Immobilien und Wertpapierdepots klug übertragen

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Steuerrecht | 11. Juli 2024
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Immo­bi­li­en und Wert­pa­pie­re eig­nen sich sehr gut, um Ver­mö­gen bereits früh­zei­tig auf die nächs­te Gene­ra­ti­on zu über­tra­gen. Mit Nieß­brauch­rech­ten kann man die Inter­es­sen aller Betei­lig­ten wah­ren und dabei steu­er­li­che Mög­lich­kei­ten opti­mal nut­zen. Das gilt, wenn man gut bera­ten agiert, auch für die Über­tra­gung von Wert­pa­pie­ren.

 

Häu­fig sind es fami­liä­re Grün­de und der Wunsch, geplan­te Schen­kun­gen steu­er­lich opti­mal zu gestal­ten, die dazu füh­ren, dass Nieß­brauch­rech­te ver­ein­bart wer­den.

Der wohl bekann­tes­te Fall ist der Nieß­brauch an Immo­bi­li­en. Nieß­brauch­rech­te an Per­so­nen- oder Kapi­tal­ge­sell­schafts­an­tei­len sind eben­falls gän­gig. Auch an Wert­pa­pier­de­pots kön­nen aber, eine gelun­ge­ne Gestal­tung vor­aus­ge­setzt, Nieß­brauch­rech­te ein­ge­räumt wer­den, die kei­ne all­zu kom­ple­xe Ver­wal­tung benö­ti­gen.

 

Nieß­brauch und Immo­bi­li­en

In den meis­ten Fäl­len wird an Immo­bi­li­en ein Vor­be­halts­nieß­brauch ver­ein­bart. Bei der Über­tra­gung einer (ver­mie­te­ten) Immo­bi­lie wird also ein Nieß­brauch­recht für den bis­he­ri­gen Eigen­tü­mer bestellt. Die­ser über­trägt die Ver­mö­gens­sub­stanz, in der Regel an die nächs­te Gene­ra­ti­on, behält sich aber die Ein­kunfts­quel­le zurück. So ver­ein­nahmt wei­ter­hin der ehe­ma­li­ge Eigen­tü­mer die Erträ­ge aus der Immo­bi­lie, als ob er noch Eigen­tü­mer wäre.

Den­noch kön­nen so die per­sön­li­chen schen­kung­steu­er­li­chen Frei­be­trä­ge, die alle 10 Jah­re wie­der nutz­bar sind, bereits früh­zei­tig und im Lau­fe der Zeit even­tu­ell mehr­fach genutzt wer­den.

 

„Nieß­brauch­mo­dell“ aner­kannt

Auch mit einem Zuwen­dungs­nieß­brauch, bei dem das Nut­zungs­recht an der Immo­bi­lie einem Drit­ten ein­ge­räumt wird, las­sen sich inter­es­san­te steu­er­li­che Effek­te erzie­len. Erst vor weni­gen Wochen hat der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) das soge­nann­te „Nieß­brauch­mo­dell“ aner­kannt (Urt. v. 20.06.2023, Az. IXR 8/22).

In dem Fall, über den Deutsch­lands höchs­te Steu­er­rich­ter zu ent­schei­den hat­ten, hat­ten Ehe­leu­te eine Immo­bi­lie erwor­ben und an eine dem Ehe­mann gehö­ren­de GmbH ver­mie­tet.

Den Kin­dern wand­ten sie den Nieß­brauch in der Form zu, dass ihnen für einen befris­te­ten Zeit­raum die Ver­mie­tungs­ein­künf­te zuge­rech­net wur­den (sog. Zuwen­dungs­nieß­brauch). So wur­de die Ein­kunfts­quel­le von den Eltern auf die Kin­der über­tra­gen. Die Fami­lie nutz­te den Grund­frei­be­trag und den nied­ri­ge­ren Steu­er­satz der Kin­der.

Der BFH sieht in der Begrün­dung des Nieß­brauchs eine zuläs­si­ge Über­tra­gung der Ein­kunfts­quel­le. Da der Nieß­braucher im Fal­le eines Zuwen­dungs­nieß­brauchs die Abschrei­bung der Immo­bi­lie nicht fort­füh­ren kann, rech­net sich die­se Kon­stel­la­ti­on ins­be­son­de­re bei älte­ren, weit­ge­hend abge­schrie­be­nen Immo­bi­li­en.

 

Nieß­brauch und Wert­pa­pie­re

Nicht immer sind es Immo­bi­li­en, die im Rah­men einer Ver­mö­gens­nach­fol­ge unter Nieß­brauch­vor­be­halt auf die nächs­te Gene­ra­ti­on über­tra­gen wer­den sol­len. Es liegt nahe, auch Wert­pa­pier­ver­mö­gen auf die­se Art und Wei­se zu ver­schen­ken.

Die Schen­kung von Wert­pa­pie­ren unter Nieß­brauch­vor­be­halt ist ein inter­es­san­ter Gestal­tungs­weg. Aller­dings ist die Umset­zung und Gestal­tung regel­mä­ßig wesent­lich kom­ple­xer als bei Immo­bi­li­en. Zudem birgt die­se Stra­te­gie durch­aus Kon­flikt­po­ten­zi­al mit dem Finanz­amt.

 

Auf­tei­lung zwi­schen Sub­stanz und Ertrag

Bei der Über­tra­gung von Wert­pa­pie­ren mit einer Nieß­brauch­be­las­tung ist, wie bei Nieß­brauch­rech­ten üblich, zwi­schen der Sub­stanz der Wert­pa­pie­re und den dar­aus resul­tie­ren­den Erträ­gen zu unter­schei­den. Die Sub­stanz (also das Eigen­tum an den Wert­pa­pie­ren) geht mit der Schen­kung auf den Beschenk­ten über, der Ertrag steht dage­gen wei­ter­hin dem Schen­ker, dem jet­zi­gen Nieß­brauchs­be­rech­tig­ten, zu. Dem­nach ste­hen nach Schen­kung von Akti­en, Fonds oder Anlei­hen die Erträ­ge wei­ter­hin dem Schen­ken­den zu. Er ist es, der wei­ter­hin vor allem Zin­sen, Divi­den­den und Aus­schüt­tun­gen aus Invest­ment­fonds, die mit den Wert­pa­pie­ren jähr­lich erzielt wer­den, ver­ein­nah­men kann.

Die Chan­cen und Risi­ken einer Wert­stei­ge­rung oder Wert­ver­lusts trägt der zukünf­tig Beschenk­te, also der neue Eigen­tü­mer. Ihm ste­hen auch erziel­te Wert­stei­ge­run­gen zu, wenn Ver­äu­ße­rungs­er­lö­se als Sur­ro­gat anstel­le des ver­äu­ßer­ten Wert­pa­piers zu tre­ten. Der ursprüng­li­che Wert des Wert­pa­piers unter­liegt dage­gen als Sur­ro­gat dem Nieß­brauch und ist die­sem zuzu­rech­nen.

In der Pra­xis wer­den des­halb für das Depot des Beschenk­ten regel­mä­ßig zwei sepa­ra­te Ver­rech­nungs­kon­ten auf den Namen des Schen­kers bzw. Nieß­brauchers ein­ge­rich­tet. Auf dem einen Kon­to wer­den die Früch­te (Zin­sen, Divi­den­den, Invest­ment­er­trä­ge) gut­ge­schrie­ben, auf dem ande­ren die vor­ste­hend erwähn­ten Sur­ro­ga­te. Aller­dings ist eine kla­re Tren­nung von Sub­stanz und Erträ­gen bei Wert­pa­pie­ren nicht immer ein­fach und erfor­dert einen nicht unwe­sent­li­chen admi­nis­tra­ti­ven Auf­wand.

 

Kapi­tal­wert des Nieß­brauchs als Hebel für Steu­er­mi­ni­mie­rung

Wer­den Wert­pa­pie­re schenk­wei­se über­tra­gen und behält sich der Schen­ker den Nieß­brauch vor, redu­ziert sich die schen­kungs­steu­er­li­che Bemes­sungs­grund­la­ge in Höhe des Kapi­tal­werts des Nieß­brauchs, wel­cher nach den Rege­lun­gen des Bewer­tungs­ge­set­zes zu ermit­teln ist.

Je höher also die ange­setz­te Ren­di­te eines Depots, des­to höher ist der Kapi­tal­wert des Nieß­brauchs und des­to gerin­ger fällt die steu­er­li­che Bemes­sungs­grund­la­ge für die Schen­kung aus.

Anders als bei Immo­bi­li­en — durch die Mie­te oder die orts­üb­li­che Mie­te — gibt es bei der Bewer­tung des Kapi­tal­wer­tes eines Wert­pa­pier­de­pots jedoch regel­mä­ßig kei­nen klar defi­nier­ten Ertrag.

Der Nieß­brauch bezieht sich, wie oben erwähnt, auf den lau­fen­den Ertrag. Etwa­ige Wert­ver­än­de­run­gen (Kurs­ge­win­ne) der Ver­mö­gens­sub­stanz sind dabei nicht zu berück­sich­ti­gen, was Anla­gen, die vor allem mit Kurs­ge­win­nen punk­ten, für sol­che Depots unat­trak­tiv macht.

Viel­fach bleibt hier nur der Weg, als zur Ermitt­lung des Kapi­tal­werts not­wen­di­ge Ren­di­te die für den Akti­en­teil erwart­ba­re Divi­den­de (Divi­den­den­ren­di­te) und die (zu erwar­ten­den) Zin­sen für den Ren­ten­an­teil anzu­set­zen.

In der Pra­xis wird zur Ermitt­lung des Bar­werts des Nieß­brauchs an einem Wert­pa­pier­de­pot zum Teil auf das gesam­te Depot und nicht auf ein­zel­ne Wert­pa­pie­re abge­stellt. Anstatt his­to­ri­sche Ren­di­ten her­an­zu­zie­hen, wird der Ermitt­lung des Jah­res­werts in der Pra­xis zudem zum Teil eine Pro­gno­se­rech­nung zugrun­de gelegt, die der Ver­mö­gens­ver­wal­ter bzw. die Bank zur Ver­fü­gung gestellt hat. Ob sie so ver­fährt, ist aus Sicht der Finanz­ver­wal­tung aller­dings eine Ermes­sens­ent­schei­dung (§§ 5, 86 AO) Zudem akzep­tiert die Finanz­ver­wal­tung in der Pra­xis zum Teil auch eine Ermitt­lung des Jah­res­werts für das Ver­rech­nungs­kon­to auf Basis einer Nut­zung iHv 5,5 % p.a.. Sicher ist dies aber nicht.

Die Aus­ge­stal­tung eines Vor­be­halts­nieß­brauch­rechts an Wert­pa­pie­ren ist also im Ver­gleich zur Immo­bi­lie wesent­lich kom­ple­xer. Den Mühen der Auf­tei­lung künf­ti­ger lau­fen­der Erträ­ge und der dar­aus resul­tie­ren­den Kom­ple­xi­tät der Zuord­nung der Kapi­tal­erträ­ge zu Nieß­brauchern und Beschenk­ten dürf­te es geschul­det sein, dass vie­le Ban­ken Nieß­brauch­kon­ten eher zurück­hal­tend anbie­ten.

 

Ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Per­so­nen­ge­sell­schaft

Die vor­ste­hend beschrie­be­ne Kom­ple­xi­tät kann man aber dadurch redu­zie­ren, dass der Schen­ker – statt den Nieß­brauch direkt am Wert­pa­pier­de­pot zu bestel­len – das Depot zunächst (steu­er­frei) in eine GbR oder KG ein­bringt. An die­ser ist im ers­ten Schritt der Schen­ker allein am Ver­mö­gen betei­ligt, der Beschenk­te wird zwar eben­falls Gesell­schaf­ter, hält aber zunächst kei­ne Betei­li­gung am Ver­mö­gen.

Im Anschluss an die Ein­brin­gung des Wert­pa­pier­de­pots kann der Schen­ker sei­ne Betei­li­gung an der GbR oder KG unter dem Vor­be­halt eines Nieß­brauchs durch (voll­stän­di­ge oder teil­wei­se) Schen­kung des Gesell­schafts­an­teils auf den Beschenk­ten über­tra­gen und selbst ohne Ver­mö­gens­be­tei­li­gung Gesell­schaf­ter blei­ben.

Der gro­ße Vor­teil die­ser Kon­stel­la­ti­on besteht  dar­in, dass nun die GbR oder KG sämt­li­che Kapi­tal­erträ­ge – sowohl lau­fen­de als auch Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne – erzielt. Eine kom­pli­zier­te Auf­tei­lung zwi­schen nieß­brauch­be­las­te­ten und nieß­brauch­frei­en Gewin­nen ent­fällt, da der Schen­ker Liqui­di­tät und Wert­pa­pie­re nieß­brauch­frei auf die GbR oder KG über­tra­gen hat.

Der Nieß­brauch besteht aus­schließ­lich am Gesell­schafts­an­teil. Er bezieht sich nicht auf die ein­zel­nen Wert­pa­pie­re, son­dern auf den GbR- oder KG-Anteil. Er umfasst den Anspruch auf alle Erträ­ge der GbR oder KG, unab­hän­gig davon, ob die­se aus aus Divi­den­den rea­li­sier­ten Kurs­ge­win­nen oder sons­ti­gen Ein­nah­men stam­men.

Der Nieß­brauch an einem Wert­pa­pier­de­pot ist eine inter­es­san­te Gestal­tung. Auf­grund der erhöh­ten Kom­ple­xi­tät bei der Abgren­zung von Erträ­gen und Sub­stanz sind  aller­dings eine gute recht­li­che und steu­er­li­che Bera­tung bei der Abfas­sung des Nieß­brauch­ver­trags sowie eine gute Beglei­tung durch die Bank, die Nieß­brauch­kon­ten anbie­tet, uner­läss­lich.

Mit­hil­fe einer ver­mö­gens­ver­wal­ten­den GbR oder KG kann die Ein­räu­mung eines Nieß­brauchs in Bezug auf Wert­pa­pie­re nicht nur wesent­lich ver­ein­facht, son­dern auch steu­er­lich deut­lich attrak­ti­ver gestal­tet wer­den.

 

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