Kündigung wegen Verabschiedung mit “Jesus hat Sie lieb” (ArbG Bochum, Urteil vom 8. Juli 2010, Az. 4 Ca 734/10; LAG Hamm, Urteil vom 20. April 2011, Az. 4 Sa 2230/10)

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Ein seit 2004 bei einem Call-Cen­ter angestell­ter Tele­fon­a­gent hat­te jeden­falls seit Jan­u­ar 2010 seine Kun­denge­spräche mit fol­gen­der Ver­ab­schiedungs­formel been­det: “Jesus hat Sie lieb, vie­len Dank für Ihren Einkauf bei … und einen schö­nen Tag.” Diese Schlussfor­mulierung entsprach nicht den Vor­gaben des Arbeit­ge­bers; nach den Vor­gaben hät­ten die Gespräche mit “Ich danke Ihnen für Ihre Bestel­lung bei … Auf Wieder­hören” oder “Ich danke Ihnen für Ihre Bestel­lung bei … und wün­sche Ihnen noch einen schö­nen Tag/Abend o.a. Auf Wieder­hören.” enden sollen.

Der Arbeit­ge­ber bean­standete daher die vom Arbeit­nehmer ver­wen­dete Schlussfor­mulierung. Der Arbeit­nehmer berief sich auf seine religiösen Überzeu­gun­gen.

Die daraufhin aus­ge­sproch­ene Kündi­gung hielt das Arbeits­gericht Bochum für unwirk­sam, da kein ver­hal­tens­be­d­ingter Grund vor­läge. Obwohl die vom Arbeit­nehmer ver­wen­dete Ver­ab­schiedungs­floskel von den Weisun­gen des Arbeit­ge­bers abwich, habe der Arbeit­ge­ber dies hinzunehmen, da der Arbeit­nehmer dem Arbeit­ge­ber keinen bedin­gungslosen Gehor­sam schulde. Vielmehr führe die Berück­sich­ti­gung der Glaubens- und Beken­nt­n­is­frei­heit des Arbeit­nehmers dazu, dass die im Direk­tion­srecht ihren Aus­druck find­ende Unternehmer­frei­heit des Arbeit­ge­bers zurück­zuste­hen habe. Auch sah das Arbeits­gericht Bochum keine reale Gefährdung des Erwerb­sin­ter­ess­es des Arbeit­ge­bers, da der Arbeit­nehmer vortrug, dass es keine Kun­denbeschw­er­den gegeben habe und er seine Schlussfor­mulierung erst dann geäußert haben, als der geschäftliche Teil des Gesprächs schon abgeschlossen war.

Das LAG Hamm hielt die außeror­dentliche Kündi­gung jedoch für gerecht­fer­tigt, da der Arbeit­nehmer nicht in aus­re­ichen­dem Maße dar­legen kon­nte, warum er in innere Nöte gekom­men wäre, wenn er auf die Gruß­formel “Jesus hat Sie lieb” verzichtet hätte.

Die Revi­sion hat das Lan­desar­beits­gericht nicht zuge­lassen.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer: Schutz vor Konkurrenz auch nach dem Ausscheiden

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass eine GmbH eine Karenzentschädigung zurückfordern kann, wenn der ausgeschiedene Geschäftsführer gegen ein vertraglich festgelegtes nachvertragliches Wettbewerbsverbot verstößt. Unternehmen sollten für klare Regelungen in ihren Anstellungsverträgen sorgen, um ihre Interessen auch nach dem Ausscheiden zu schützen.   In der dynamischen Welt der Unternehmensführung spielt der Schutz vor Konkurrenz eine zentrale Rolle. Besonders für Geschäftsführer von GmbHs...

LAG Köln kippt Betriebsratsbeschlüsse: Minderheitenschutz ist nicht nur Förmelei

Das Landesarbeitsgericht Köln hat kürzlich Beschlüsse eines Betriebsrats für unwirksam erklärt, obwohl sie, jeder für sich betrachtet, formal korrekt waren. Insgesamt betrachtet umgingen sie aber den gesetzlichen Minderheitenschutz. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass Betriebsratswahlen und -beschlüsse nicht nur formal korrekt ablaufen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln erinnert daran, dass Arbeitgeber sich stets die Wichtigkeit des gesetzlichen Minderheitenschutzes in Betriebsratsbeschlüssen bewusst...