Immobilien und Wertpapiere eignen sich sehr gut, um Vermögen bereits frühzeitig auf die nächste Generation zu übertragen. Mit Nießbrauchrechten kann man die Interessen aller Beteiligten wahren und dabei steuerliche Möglichkeiten optimal nutzen. Das gilt, wenn man gut beraten agiert, auch für die Übertragung von Wertpapieren.
Häufig sind es familiäre Gründe und der Wunsch, geplante Schenkungen steuerlich optimal zu gestalten, die dazu führen, dass Nießbrauchrechte vereinbart werden.
Der wohl bekannteste Fall ist der Nießbrauch an Immobilien. Nießbrauchrechte an Personen- oder Kapitalgesellschaftsanteilen sind ebenfalls gängig. Auch an Wertpapierdepots können aber, eine gelungene Gestaltung vorausgesetzt, Nießbrauchrechte eingeräumt werden, die keine allzu komplexe Verwaltung benötigen.
Nießbrauch und Immobilien
In den meisten Fällen wird an Immobilien ein Vorbehaltsnießbrauch vereinbart. Bei der Übertragung einer (vermieteten) Immobilie wird also ein Nießbrauchrecht für den bisherigen Eigentümer bestellt. Dieser überträgt die Vermögenssubstanz, in der Regel an die nächste Generation, behält sich aber die Einkunftsquelle zurück. So vereinnahmt weiterhin der ehemalige Eigentümer die Erträge aus der Immobilie, als ob er noch Eigentümer wäre.
Dennoch können so die persönlichen schenkungsteuerlichen Freibeträge, die alle 10 Jahre wieder nutzbar sind, bereits frühzeitig und im Laufe der Zeit eventuell mehrfach genutzt werden.
„Nießbrauchmodell“ anerkannt
Auch mit einem Zuwendungsnießbrauch, bei dem das Nutzungsrecht an der Immobilie einem Dritten eingeräumt wird, lassen sich interessante steuerliche Effekte erzielen. Erst vor wenigen Wochen hat der Bundesfinanzhof (BFH) das sogenannte „Nießbrauchmodell“ anerkannt (Urt. v. 20.06.2023, Az. IXR 8/22).
In dem Fall, über den Deutschlands höchste Steuerrichter zu entscheiden hatten, hatten Eheleute eine Immobilie erworben und an eine dem Ehemann gehörende GmbH vermietet.
Den Kindern wandten sie den Nießbrauch in der Form zu, dass ihnen für einen befristeten Zeitraum die Vermietungseinkünfte zugerechnet wurden (sog. Zuwendungsnießbrauch). So wurde die Einkunftsquelle von den Eltern auf die Kinder übertragen. Die Familie nutzte den Grundfreibetrag und den niedrigeren Steuersatz der Kinder.
Der BFH sieht in der Begründung des Nießbrauchs eine zulässige Übertragung der Einkunftsquelle. Da der Nießbraucher im Falle eines Zuwendungsnießbrauchs die Abschreibung der Immobilie nicht fortführen kann, rechnet sich diese Konstellation insbesondere bei älteren, weitgehend abgeschriebenen Immobilien.
Nießbrauch und Wertpapiere
Nicht immer sind es Immobilien, die im Rahmen einer Vermögensnachfolge unter Nießbrauchvorbehalt auf die nächste Generation übertragen werden sollen. Es liegt nahe, auch Wertpapiervermögen auf diese Art und Weise zu verschenken.
Die Schenkung von Wertpapieren unter Nießbrauchvorbehalt ist ein interessanter Gestaltungsweg. Allerdings ist die Umsetzung und Gestaltung regelmäßig wesentlich komplexer als bei Immobilien. Zudem birgt diese Strategie durchaus Konfliktpotenzial mit dem Finanzamt.
Aufteilung zwischen Substanz und Ertrag
Bei der Übertragung von Wertpapieren mit einer Nießbrauchbelastung ist, wie bei Nießbrauchrechten üblich, zwischen der Substanz der Wertpapiere und den daraus resultierenden Erträgen zu unterscheiden. Die Substanz (also das Eigentum an den Wertpapieren) geht mit der Schenkung auf den Beschenkten über, der Ertrag steht dagegen weiterhin dem Schenker, dem jetzigen Nießbrauchsberechtigten, zu. Demnach stehen nach Schenkung von Aktien, Fonds oder Anleihen die Erträge weiterhin dem Schenkenden zu. Er ist es, der weiterhin vor allem Zinsen, Dividenden und Ausschüttungen aus Investmentfonds, die mit den Wertpapieren jährlich erzielt werden, vereinnahmen kann.
Die Chancen und Risiken einer Wertsteigerung oder Wertverlusts trägt der zukünftig Beschenkte, also der neue Eigentümer. Ihm stehen auch erzielte Wertsteigerungen zu, wenn Veräußerungserlöse als Surrogat anstelle des veräußerten Wertpapiers zu treten. Der ursprüngliche Wert des Wertpapiers unterliegt dagegen als Surrogat dem Nießbrauch und ist diesem zuzurechnen.
In der Praxis werden deshalb für das Depot des Beschenkten regelmäßig zwei separate Verrechnungskonten auf den Namen des Schenkers bzw. Nießbrauchers eingerichtet. Auf dem einen Konto werden die Früchte (Zinsen, Dividenden, Investmenterträge) gutgeschrieben, auf dem anderen die vorstehend erwähnten Surrogate. Allerdings ist eine klare Trennung von Substanz und Erträgen bei Wertpapieren nicht immer einfach und erfordert einen nicht unwesentlichen administrativen Aufwand.
Kapitalwert des Nießbrauchs als Hebel für Steuerminimierung
Werden Wertpapiere schenkweise übertragen und behält sich der Schenker den Nießbrauch vor, reduziert sich die schenkungssteuerliche Bemessungsgrundlage in Höhe des Kapitalwerts des Nießbrauchs, welcher nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes zu ermitteln ist.
Je höher also die angesetzte Rendite eines Depots, desto höher ist der Kapitalwert des Nießbrauchs und desto geringer fällt die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Schenkung aus.
Anders als bei Immobilien — durch die Miete oder die ortsübliche Miete — gibt es bei der Bewertung des Kapitalwertes eines Wertpapierdepots jedoch regelmäßig keinen klar definierten Ertrag.
Der Nießbrauch bezieht sich, wie oben erwähnt, auf den laufenden Ertrag. Etwaige Wertveränderungen (Kursgewinne) der Vermögenssubstanz sind dabei nicht zu berücksichtigen, was Anlagen, die vor allem mit Kursgewinnen punkten, für solche Depots unattraktiv macht.
Vielfach bleibt hier nur der Weg, als zur Ermittlung des Kapitalwerts notwendige Rendite die für den Aktienteil erwartbare Dividende (Dividendenrendite) und die (zu erwartenden) Zinsen für den Rentenanteil anzusetzen.
In der Praxis wird zur Ermittlung des Barwerts des Nießbrauchs an einem Wertpapierdepot zum Teil auf das gesamte Depot und nicht auf einzelne Wertpapiere abgestellt. Anstatt historische Renditen heranzuziehen, wird der Ermittlung des Jahreswerts in der Praxis zudem zum Teil eine Prognoserechnung zugrunde gelegt, die der Vermögensverwalter bzw. die Bank zur Verfügung gestellt hat. Ob sie so verfährt, ist aus Sicht der Finanzverwaltung allerdings eine Ermessensentscheidung (§§ 5, 86 AO) Zudem akzeptiert die Finanzverwaltung in der Praxis zum Teil auch eine Ermittlung des Jahreswerts für das Verrechnungskonto auf Basis einer Nutzung iHv 5,5 % p.a.. Sicher ist dies aber nicht.
Die Ausgestaltung eines Vorbehaltsnießbrauchrechts an Wertpapieren ist also im Vergleich zur Immobilie wesentlich komplexer. Den Mühen der Aufteilung künftiger laufender Erträge und der daraus resultierenden Komplexität der Zuordnung der Kapitalerträge zu Nießbrauchern und Beschenkten dürfte es geschuldet sein, dass viele Banken Nießbrauchkonten eher zurückhaltend anbieten.
Vermögensverwaltende Personengesellschaft
Die vorstehend beschriebene Komplexität kann man aber dadurch reduzieren, dass der Schenker – statt den Nießbrauch direkt am Wertpapierdepot zu bestellen – das Depot zunächst (steuerfrei) in eine GbR oder KG einbringt. An dieser ist im ersten Schritt der Schenker allein am Vermögen beteiligt, der Beschenkte wird zwar ebenfalls Gesellschafter, hält aber zunächst keine Beteiligung am Vermögen.
Im Anschluss an die Einbringung des Wertpapierdepots kann der Schenker seine Beteiligung an der GbR oder KG unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs durch (vollständige oder teilweise) Schenkung des Gesellschaftsanteils auf den Beschenkten übertragen und selbst ohne Vermögensbeteiligung Gesellschafter bleiben.
Der große Vorteil dieser Konstellation besteht darin, dass nun die GbR oder KG sämtliche Kapitalerträge – sowohl laufende als auch Veräußerungsgewinne – erzielt. Eine komplizierte Aufteilung zwischen nießbrauchbelasteten und nießbrauchfreien Gewinnen entfällt, da der Schenker Liquidität und Wertpapiere nießbrauchfrei auf die GbR oder KG übertragen hat.
Der Nießbrauch besteht ausschließlich am Gesellschaftsanteil. Er bezieht sich nicht auf die einzelnen Wertpapiere, sondern auf den GbR- oder KG-Anteil. Er umfasst den Anspruch auf alle Erträge der GbR oder KG, unabhängig davon, ob diese aus aus Dividenden realisierten Kursgewinnen oder sonstigen Einnahmen stammen.
Der Nießbrauch an einem Wertpapierdepot ist eine interessante Gestaltung. Aufgrund der erhöhten Komplexität bei der Abgrenzung von Erträgen und Substanz sind allerdings eine gute rechtliche und steuerliche Beratung bei der Abfassung des Nießbrauchvertrags sowie eine gute Begleitung durch die Bank, die Nießbrauchkonten anbietet, unerlässlich.
Mithilfe einer vermögensverwaltenden GbR oder KG kann die Einräumung eines Nießbrauchs in Bezug auf Wertpapiere nicht nur wesentlich vereinfacht, sondern auch steuerlich deutlich attraktiver gestaltet werden.
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