Neue Immobilienbewertung ab 2023: Schenkungs- und Erbschaftssteuer könnten bis zu 50% steigen

Steuerrecht | 24. November 2022
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Das Jah­res­steu­er­ge­setz könn­te für 2023 böse Über­ra­schun­gen brin­gen: Die Neu­be­wer­tung von Immo­bi­li­en kann die Über­tra­gung von Häu­sern und Grund­stü­cken extrem teu­er machen, ob nun per Schen­kung oder durch einen Erb­fall. Was kommt und wer jetzt han­deln soll­te, erklärt Peter Fabry.

Wie alle Jah­re wie­der gibt es auch in die­sem Jahr ein “Jah­res­steu­er­ge­setz” (JStG), mit dem die Bun­des­re­gie­rung nach eige­nen Anga­ben mehr Rechts­si­cher­heit und Steu­er­ge­rech­tig­keit schaf­fen will. Der Ent­wurf des JStG beinhal­tet für 2023 aber auch Ände­run­gen des Bewer­tungs­ge­set­zes, mit denen die Erb­schafts- und Schen­kungs­steu­er bei Immo­bi­li­en­über­tra­gun­gen ab dem 1. Janu­ar 2023 deut­lich stei­gen könn­ten.

Das Ertrags- und das Sach­wert­ver­fah­ren, also die Bewer­tungs­me­tho­den, die man vor allem bei der Bewer­tung von Miet­wohn­grund­stü­cken und Geschäfts­grund­stü­cken anwen­det, sol­len an die bereits im Jahr 2021 geän­der­te Immo­bi­li­en­wert­ermitt­lungs­ver­ord­nung (“Immo­Wert­VO”) ange­passt wer­den. So will der Gesetz­ge­ber nach eige­nen Anga­ben sicher­stel­len, dass die von den Gut­ach­ter­aus­schüs­sen für Grund­stücks­wer­te auf der Grund­la­ge der Immo­Wert­VO ermit­tel­ten Daten für die Wert­ermitt­lung auch für die Berech­nung von Erb­schafts,- Schen­kungs- und Grund­er­werbs­steu­er wei­ter­hin sach­ge­recht sind.

Doch was recht harm­los nach einer blo­ßen Anpas­sung des Bewer­tungs­ge­set­zes klingt, führt in Wahr­heit dazu, dass es künf­tig noch teu­rer wer­den wird, Immo­bi­li­en zu ver­er­ben oder zu ver­schen­ken. Mit der Ände­rung der steu­er­li­chen Bewer­tung von Immo­bi­li­en könn­ten Erb­schafts- und Schen­kungs­steu­er um 20, 30 oder gar 50% stei­gern.

 

Das soll sich ändern

Beim Ertrags­wert­ver­fah­ren soll neben der Her­ab­set­zung der Lie­gen­schafts­zins­sät­ze der pau­scha­le Ansatz der Bewirt­schaf­tungs­kos­ten auf­ge­ge­ben wer­den. Bis­her kön­nen Immo­bi­li­en­ei­gen­tü­mer für die Kos­ten eine groß­zü­gig Pau­scha­le anset­zen, zukünf­tig müs­sen alle Kos­ten nach­ge­wie­sen wer­den, was zu deut­lich nied­ri­ge­ren Abschlä­gen füh­ren wird. Beim Sach­wert­ver­fah­ren, das ange­wen­det wird, wenn sich für selbst­ge­nutz­te Immo­bi­li­en man­gels Ver­käu­fen in der Umge­bung kein Ver­gleichs­wert oder bei Miet­woh­nun­gen oder Geschäfts­grund­stü­cken kei­ne übli­che Mie­te ermit­teln lässt, soll der Gebäu­de­sach­wert ange­passt wer­den. Dabei wird künf­tig davon aus­ge­gan­gen, dass eine Wohn­im­mo­bi­lie 80 statt wie bis­her üblich 70 Jah­re genutzt wird, was dazu führt, dass die Min­de­rung des Alters­werts gerin­ger aus­fällt und der Rest­wert steigt. Gra­vie­rend ist die geplan­te Ände­rung des Sach­wert­fak­tors, mit dem ein vor­läu­fig ermit­tel­ter Sach­wert als Markt­an­pas­sungs­fak­tor mul­ti­pli­ziert wird. Die im Gesetz­ent­wurf vor­ge­se­he­nen neu­en Wert­zah­len lie­gen teil­wei­se 0,2 und 0,5 über den bis­he­ri­gen Wert­zah­len, so dass erheb­li­che Stei­ge­run­gen der Wert­an­sät­ze der Immo­bi­li­en im Sach­wert­ver­fah­ren dro­hen.

Auch nach Inkraft­tre­ten der jetzt geplan­ten Neu­re­ge­lun­gen kann in Fäl­len, in wel­chen das ange­wand­te Bewer­tungs­ver­fah­ren zu sehr hohen Ergeb­nis­sen führt, der Nach­weis eines gerin­ge­ren Wer­tes durch ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten in Betracht kom­men.

Der Bun­des­rat hat am 28. Okto­ber 2022 Stel­lung genom­men, die Gegen­äu­ße­rung der Bun­des­re­gie­rung erfolg­te am 2. Novem­ber 2022. Nach der­zei­ti­gem Stand sol­len die Bera­tun­gen des Finanz­aus­schus­ses am 30. Novem­ber 2022 abge­schlos­sen sein und die 2./3. Lesung im Bun­des­tag am 2. Dezem­ber 2022 erfol­gen. Der Bun­des­rat könn­te dann am 16. Dezem­ber 2022 dem Gesetz zustim­men, die­ses könn­te anschlie­ßend im Bun­des­ge­setz­blatt ver­kün­det wer­den.

 

Wer Vermögen übertragen will: Noch in 2022 handeln?

Die Boden­richt­wer­te stei­gen seit Jah­ren, es besteht also sowie­so Hand­lungs­be­darf bei der Über­tra­gung von Immo­bi­li­en auf die Nach­fol­ge­ge­nera­ti­on. Die geplan­ten Neu­re­ge­lun­gen wür­den die­sen Effekt erheb­lich ver­stär­ken. Die mög­li­che Neu­be­wer­tung soll­te aber nicht der ein­zi­ge Grund sein, sich mit dem The­ma zu beschäf­ti­gen, zumal sich in Fäl­len, in denen das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren zur Anwen­dung kommt (z.B. bei Ein- bzw. Zwei­fa­mi­li­en­häu­sern und Eigen­tums­woh­nun­gen in grö­ße­ren Städ­ten) nichts  nen­nens­wert ändern soll­te. Doch wer sich ohne­hin aktu­ell mit dem Gedan­ken trägt, Immo­bi­li­en­ver­mö­gen an die nächs­te Gene­ra­ti­on wei­ter­zu­ge­ben, soll­te jetzt prü­fen, ob er die­ses Vor­ha­ben mög­li­cher­wei­se noch in die­sem Jahr umset­zen kann und möch­te.

Sonst könn­te der Wert der Immo­bi­li­en im neu­en Jahr deut­lich höher aus­fal­len als bis­her und die per­sön­li­chen Frei­be­trä­ge rei­chen dann womög­lich nicht mehr aus, um Immo­bi­li­en­ver­mö­gen steu­er­scho­nend bzw. steu­er­frei in die nächs­te Gene­ra­ti­on zu über­füh­ren.

Auch ande­re Mög­lich­kei­ten zur Steu­er­mi­ni­mie­rung wie Nieß­brauchs- und Wohn­rechts­be­stel­lun­gen oder Fami­li­en­pool- bzw. Fami­li­en­ge­sell­schafts­lö­sun­gen soll­te man immer in Betracht zie­hen. So kann etwa mit einer “Fami­li­en-KG” neben steu­er­lich güns­ti­gen Effek­ten auch die Inte­gri­tät des Ver­mö­gens geför­dert wer­den. Der ursprüng­li­che Inha­ber des Immo­bi­li­en­ver­mö­gens kann sich, wenn gewünscht, zudem auch nach der Über­tra­gung sehr weit­ge­hend die Ent­schei­dungs­ge­walt über das Ver­mö­gen sichern.

 

Peter Fabry ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en in Mün­chen. Sei­ne Bera­tungs­schwer­punk­te lie­gen in der natio­na­len und inter­na­tio­na­len Steu­er­ge­stal­tungs­be­ra­tung von grö­ße­ren mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men, im Immo­bi­li­en­steu­er­recht, der Ver­mö­gens- und Nach­fol­ge­pla­nung für Unter­neh­men und Pri­vat­per­so­nen sowie in der Steu­er­ab­wehr­be­ra­tung. https://www.linkedin.com/in/peter-fabry-b21523166/

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