Wenn Sie schon immer ein Notebook im Wert von knapp 2.000 Euro für 18,49 Euro kaufen wollten, dann war gestern kurz nach Mitternacht Amazon.de Ihre Fundgrube, wie der Stern berichtet. Da gab es solche Superschnäppchen. Bei dem Preis konnte man sich auch gleich zwei oder drei Computer gönnen. Vielleicht ein Gerät fürs Büro, eins fürs Bad und eins für den Balkon. Kost’ ja nix. In der Tat bestellten auch viele potentielle Käufer fleißig.
Nur wird niemand in den Genuss der Geräte gelangen. Denn Amazon versandte an alle Betroffenen eine Email, in der klargestellt wurde, dass es sich um einen bedauerlichen Irrtum in der Preisauszeichnung handele, man die Bestellung „gestrichen“ habe und höchst vorsorglich den Kaufvertrag wegen eines Irrtums bei der Preisauszeichnung anfechte.
Geht das so einfach? Wohl ja.
Ein Vertrag kommt bekanntermaßen durch zwei aufeinander bezogene Willenserklärungen zustanden, ein Angebot und eine Annahme. Das Angebot ist dabei aber noch nicht, wie man vielleicht meinen könnte, schon die Darstellung eines Gerätes auf der Seite von Amazon. Denn wenn es der Käufer in der Hand hätte, nur durch seine Bestellung bereits einen validen Vertrag zustande zu bringen, dann könnten vielleicht bei einem begehrten Gerät mehr Kaufverträge abgeschlossen werden, als überhaupt erfüllt werden können. Der Verkäufer — Amazon — will sich insoweit also sicher noch nicht binden. Die Amazon-Internetseite ist insoweit nichts anderes als die Entsprechung zum Schaufenster des „normalen“ Einzelhändlers. Und da gelten ähnliche Grundsätze: Beim „Angebot“ im Schaufenster oder eben auf der Internetseite handelt es sich nur um eine Aufforderung zum Angebot („invitatio ad offerendum“) an den Kunden.
Das Angebot ist also erst die Bestellung des Kunden. Erst wenn Amazon dieses Angebot annimmt, kommt ein Kaufvertrag zustande. So steht es übrigens zu Recht auch in den — neuerdings im Vergleich zu früher gar nicht mehr so schlechten — AGB des Unternehmens:
Ihre Bestellung stellt ein Angebot an uns zum Abschluss eines Kaufvertrages dar. Wenn Sie eine Bestellung bei Amazon.de aufgeben, schicken wir Ihnen eine E‑Mail, die den Eingang Ihrer Bestellung bei uns bestätigt und deren Einzelheiten aufführt (Bestellbestätigung). Diese Bestellbestätigung stellt keine Annahme Ihres Angebotes dar, sondern soll Sie nur darüber informieren, dass Ihre Bestellung bei uns eingegangen ist. Ein Kaufvertrag kommt erst dann zustande, wenn wir das bestellte Produkt an Sie versenden und den Versand an Sie mit einer zweiten E‑Mail (Versandbestätigung) bestätigen.
Die Annahme des Angebots der Kunden zum Kauf von Notebooks zum Preis von knapp 20 Euro hat Amazon aber gerade nicht erklärt, im Gegenteil des Vertragsschluss explizit abgelehnt — denn nichts anderes wollte man mit der „Streichung“ des Bestellung zum Ausdruck bringen.
Hilfsweise hielt man es für nötig auch noch anzufechten. Natürlich kann ein Vertrag, der nicht zustande gekommen ist, auch schlecht angefochten werden, aber doppelt hält offenbar besser. Die Anfechtung selbst stützt sich auf § 119 I BGB:
§ 119 BGB — Anfechtbarkeit wegen Irrtums
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Dass ein solcher Fall auch bei einer falschen Preisauszeichnung im Internetshop vorliegen kann hat der BGH bereits — in der Sache wenig überraschend — mit Urteil (PDF) vom 26.1.2005, AZ VIII ZR 79/04 entschieden. Im dort entschiedenen Fall war allerdings in der Tat ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, die Ware war sogar ausgeliefert worden.
In jedem Fall bleibt die — für den Käufer traurige, für den Verkäufer ermutigende — Tatsache, dass aus technischen und menschlichen Schwächen von Internetshops leider kein Schnäppchenmarkt resultiert.
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