Nach BFH-Urteilen: Managementbeteiligungen werden attraktiver

Steuerrecht | 14. März 2024
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Der Bun­des­fi­nanzhof hat aktuell in zwei Entschei­dun­gen seine Recht­sprechung zu Mitar­beit­er­beteili­gun­gen präzisiert. Die Urteile führen zu mehr Rechtssicher­heit für die Gestal­tung von Beteili­gungsmod­ellen. Auch das zum Jahres­be­ginn in Kraft getretene Zukun­fts­fi­nanzierungs­ge­setz stärkt Mitar­beit­er­beteili­gun­gen weit­er.

Viele Unternehmen entschei­den sich dafür, Geschäfts­führer und lei­t­ende Angestellte direkt am Gesellschaftsver­mö­gen zu beteili­gen, um zusät­zliche Anreize zu schaf­fen. Vor allem im Bere­ich Pri­vate Equi­ty gehören diese Beteili­gung­spro­gramme für das Man­age­ment seit Jahren zum Stan­dard. Steuer­lich sind entsprechende Beteili­gungsmod­elle reizvoll, weil Arbeit­seinkom­men in der Spitze mit bis zu 45 % besteuert wird, während auf Kap­i­taleinkün­fte pauschal lediglich 25 % Abgel­tungss­teuer zuzüglich Sol­i­dar­ität­szuschlag erhoben wer­den.

Immer wieder stellt sich deshalb die Frage, ob die begün­stigten Angestell­ten durch den Erhalt von Gesellschaft­san­teilen sowie anderen Ben­e­fits (wie Hur­dle Shares oder Phan­tom Stocks) steuerpflichti­gen Arbeit­slohn in der Form eines geld­w­erten Vorteils beziehen. Die Grun­dregel: Das ist der Fall, wenn der Erhalt dieser Bezüge durch das Arbeitsver­hält­nis ver­an­lasst ist. Dieser sog. Ver­an­las­sungszusam­men­hang kann anhand bes­timmter Indizien fest­gemacht wer­den.

Bere­its in einem viel beachteten Urteil aus dem Jahr 2016 hat­te der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) klargestellt, dass Erlöse aus Mitar­beit­er­beteili­gun­gen nicht als Arbeit­slohn zu besteuern sind, wenn die Gewinne aus ein­er „Son­der­rechts­beziehung“ stam­men (IX R 43/15). Eine solche liege vor, wenn der Begün­stigte seine Anteile als eine vom Arbeitsver­hält­nis unab­hängige und eigen­ständi­ge Erwerb­s­grund­lage nutze. Gegen die Qual­i­fika­tion als Arbeit­slohn spricht laut dieser Entschei­dung des BFH zudem das mit der Kap­i­tal­beteili­gung regelmäßig ein­herge­hende Ver­lus­trisiko, wobei die konkrete Wahrschein­lichkeit und Höhe dieses Risikos keine Rolle spiel­ten. Diese Grund­sätze hat das höch­ste deutsche Steuerg­ericht nun mit seinen aktuellen Urteilen im Wesentlichen bestätigt und for­ten­twick­elt (BFH, Urteile vom 14.12.2023, Az. VI R 1/21; VI R 2/21).

 

Die Urteile des BFH

Die vom BFH entsch­iedene Fal­lkon­stel­la­tion betraf einen lei­t­en­den Angestell­ten ein­er GmbH, die von ein­er Inve­storen­gruppe über eine Lux­em­bur­gis­che Gesellschaft gekauft wurde. Geplant war, die Gesellschaft in eine AG umzus­truk­turi­eren und an die Börse zu brin­gen. Im Zuge der Umstruk­turierung und des Börsen­ganges erhielt der Man­ag­er im Rah­men eines Mitar­beit­er­beteili­gung­spro­grammes ver­bil­ligt einen Anteil als Kom­man­di­tist an ein­er Mitar­beit­er GmbH & Co. KG, die ihrer­seits Anteile an der lux­em­bur­gis­chen Gesellschaft erwarb.

Unstre­it­ig war, dass die ver­bil­ligte Ein­räu­mung des Kom­man­di­tan­teils zum Zufluss von Arbeit­slohn geführt hat­te. Stre­it­ig war dage­gen, ob auch der Erhalt der werthalti­gen Aktien nach erfol­gre­ich­er Börsen­platzierung den Zufluss von Arbeit­slohn zur Folge hat­te.

 

  • Ver­bil­ligte Über­las­sung als Indiz

Der VI. Sen­at bestätigte, dass allein ein ver­bil­ligter Erwerb einen Veräußerungs­gewinn aus ein­er Man­age­ment­beteili­gung noch nicht zum Arbeit­slohn macht. Ein ver­bil­ligter Erwerb führt lediglich zur Besteuerung eines geld­w­erten Vorteils bei Erwerb der Beteili­gung. Die Einkün­fte aus dem Verkauf sind davon unab­hängig zu beurteilen.

Deshalb wirkt ein ggf. bei Erwerb der Beteili­gung beste­hen­der arbeit­slohn­be­grün­den­der Ver­an­las­sungszusam­men­hang nicht im Rah­men eines späteren Veräußerungsvor­gangs fort. Nach dem Erwerb ein­tre­tende Wertän­derun­gen, aber auch (Veräußerungs-)Gewinne (wegen des ver­bil­ligten Erwerbs) wie ‑Ver­luste sind regelmäßig nicht (mehr) durch das Arbeitsver­hält­nis ver­an­lasst, son­dern durch das Son­der­rechtsver­hält­nis „Beteili­gung“. Sie wer­den, so der BFH, dem Arbeit­nehmer nicht durch den Arbeit­ge­ber ver­mit­telt, son­dern sind dem Mark­t­geschehen geschuldet.

 

  • Selb­ständi­ges Son­der­rechtsver­hält­nis

Der VI. Sen­at erken­nt eine Mitar­beit­erkap­i­tal­beteili­gung grund­sät­zlich als selb­ständi­ges Son­der­rechtsver­hält­nis an, sofern sie zivil­rechtlich wirk­sam struk­turi­ert und durchge­führt wurde. Die Zuord­nung zum Arbeitsver­hält­nis erfol­gt nur, wenn die Gren­ze zum Gestal­tungsmiss­brauchs gemäß § 42 AO über­schrit­ten wird, wenn die Kap­i­tal­beteili­gung also nur deswe­gen gewährt wurde, um einen Steuer­vorteil zu erzie­len.

So kann Arbeit­slohn etwa dann vor­liegen, wenn der Steuerpflichtige bei der Veräußerung sein­er Beteili­gung einen mark­tunüblichen Über­preis erzielt. Ob ein zu einem solchen geld­w­erten Vorteil führen­der Leis­tungsaus­tausch zwis­chen Arbeit­nehmer und Arbeit­ge­ber (oder einem Drit­ten) den Einkün­ften aus nicht­selb­st­ständi­ger Arbeit oder auf­grund ein­er Son­der­rechts­beziehung ein­er anderen Einkun­ft­sart oder dem nicht einkom­men­steuer­baren Bere­ich zuzurech­nen ist, ist nach den all­ge­meinen Grund­sätzen, das heißt auf­grund ein­er Würdi­gung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu entschei­den. Dabei geht es um den wirtschaftlichen Gehalt, nicht um die äußere Erschei­n­ungs­form des Leis­tungsaus­tauschs.

 

  • Unbeachtlichkeit von Leaver-Klauseln

Den beste­hen­den Leaver-Klauseln hat der BFH in seinem Urteil aus­drück­lich keine Bedeu­tung beigemessen. Typ­is­che Leaver-Klauseln von Mitar­beit­er­beteili­gungsmod­ellen, die den Fortbe­stand des Beteili­gungsver­hält­niss­es mit dem Fortbe­stand des Arbeitsver­hält­niss­es verknüpfen, kön­nen ein­er beste­hen­den Beteili­gung laut BFH ihren eigen­ständi­gen Rechtscharak­ter nicht nehmen.

 

Die Fol­gen für Unternehmen und Man­ag­er

Die aktuellen Entschei­dun­gen des VI. Sen­ats erhöhen die Rechtssicher­heit bei der Aus­gestal­tung von Mitar­beit­er­beteili­gung­spro­gram­men. Auf­grund der unter­schiedlichen Tar­if­be­las­tung von Einkün­ften aus nicht selb­st­ständi­ger Arbeit und Kap­i­talver­mö­gen dürfte es allerd­ings auch zukün­ftig für die Bes­tim­mung des Ver­an­la­gungszusam­men­hanges zu einem Arbeitsver­hält­nis zu Diskus­sio­nen mit der Finanzver­wal­tung kom­men – schließlich ist jede Gestal­tung anders, entschei­dend sind immer die Umstände im jew­eili­gen Einzelfall.

Wichtig ist aber, dass mit dem zum 1. Jan­u­ar 2024 in Kraft getrete­nen Zukun­fts­fi­nanzierungs­ge­setz auch der Geset­zge­ber Mitar­beit­er­beteili­gun­gen weit­er stärkt. Die neuen Regelun­gen in § 19a EStG sehen vor, dass unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen die geld­w­erten Vorteile auch aus größeren Ver­mö­gens­beteili­gun­gen zunächst nicht besteuert wer­den; das entschärft zumin­d­est in vie­len Fällen die sog. “Dry Income” Prob­lematik, also die Tat­sache, dass Mitar­beit­er Einkom­men­steuer auf den Wert der erhal­te­nen Unternehmen­san­teile zahlen müssen, obwohl sie gar keine liq­uiden Mit­tel erhal­ten haben. Nach den neuen Regelun­gen wird nun erst später besteuert, näm­lich bei Verkauf der Anteile, bei Beendi­gung des Dien­stver­hält­niss­es oder spätestens nach 15 Jahren (sog. aufgeschobene Besteuerung).

Ins­beson­dere schnell wach­sende Start-ups und Scale-ups kön­nen zukün­ftig von dieser Förderung prof­i­tieren. Ihnen wird erst­mals ein gang­bar­er Weg zur Beteili­gung ihrer Mitar­beit­er am Unternehmen­skap­i­tal eröffnet.

 

Peter Fab­ry ist Recht­san­walt, Steuer­ber­ater und Fachan­walt für Steuer­recht. Die Beratungss­chw­er­punk­te des SNP-Part­ners liegen in der nationalen und inter­na­tionalen Steuergestal­tungs­ber­atung von größeren mit­tel­ständis­chen Unternehmen, im Immo­bilien­s­teuer­recht, der Ver­mö­gens- und Nach­fol­ge­pla­nung für Unternehmen und Pri­vat­per­so­n­en sowie in der Steuer­ab­wehrber­atung. Als zer­ti­fiziert­er Berater für Steuer­strafrecht (DAA) gilt sein beson­deres Augen­merk der Ver­mei­dung von steuer­strafrechtlichen Tatbestän­den sowie der Tax Com­pli­ance.  https://de.linkedin.com/in/peter-fabry-b21523166

 

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Steuerrecht 22. November 2024

Inkongruente Gewinnausschüttungen: Mehr steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten für Gesellschafter

Die Finanzverwaltung lenkt ein: Sollen Gewinne nicht im Verhältnis der Beteiligungsquoten von Gesellschaftern ausgeschüttet werden, reicht ein wirksamer Gesellschafterbeschluss auch für die steuerliche Anerkennung. Das eröffnet neue Möglichkeiten, die Liquidität der Gesellschaft zu schonen und weniger Kapitalertragsteuer zu zahlen.   Es gibt viele Gründe, warum Gesellschafter Gewinne nicht im Verhältnis zu ihrer Beteiligungsquote vereinnahmen möchten. Insbesondere bei der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung...

Steuerrecht 12. August 2024

Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer: Tantieme nicht ausgezahlt – aber zu versteuern?

Der Bundesfinanzhof stellt sich mit einem aktuellen Urteil erneut gegen die Finanzämter, die Tantiemen selbst besteuern, wenn sie gar nicht ausgezahlt wurden. Gesellschaft und Gesellschafter sollten sich die Folgen bestimmter vertraglicher und gelebter Umsetzung bewusst machen.     Tantiemen sind erfolgsabhängige Vergütungen, die Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich zu ihrem festen Gehalt erhalten können. Sie werden in der Regel erst nach der Erstellung des...