Immobilien und Wertpapierdepots klug übertragen

© RRF/stock.abode.com
Steuerrecht | 11. Juli 2024
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Immo­bilien und Wert­pa­piere eignen sich sehr gut, um Ver­mö­gen bere­its frühzeit­ig auf die näch­ste Gen­er­a­tion zu über­tra­gen. Mit Nießbrauchrecht­en kann man die Inter­essen aller Beteiligten wahren und dabei steuer­liche Möglichkeit­en opti­mal nutzen. Das gilt, wenn man gut berat­en agiert, auch für die Über­tra­gung von Wert­pa­pieren.

 

Häu­fig sind es famil­iäre Gründe und der Wun­sch, geplante Schenkun­gen steuer­lich opti­mal zu gestal­ten, die dazu führen, dass Nießbrauchrechte vere­in­bart wer­den.

Der wohl bekan­nteste Fall ist der Nießbrauch an Immo­bilien. Nießbrauchrechte an Per­so­n­en- oder Kap­i­talge­sellschaft­san­teilen sind eben­falls gängig. Auch an Wert­pa­pierde­pots kön­nen aber, eine gelun­gene Gestal­tung voraus­ge­set­zt, Nießbrauchrechte eingeräumt wer­den, die keine allzu kom­plexe Ver­wal­tung benöti­gen.

 

Nießbrauch und Immo­bilien

In den meis­ten Fällen wird an Immo­bilien ein Vor­be­halt­snießbrauch vere­in­bart. Bei der Über­tra­gung ein­er (ver­mi­eteten) Immo­bilie wird also ein Nießbrauchrecht für den bish­eri­gen Eigen­tümer bestellt. Dieser überträgt die Ver­mö­genssub­stanz, in der Regel an die näch­ste Gen­er­a­tion, behält sich aber die Einkun­ft­squelle zurück. So vere­in­nahmt weit­er­hin der ehe­ma­lige Eigen­tümer die Erträge aus der Immo­bilie, als ob er noch Eigen­tümer wäre.

Den­noch kön­nen so die per­sön­lichen schenkung­s­teuer­lichen Frei­be­träge, die alle 10 Jahre wieder nutzbar sind, bere­its frühzeit­ig und im Laufe der Zeit eventuell mehrfach genutzt wer­den.

 

„Nießbrauch­mod­ell“ anerkan­nt

Auch mit einem Zuwen­dungsnießbrauch, bei dem das Nutzungsrecht an der Immo­bilie einem Drit­ten eingeräumt wird, lassen sich inter­es­sante steuer­liche Effek­te erzie­len. Erst vor weni­gen Wochen hat der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) das soge­nan­nte „Nießbrauch­mod­ell“ anerkan­nt (Urt. v. 20.06.2023, Az. IXR 8/22).

In dem Fall, über den Deutsch­lands höch­ste Steuer­richter zu entschei­den hat­ten, hat­ten Eheleute eine Immo­bilie erwor­ben und an eine dem Ehe­mann gehörende GmbH ver­mi­etet.

Den Kindern wandten sie den Nießbrauch in der Form zu, dass ihnen für einen befris­teten Zeitraum die Ver­mi­etung­seinkün­fte zugerech­net wur­den (sog. Zuwen­dungsnießbrauch). So wurde die Einkun­ft­squelle von den Eltern auf die Kinder über­tra­gen. Die Fam­i­lie nutzte den Grund­frei­be­trag und den niedrigeren Steuer­satz der Kinder.

Der BFH sieht in der Begrün­dung des Nießbrauchs eine zuläs­sige Über­tra­gung der Einkun­ft­squelle. Da der Nießbrauch­er im Falle eines Zuwen­dungsnießbrauchs die Abschrei­bung der Immo­bilie nicht fort­führen kann, rech­net sich diese Kon­stel­la­tion ins­beson­dere bei älteren, weit­ge­hend abgeschriebe­nen Immo­bilien.

 

Nießbrauch und Wert­pa­piere

Nicht immer sind es Immo­bilien, die im Rah­men ein­er Ver­mö­gen­snach­folge unter Nießbrauchvor­be­halt auf die näch­ste Gen­er­a­tion über­tra­gen wer­den sollen. Es liegt nahe, auch Wert­pa­pierver­mö­gen auf diese Art und Weise zu ver­schenken.

Die Schenkung von Wert­pa­pieren unter Nießbrauchvor­be­halt ist ein inter­es­san­ter Gestal­tungsweg. Allerd­ings ist die Umset­zung und Gestal­tung regelmäßig wesentlich kom­plex­er als bei Immo­bilien. Zudem birgt diese Strate­gie dur­chaus Kon­flik­t­poten­zial mit dem Finan­zamt.

 

Aufteilung zwis­chen Sub­stanz und Ertrag

Bei der Über­tra­gung von Wert­pa­pieren mit ein­er Nießbrauch­be­las­tung ist, wie bei Nießbrauchrecht­en üblich, zwis­chen der Sub­stanz der Wert­pa­piere und den daraus resul­tieren­den Erträ­gen zu unter­schei­den. Die Sub­stanz (also das Eigen­tum an den Wert­pa­pieren) geht mit der Schenkung auf den Beschenk­ten über, der Ertrag ste­ht dage­gen weit­er­hin dem Schenker, dem jet­zi­gen Nießbrauchs­berechtigten, zu. Dem­nach ste­hen nach Schenkung von Aktien, Fonds oder Anlei­hen die Erträge weit­er­hin dem Schenk­enden zu. Er ist es, der weit­er­hin vor allem Zin­sen, Div­i­den­den und Auss­chüt­tun­gen aus Invest­ment­fonds, die mit den Wert­pa­pieren jährlich erzielt wer­den, vere­in­nah­men kann.

Die Chan­cen und Risiken ein­er Wert­steigerung oder Wertver­lusts trägt der zukün­ftig Beschenk­te, also der neue Eigen­tümer. Ihm ste­hen auch erzielte Wert­steigerun­gen zu, wenn Veräußerungser­löse als Sur­ro­gat anstelle des veräußerten Wert­pa­piers zu treten. Der ursprüngliche Wert des Wert­pa­piers unter­liegt dage­gen als Sur­ro­gat dem Nießbrauch und ist diesem zuzurech­nen.

In der Prax­is wer­den deshalb für das Depot des Beschenk­ten regelmäßig zwei sep­a­rate Ver­rech­nungskon­ten auf den Namen des Schenkers bzw. Nießbrauch­ers ein­gerichtet. Auf dem einen Kon­to wer­den die Früchte (Zin­sen, Div­i­den­den, Invest­menterträge) gut­geschrieben, auf dem anderen die vorste­hend erwäh­n­ten Sur­ro­gate. Allerd­ings ist eine klare Tren­nung von Sub­stanz und Erträ­gen bei Wert­pa­pieren nicht immer ein­fach und erfordert einen nicht unwesentlichen admin­is­tra­tiv­en Aufwand.

 

Kap­i­tal­w­ert des Nießbrauchs als Hebel für Steuer­min­imierung

Wer­den Wert­pa­piere schenkweise über­tra­gen und behält sich der Schenker den Nießbrauch vor, reduziert sich die schenkungss­teuer­liche Bemes­sungs­grund­lage in Höhe des Kap­i­tal­w­erts des Nießbrauchs, welch­er nach den Regelun­gen des Bew­er­tungs­ge­set­zes zu ermit­teln ist.

Je höher also die ange­set­zte Ren­dite eines Depots, desto höher ist der Kap­i­tal­w­ert des Nießbrauchs und desto geringer fällt die steuer­liche Bemes­sungs­grund­lage für die Schenkung aus.

Anders als bei Immo­bilien — durch die Miete oder die ort­sübliche Miete — gibt es bei der Bew­er­tung des Kap­i­tal­w­ertes eines Wert­pa­pierde­pots jedoch regelmäßig keinen klar definierten Ertrag.

Der Nießbrauch bezieht sich, wie oben erwäh­nt, auf den laufend­en Ertrag. Etwaige Wertverän­derun­gen (Kurs­gewinne) der Ver­mö­genssub­stanz sind dabei nicht zu berück­sichti­gen, was Anla­gen, die vor allem mit Kurs­gewin­nen punk­ten, für solche Depots unat­trak­tiv macht.

Vielfach bleibt hier nur der Weg, als zur Ermit­tlung des Kap­i­tal­w­erts notwendi­ge Ren­dite die für den Aktien­teil erwart­bare Div­i­dende (Div­i­den­den­ren­dite) und die (zu erwartenden) Zin­sen für den Rentenan­teil anzuset­zen.

In der Prax­is wird zur Ermit­tlung des Bar­w­erts des Nießbrauchs an einem Wert­pa­pierde­pot zum Teil auf das gesamte Depot und nicht auf einzelne Wert­pa­piere abgestellt. Anstatt his­torische Ren­diten her­anzuziehen, wird der Ermit­tlung des Jahreswerts in der Prax­is zudem zum Teil eine Prog­noserech­nung zugrunde gelegt, die der Ver­mö­gensver­wal­ter bzw. die Bank zur Ver­fü­gung gestellt hat. Ob sie so ver­fährt, ist aus Sicht der Finanzver­wal­tung allerd­ings eine Ermessensentschei­dung (§§ 5, 86 AO) Zudem akzep­tiert die Finanzver­wal­tung in der Prax­is zum Teil auch eine Ermit­tlung des Jahreswerts für das Ver­rech­nungskon­to auf Basis ein­er Nutzung iHv 5,5 % p.a.. Sich­er ist dies aber nicht.

Die Aus­gestal­tung eines Vor­be­halt­snießbrauchrechts an Wert­pa­pieren ist also im Ver­gle­ich zur Immo­bilie wesentlich kom­plex­er. Den Mühen der Aufteilung kün­ftiger laufend­er Erträge und der daraus resul­tieren­den Kom­plex­ität der Zuord­nung der Kap­i­talerträge zu Nießbrauch­ern und Beschenk­ten dürfte es geschuldet sein, dass viele Banken Nießbrauchkon­ten eher zurück­hal­tend anbi­eten.

 

Ver­mö­gensver­wal­tende Per­so­n­enge­sellschaft

Die vorste­hend beschriebene Kom­plex­ität kann man aber dadurch reduzieren, dass der Schenker – statt den Nießbrauch direkt am Wert­pa­pierde­pot zu bestellen – das Depot zunächst (steuer­frei) in eine GbR oder KG ein­bringt. An dieser ist im ersten Schritt der Schenker allein am Ver­mö­gen beteiligt, der Beschenk­te wird zwar eben­falls Gesellschafter, hält aber zunächst keine Beteili­gung am Ver­mö­gen.

Im Anschluss an die Ein­bringung des Wert­pa­pierde­pots kann der Schenker seine Beteili­gung an der GbR oder KG unter dem Vor­be­halt eines Nießbrauchs durch (voll­ständi­ge oder teil­weise) Schenkung des Gesellschaft­san­teils auf den Beschenk­ten über­tra­gen und selb­st ohne Ver­mö­gens­beteili­gung Gesellschafter bleiben.

Der große Vorteil dieser Kon­stel­la­tion beste­ht  darin, dass nun die GbR oder KG sämtliche Kap­i­talerträge – sowohl laufende als auch Veräußerungs­gewinne – erzielt. Eine kom­plizierte Aufteilung zwis­chen nießbrauch­be­lasteten und nießbrauch­freien Gewin­nen ent­fällt, da der Schenker Liq­uid­ität und Wert­pa­piere nießbrauch­frei auf die GbR oder KG über­tra­gen hat.

Der Nießbrauch beste­ht auss­chließlich am Gesellschaft­san­teil. Er bezieht sich nicht auf die einzel­nen Wert­pa­piere, son­dern auf den GbR- oder KG-Anteil. Er umfasst den Anspruch auf alle Erträge der GbR oder KG, unab­hängig davon, ob diese aus aus Div­i­den­den real­isierten Kurs­gewin­nen oder son­sti­gen Ein­nah­men stam­men.

Der Nießbrauch an einem Wert­pa­pierde­pot ist eine inter­es­sante Gestal­tung. Auf­grund der erhöht­en Kom­plex­ität bei der Abgren­zung von Erträ­gen und Sub­stanz sind  allerd­ings eine gute rechtliche und steuer­liche Beratung bei der Abfas­sung des Nießbrauchver­trags sowie eine gute Begleitung durch die Bank, die Nießbrauchkon­ten anbi­etet, uner­lässlich.

Mith­il­fe ein­er ver­mö­gensver­wal­tenden GbR oder KG kann die Ein­räu­mung eines Nießbrauchs in Bezug auf Wert­pa­piere nicht nur wesentlich vere­in­facht, son­dern auch steuer­lich deut­lich attrak­tiv­er gestal­tet wer­den.

 

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Steuerrecht 12. August 2024

Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer: Tantieme nicht ausgezahlt – aber zu versteuern?

Der Bundesfinanzhof stellt sich mit einem aktuellen Urteil erneut gegen die Finanzämter, die Tantiemen selbst besteuern, wenn sie gar nicht ausgezahlt wurden. Gesellschaft und Gesellschafter sollten sich die Folgen bestimmter vertraglicher und gelebter Umsetzung bewusst machen.     Tantiemen sind erfolgsabhängige Vergütungen, die Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich zu ihrem festen Gehalt erhalten können. Sie werden in der Regel erst nach der Erstellung des...

Steuerrecht 14. März 2024

Nach BFH-Urteilen: Managementbeteiligungen werden attraktiver

Der Bundesfinanzhof hat aktuell in zwei Entscheidungen seine Rechtsprechung zu Mitarbeiterbeteiligungen präzisiert. Die Urteile führen zu mehr Rechtssicherheit für die Gestaltung von Beteiligungsmodellen. Auch das zum Jahresbeginn in Kraft getretene Zukunftsfinanzierungsgesetz stärkt Mitarbeiterbeteiligungen weiter. Viele Unternehmen entscheiden sich dafür, Geschäftsführer und leitende Angestellte direkt am Gesellschaftsvermögen zu beteiligen, um zusätzliche Anreize zu schaffen. Vor allem im Bereich Private Equity gehören...