Linux-Patent-Netzwerk – Vorbeugung und Abschreckung

Patentrecht | 10. November 2005
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In den letz­ten Jah­ren in brei­ter Öffent­lich­keit sehr hef­tig dis­ku­tiert wur­den Fra­gen pro und con­tra der Sinn­haf­tig­keit von Soft­ware­pa­ten­ten. Auch hier auf dem Law-Blog wur­de die Fra­ge immer wie­der auf­ge­wor­fen und durch­aus nicht immer ein­heit­lich beant­wor­tet.

Selbst als gemä­ßig­ter Befür­wor­ter von Logik­pa­ten­ten wird man durch­aus ein­ge­ste­hen müs­sen, dass mit sol­chen Schutz­rech­ten Schind­lu­der getrie­ben wer­den kann. Das ist beson­ders dann der Fall, wenn oft weni­ger seriö­sen Fir­men Logik­pa­ten­te unter Miss­ach­tung der sonst im Patent­recht gel­ten­den Grund­sät­ze von Neu­heit und Schöp­fungs­hö­he zuge­spro­chen wer­den. Dar­in näm­lich liegt jeden­falls mei­nes Erach­tens das eigent­li­che Pro­blem, nicht in der Paten­tier­bar­keit von Soft­ware als sol­cher.

In der Hand von so genann­ten Patent-Trol­len kön­nen sol­che Tri­vi­al-Soft­ware­pa­ten­te zu einer Waf­fe wer­den, um prak­tisch ohne eige­ne Leis­tung vom Schaf­fen ande­rer zu pro­fi­tie­ren, indem letzt­lich sinn­lo­se und unnüt­ze Lizenz­ge­büh­ren ver­langt oder im Fall von gericht­li­chen Pro­zes­sen Ver­gleichs­ge­büh­ren kas­siert wer­den.

Natür­lich kann man einen Patent­streit auch ernst­haft und mit wirt­schaft­li­chem Hin­ter­grund füh­ren, wie das oft bei Kon­flik­ten zwi­schen „den Gro­ßen“ der Fall ist. In aller Regel wer­den sol­che Ver­fah­ren inter­es­san­ter­wei­se nicht bis zum bit­te­ren Ende geführt. Viel­mehr wird meist rela­tiv schnell ein Ver­gleich im Wege einer Über­kreuz-Lizen­zie­rung gefun­den. Vul­go: Patent­li­zen­zen wer­den getauscht, damit Frie­den herrscht.

Die­ses Sys­tem funk­tio­niert erstaun­lich gut, klappt aber selbst­ver­ständ­lich nur, wenn der Beklag­te hier etwas anzu­bie­ten hat. Gera­de das ist bei Open-Source-Pro­jek­ten in aller Regel aber nicht der Fall – die ste­cken ihre Res­sour­cen lie­ber in die Ent­wick­lung von Soft­ware als die Anmel­dung von Paten­ten, die im Übri­gen natür­lich auch der Open-Source-Phi­lo­so­phie wider­spre­chen. Zusätz­lich fehlt es hier in aller Regel auch am finan­zi­el­len Pols­ter zum Durch­ste­hen eines aus­ge­wach­se­nen Patent-Ver­let­zungs­pro­zes­ses.

Eine der Haupt­sor­gen der Ver­fech­ter sol­cher Open-Source-Pro­jek­te ist daher, durch Soft­ware­pa­ten­te behin­dert oder gar zur Auf­ga­be gezwun­gen zu wer­den.

Dem wol­len nach einem Bericht auf heise.de IBM, Novell, Phil­ips, Sony und Red Hat zumin­dest im Fall von Linux abhel­fen. Gemein­sam hat man das Open Invi­ta­ti­on Net­work ins Leben geru­fen. Ziel die­ser Ein­rich­tung ist es, Linux bedro­hen­de Paten­te auf­zu­kau­fen oder Inha­ber sol­cher Paten­te mit Über­kreuz-Lizen­zie­run­gen vor­han­de­ner Paten­te gleich­sam zum Still­hal­ten zu über­re­den. Allein Novell hat als Mor­gen­ga­be bereits einen Grund­stock von Paten­ten ein­ge­bracht, die einst von Com­mer­ce One erwor­ben wur­den. Alle in der Hand des Net­works befind­li­chen Paten­te sol­len im Rah­men der wei­te­ren Ent­wick­lung von Linux oder von Appli­ka­tio­nen für die­ses Sys­tem frei benutzt wer­den kön­nen.

Letz­lich eta­bliert das Sys­tem aber auch eine Form von Abschre­ckung: Open-Source-Pro­jek­te sind, was Paten­te betrifft, arm, also angreif­bar. Nun dra­piert man um sie her­um einen gan­zen Wall aus (oft selbst tri­via­len) Paten­ten aus see­li­gen New-Eco­no­my-Zei­ten. Man macht damit klar: wir kön­nen uns weh­ren.

Das Modell ist – soweit man das mit den vor­han­de­nen Infor­ma­tio­nen sagen kann – in sei­ner Kon­struk­ti­on sicher sinn­voll. Ähn­li­che, wenn auch nicht so weit gehen­de Bestre­bun­gen hat­te es in der Ver­gan­gen­heit ja bereits gege­ben. Wirk­lich nütz­lich wer­den die Aktio­nen wohl dann, wenn sie gebün­delt wer­den und im Kri­sen­fall allen Open Source Pro­jek­ten offen ste­hen – und nicht nur den Hät­schel­kin­dern der gro­ßen Play­er.

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