. Februar 2023
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Augen auf beim Häu­ser­kauf und immer an die Frist­set­zung zur Man­gel­be­sei­ti­gung den­ken! 

Bei Män­geln, die einer Besich­ti­gung zugäng­lich und damit ohne wei­te­res erkenn­bar sind, kann der Käu­fer mit Rück­sicht auf sei­ne rechts­ge­schäft­li­che Selbst­ver­ant­wor­tung kei­ne Auf­klä­rung erwar­ten. Eine Ein­schät­zung von Lisa Knöll.

Einer Frist zur Nach­er­fül­lung zur Besei­ti­gung von Män­geln an der Kauf­sa­che bedarf es nicht, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Der Käu­fer kann vom Ver­käu­fer sodann ohne Frist­set­zung Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­lan­gen, da eine arg­lis­ti­ge Täu­schung einen Umstand dar­stellt, der den Käu­fer zur sofor­ti­gen Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­satz­an­spru­ches berech­tigt (§ 281 Abs. 2 BGB).

Jedoch liegt nicht immer eine arg­lis­ti­ge Täu­schung vor, wenn der Käu­fer mit dem Bestehen eines Man­gels im Nach­hin­ein über­rascht wird. Auf Män­gel muss nicht expli­zit hin­ge­wie­sen wer­den, ins­be­son­de­re wenn sie einer Besich­ti­gung zugäng­lich und ohne wei­te­res erkenn­bar sind. Das in einem sol­chen Fall vor­herr­schen­de Gefühl des Käu­fers, arg­lis­tig getäuscht wor­den zu sein, kann hier schnell auf den fal­schen Weg und zur Anspruchs­ver­ei­te­lung füh­ren.

Was ist geschehen?

Das Han­sea­ti­sche Ober­lan­des­ge­richt (OLG) hat­te über einen Fall zu ent­schei­den, in dem der Käu­fer eines Wohn­im­mo­bi­li­en­port­fo­li­os vom Ver­käu­fer Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung auf­grund von Trink­was­ser­lei­tun­gen aus Blei in den Kel­lern eini­ger Kauf­ge­gen­stän­de ver­lang­te. Der Käu­fer ist ein insti­tu­tio­nel­ler Anle­ger, für den Grund­stücks­ge­schäf­te die­ser Art kein Ein­zel­fall sind.

Zwar wur­den nicht alle Kauf­ge­gen­stän­de und deren Kel­ler von dem Käu­fer besich­tigt, jedoch aber min­des­tens ein Kauf­ge­gen­stand, in dem sich Trink­was­ser­lei­tun­gen aus Blei befan­den. Die Was­ser­lei­tun­gen aus Blei über­schrit­ten die höchst­zu­läs­si­gen Blei­wer­te und stell­ten dem­ge­mäß einen Man­gel dar. Teil­wei­se lagen die­se Blei­lei­tun­gen über dem Putz, was dem vom Käu­fer beauf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen, der eine tech­ni­sche Due Dili­gence-Prü­fung vor­ge­nom­men hat­te, jedoch ent­gan­gen war. Hin­ge­gen hat der Land­kreis anhand einer „visu­el­len Prü­fung“ die Blei­lei­tun­gen fest­ge­stellt. Auch die Bewoh­ner eines der Gebäu­de, in dem die Lei­tun­gen über Putz lagen, haben den Käu­fer nach dem Eigen­tums­über­gang auf die­se hin­ge­wie­sen.

Der Käu­fer ver­lang­te unter Beru­fung auf eine ihn tref­fen­de arg­lis­ti­ge Täu­schung durch den Ver­käu­fer Frei­stel­lung von sämt­li­chen durch den not­wen­di­gen Aus­tausch der blei­hal­ti­gen Trink­was­ser­lei­tun­gen ent­ste­hen­den Schä­den. Eine Frist zur Nach­er­fül­lung setz­te der Käu­fer nicht. Der Ver­käu­fer negier­te den Frei­stel­lungs­an­spruch des Käu­fers.

Der im Kauf­ver­trag auf­ge­führ­ten Klau­sel, die Trink­was­ser­lei­tun­gen nach Abschluss des Kauf­ver­tra­ges nach den gesetz­li­chen Vor­ga­ben zu prü­fen und die not­wen­di­gen Maß­nah­men zu ergrei­fen, kam der Ver­käu­fer nicht nach. Der Käu­fer war daher gezwun­gen, eine eige­ne Trink­was­ser­un­ter­su­chung durch­zu­füh­ren. Zudem ent­hielt der Kauf­ver­trag einen weit­rei­chen­den Aus­schluss Gewähr­leis­tungs­rech­te des Käu­fers.

Nach Ableh­nung der Frei­stel­lung auf Ver­käu­fer­sei­te begann der Käu­fer eigen­stän­dig, Blei­lei­tun­gen aus­zu­tau­schen und for­der­te vom Ver­käu­fer Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung sowie alle sons­ti­gen mit dem Man­gel (Blei­lei­tun­gen) ent­stan­de­nen und noch ent­ste­hen­den Schä­den. da der Käu­fer offen­sicht­lich über das Vor­han­den­sein von Blei­lei­tun­gen getäuscht wor­den sei.

Das Urteil

Das OLG hat mit Urteil vom 13.01.2023 – 1 U 117/21 (nicht rechts­kräf­tig) das erst­in­stanz­li­che Urteil bestä­tigt, mit dem die Kla­ge des Käu­fers auf Scha­dens­er­satz abge­wie­sen wur­de.

Grund hier­für war, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung setz­te und die­se Frist­set­zung nicht wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung ent­behr­lich war. Denn der Ver­käu­fer hat­te kei­ne Offen­ba­rungs­pflicht und Auf­klä­rungs­pflicht hin­sicht­lich der teil­wei­se offen über Putz ver­leg­ten Blei­lei­tun­gen.

Wenn aber schon der Land­kreis und sogar die Mie­ter die Blei­lei­tun­gen erken­nen, dann soll­te zu erwar­ten sein, dass die­se dem Käu­fer eben­falls auf­fällt, noch dazu, da er ja selbst eine tech­ni­sche Due Dili­gence Prü­fung beauf­tragt hat­te. Der Ver­käu­fer muss dann auch bei nur teil­wei­ser Erkenn­bar­keit der Blei­lei­tun­gen nicht mehr auf die­sen Man­gel hin­wei­sen.

Eine ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Leis­tungs­ver­wei­ge­rung des Ver­käu­fers hin­sicht­lich des gel­tend gemach­ten Frei­stel­lungs­an­spruchs des Käu­fers mach­te die Frist­set­zung eben­falls nicht ent­behr­lich. Denn der Käu­fer hat von dem Ver­käu­fer erst gar nicht Man­gel­be­sei­ti­gung ver­langt. Die­sen Män­gel­be­sei­ti­gungs­an­spruch konn­te der Ver­käu­fer also gar nicht ver­wei­gern. Allein das Bestrei­ten eines Man­gels oder das Ableh­nen eines Frei­stel­lungs­an­spruchs reicht gera­de nicht für eine ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Leis­tungs­ver­wei­ge­rung hin­sicht­lich der Män­gel­be­sei­ti­gungs­an­sprü­che.

 

Empfehlung

Selbst wenn der Käu­fer einen Man­gel für vom Ver­käu­fer arg­lis­tig ver­schwie­gen hält, soll­te immer vor­ab eine Frist zur Nach­er­fül­lung zur Man­gel­be­sei­ti­gung gesetzt wer­den und erst dann Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt wer­den. Denn nicht jeder Man­gel, den der Käu­fer nicht ent­deckt hat, wur­de arg­lis­tig ver­schwie­gen.

Hät­te der Käu­fer im Vor­feld Man­gel­be­sei­ti­gung ver­langt und eine vom Käu­fer gesetz­te ange­mes­se­ne Frist wäre ver­stri­chen, bestün­de wohl kei­ne Zwei­fel an dem Scha­dens­er­satz­an­spruch, soweit nicht ande­re Einreden/Einwände durch­ge­grif­fen hät­ten (z.B. ver­ein­bar­te Haf­tungs­be­gren­zun­gen, Ver­jäh­rung). Alter­na­tiv hät­te der Käu­fer auch direkt auf Man­gel­be­sei­ti­gung kla­gen kön­nen.

 

Lisa Knöll, Fach­an­wäl­tin für Miet- und Woh­nungs­ei­gen­tums­recht ist spe­zia­li­siert auf Immo­bi­li­en­wirt­schafts­recht und macht gera­de ihren Fach­an­walt für Ver­wal­tungs­recht. https://de.linkedin.com/in/lisa-kn%C3%B6ll-0a293a13b

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